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Das Jahr endet besser als befürchtet

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Ein Team, das sich gefunden hat (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Erst tiefe Krise, dann späte Konsolidierung: Die Fohlenelf durchlebte 2024 ein Jahr voller Extreme, das besser endete als gedacht.

Das Jahr 2024 wird in der glorreichen Historie von Borussia Mönchengladbach letztlich nur ein vernachlässigbares Kapitel einnehmen. Eine Zeit lang taumelte der VfL am Abgrund, irrte orientierungslos umher, ehe es unerwartet zur späten Konsolidierung kam. Wie nachhaltig dies ist, wird sich 2025 zeigen. 

Auch wenn man aktuell beruhigt und mit positivem Gefühl auf Borussia blicken kann, so ist es auch eine gewisse Erleichterung, an das Jahr 2024 einen Haken zu machen. Über weite Strecken war es alles andere als ein Vergnügen, und die Sorgen, die sich auftaten, waren mehr als real. Noch bis in den Herbst hinein war Borussia auf dem besten Weg, zu Schalke 2.0 zu mutieren. 

Borussia stand an der kritischen Schwelle

Im Oktober nach der Niederlage in Augsburg und der zweiten Länderspielpause der noch jungen Saison spitzte sich die Lage zu. »Borussia steuert bereits auf den Kipppunkt zu« titelten wir in der Analyse vor dem Spiel gegen Heidenheim. Der viel zitierte ‘Borussia-Weg’ war weiterhin eine leere Worthülse, der Kader wirkte unausgewogen, und jedes Pflänzchen Hoffnung wurde direkt wieder zertreten.

Der ohnehin nur sehr geringe Vertrauensvorschuss für Sportdirektor Roland Virkus war aufgebraucht, Trainer Gerardo Seoane wurde angezählt. Borussia Mönchengladbach stand an der kritischen Schwelle, und es gab nur wenig Zuversicht. Deshalb war es sehr überraschend, was an den folgenden neun Bundesligaspieltagen passierte. 

Plötzlich steht Borussia für gemeinschaftliche Widerstandsfähigkeit

Es gab zwar noch das ärgerliche Pokal-Aus in Frankfurt, als man eine lange Überzahl nicht nutzen konnte. Darüber hinaus begann jedoch eine unerwartet stabile Phase. Fünf Siege, drei Remis und nur eine Niederlage gab es bis zum Jahresende. Borussia hat 24 Punkte nach 15 Spieltagen, steht auf Rang 8 und ist gerade einmal drei Punkte von einem Champions-League-Platz entfernt. 

In der Heimtabelle stehen die Fohlen auf Platz 4 und mit 20 Gegentoren stellt man eine der besten Defensiven der Liga. Gerade Letzteres ist kaum zu begreifen, schließlich war die defensive Instabilität der größte Schwachpunkt der vergangenen Jahre. Einfache und billige Gegentore waren bislang an der Tagesordnung - nun steht Borussia für gemeinschaftliche Widerstandsfähigkeit. 

Ullrich schließt die ‘Baustelle Linksverteidiger’

Dass es zu dieser schlagartigen Wandlung gekommen ist, hat mehrere Gründe. Zum einen ist es die feste Grundordnung mit zwei Sechsern, die für mehr Stabilität sorgt. Zum anderen liegt es an der kollektiven Bereitschaft von allen Spielern, mit Enthusiasmus gegen den Ball zu arbeiten. Reitz und Kleindienst sind hier die leuchtenden Beispiele, aber auch Honorat und Hack sind zu nennen. 

Von dieser gemeinsamen Arbeit profitieren die Spieler der Viererkette, die nicht mehr so elendig alleingelassen werden. Und auch die erzwungenen Personalwechsel haben einen positiven Einfluss. Friedrich agierte als Elvedi-Vertreter mit so großer Selbstverständlichkeit, dass Elvedi nun hellwach und hoch konzentriert abliefern muss, wenn er seinen Stammplatz behalten will. Und der junge Ullrich hat aus dem Nichts die ‘Baustelle Linksverteidiger’ geschlossen. 

Die defensive Stabilität als Grundstein für alles

Selbst ‘Freigeist’ Alassane Plea hat mittlerweile die Lust am Verteidigen entdeckt und so ist es für die gegnerischen Mannschaften plötzlich wieder kompliziert und richtiggehend unangenehm, gegen Borussia zu spielen. Genau das war die Basis, auf der Lucien Favre die so erfolgreiche Phase in den 10er-Jahren begründet hat, und es ist auch jetzt der Grundstein für alles, was noch kommen könnte.

Es ergibt jedoch wenig Sinn, sich jetzt von dem Gerede über Europa League oder gar Champions League einnehmen zu lassen und überzogene Erwartungen zu hegen. Ein Blick auf den Spielplan sollte schnell für Klarheit sorgen: Allein der Auftakt ins neue Jahr mit der englischen Woche gegen Bayern, in Wolfsburg und in Leverkusen bietet das Potenzial, sich zügig auf dem harten Boden der Tatsachen wiederzufinden. 

Borussias Anhänger sollten diese Phase zu schätzen wissen

Doch zum Ende des Jahres 2024 gilt: Die Spiele der Borussia wieder mit Freude und ohne Existenzängste verfolgen zu können und dabei optimistisch in die Zukunft zu blicken, ist ein Geschenk, das vor wenigen Monaten niemand für möglich gehalten hätte. Borussias Anhänger sollten diese Phase zu schätzen wissen, auch wenn sie nur eine Momentaufnahme darstellt. Nach extrem zähem Beginn nimmt der Entwicklungsprozess nun etwas Fahrt auf - mehr nicht, aber auch nicht weniger.

 


von Marc Basten

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