Es ist vollbracht. Die erste Halbserie der Saison 2017/2018 ist gespielt, wirklich viel bleibt nicht hängen. Geschichtsträchtig war eigentlich nur der Sturzflug des 1.FC Köln, der immerhin am 17. Spieltag den ersten Saisonsieg einfahren konnte. Das 1:0 gegen den VfL Wolfsburg war gleichzeitig das unattraktivste Spiel des Wochenendes. Aus Gladbacher Sicht ist der Sieg des FC vielleicht sogar ganz gut - es geht ja im neuen Jahr gleich mit dem Derby weiter und so läuft Borussia nicht Gefahr, das erste Team zu sein, das gegen Köln verliert. Derart geschmückt dürfen sich nun die Wolfsburger unter dem Weihnachtsbaum verkriechen.
Ansonsten bot der Spieltag ungeahntes Spektakel. Fast in jeder Partie war es dramatisch, gleich drei Teams verspielten in den Schlussminuten eine Zwei-Tore-Führung. Das Gladbacher 3:1 gegen den HSV zum Auftakt am Freitagabend folgte da eher einem Standard-Drehbuch, das 1:0 der Bayern in Stuttgart bis in die Nachspielzeit hinein ebenso. Doch dann bekam der VfB noch einen Elfmeter, den ausgerechnet Ex-VfB-Keeper Ulreich parierte.
Während die Bayern die Nachspielzeit mit einem blauen Auge überstanden, ging andernorts einiges den Bach runter. Werder Bremen gab nach souveräner 2:0-Führung gegen Mainz in letzter Minute noch den Sieg aus der Hand und überwintert auf dem Relegationsplatz. Parallel dazu erzwang Schalke in Frankfurt - erneut durch Naldo - in der 95. Minute den 2:2-Ausgleich, nachdem die Eintracht bereits wie der sichere Sieger ausgehen hatte.
Freiburg kassiert gleich zwei Tore in der Nachspielzeit
Richtig krass war es in Augsburg, wo sich der SC Freiburg auf dem besten Weg zum dritten Sieg in Folge sah. Die Streich-Truppe führte in der 90. Minute mit 3:1 und verschenkte in der Nachspielzeit noch zwei Punkte. Finnbogason hieß der Spielverderber aus Freiburger Sicht - der Isländer traf doppelt und rettete Augsburg das Weihnachtsfest.
Nicht ganz so verrückt verlief das Topspiel am Samstagabend zwischen Dortmund und Hoffenheim. Aber auch hier gab es eine Wendung in der Schlussphase: Hoffenheim führte lange Zeit verdient im Westfalenstadion, wo der BVB die Heimpremiere von Peter Stöger zu verpatzen drohte. Doch der Ausgleich per Elfmeter und der Lucky-Punch durch Pulisic in der 89. Minute brachten Dortmund den Sieg. Und Stöger - wirklich noch gewöhnungsbedürftig, wie schnell er die FC-Devotionalien gegen die BVB Fanshop-Kollektion getauscht hat - durfte zum zweiten Mal in diesem Halbjahr über drei Punkte jubeln.
Auch der Sonntag hatte noch richtig etwas zu bieten. Hannover und Leverkusen veranstalteten einen Tag der offenen Tür und vergaßen so ziemlich alles, was mit solider Abwehrarbeit zu tun hat. Einer der Hauptdarsteller war Ex-Borusse Julian Korb, der zunächst bei Leverkusens Führungstreffer schlief und dann mit einer Schuss-Flanke den Ausgleich vorbereitete. Nach einem Videobeweis-Elfmeter ging 96 in Führung, ehe Mehmedi für Leverkusen nach Doppelfehler von Sane und Keeper Tschauner wieder ausglich, bevor Klaus nach einem Klasse-Umschaltangriff zum 3:2 Pausenstand für Hannover stellte. Zum ersten Mal in dieser Saison fielen in einer Halbzeit fünf Tore.
Julian Korb erlebt eine echte Achterbahnfahrt
Doch damit war noch lange nicht Schluss. Leverkusen erzielte unmittelbar nach der Pause durch den eingewechselten Baily den Ausgleich - Korb sah hier erneut nicht gut aus. Auf die gleiche Art und Weise, wie Bayer sich zum 5:1 in Gladbach konterte, gelang erneut Baily das 4:3 für die Gäste. Die hatten in der Folgezeit ein halbes Dutzend glasklarer Chancen auf die endgültige Entscheidung, verballerten jedoch fahrlässig. So blieb es Julian Korb vorbehalten, mit seinem ersten Tor für Hannover den 4:4-Endstand zu markieren.
Auch in der finalen Partie der Hinrunde zwischen Leipzig und Berlin ging es hoch her. Hertha ging früh in Führung, musste aber ab der 7. Minute in Unterzahl spielen. Trotzdem gelang den Berlinern das Kunststück, das Ergebnis nach 51 Minuten auf 3:0 zu stellen. Dass ausgerechnet der in Leipzig verschmähte Selke doppelt traf, war ein weiteres Bonbon in diesem Spiel. RB kam zwar nochmal auf und erzielte in der Nachspielzeit noch das 2:3, doch dabei blieb es.
Nach diesem Feuerwerk am 17. Spieltag stellt sich die Frage, ob die Liga vielleicht doch nicht so bieder ist, wie sie sich über weite Strecken der Vorrunde dargestellt hat. Doch bevor man jetzt zu euphorisch wird: Dass so viele Tore in der Schlussphase fielen, dürfte hauptsächlich damit zu tun haben, dass zum Ende eines Jahres und einer englischen Woche viele Teams aus dem letzten Loch pfiffen. Daher ist zu bezweifeln, ob dieser Spieltag wirklich ein Versprechen für eine bessere Zukunft war. Aber gerade in diesen Wochen ist es ja erlaubt, sich etwas zu wünschen ...
von Marc Basten