Nachdreher aus dem Borussia-Park

Borussias nicht unerwarteter Triumph über die Bayern

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Grund für ein Freudentänzchen - Borussia schlägt die Bayern (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Siege über Bayern München sind immer besonders, auch wenn sie für Borussia Mönchengladbach in den letzten Jahren schon zu einer Gewohnheit geworden sind. Am Samstag schwebte natürlich die Frage über dem Borussia-Park, warum die Mannschaft nur in den Topspielen zu solchen Leistungen fähig scheint.

Es war ein schon gewohntes Bild im Borussia-Park. Da feierten die Gladbacher Borussen ausgelassen den Sieg über Bayern München, während die Spieler des Abonnementmeisters relativ bedröppelt vom Platz schlichen. Dazu trollten sich auf den Tribünen eine Vielzahl an Bayern-Sympathisanten kopfschüttelnd davon. Die Enttäuschung, die sowohl den Anhängern der Münchener und vor allem den Spielern und Verantwortlichen ins Gesicht geschrieben stand, ließ den Erfolg der Fohlenelf doppelt und dreifach süß schmecken.

Dennoch war die Stimmung auch auf Gladbacher Seite nicht ganz so ausgelassen, wie sie es eigentlich hätte sein können. Die wohl meist gestellte Frage an diesem Nachmittag im Borussia-Park war die, warum es die Mannschaft offensichtlich nur in solchen Highlight-Spielen wie jetzt gegen die Bayern schafft, dieses Leistungsniveau abzurufen. Dabei ist die Antwort ziemlich einfach: Weil Borussia nicht jede Woche auf eine Mannschaft trifft, die Fußball spielen will. So wie Leipzig, Dortmund oder eben die Bayern, die von ihrem Selbstverständnis her ‘ihr Ding’ durchziehen und es in Kauf nehmen, den Gladbachern möglicherweise in die Karten zu spielen.

Highspeed-Plea überraschte alle

Den Bayern würde es niemals einfallen, mit der Ausrichtung ins Spiel zu gehen, die Gladbacher zu bearbeiten, sie mit vielen kleinen und bissigen Attacken zu nerven und ihnen darüber hinaus zu ermöglichen, sich mit Ballgeschiebe in ungefährlichen Räumen selbst einzuschläfern. Um alsdann die unweigerlich folgenden Nachlässigkeiten und Fehler auszunutzen und sie mit Umschaltangriffen auszukontern. Stattdessen gestatten sie, wie vor der Winterpause auch der BVB, den Gladbachern ungestörten Ballbesitz in der Tiefe des Raumes, den diese bevorzugt zu schnellem Vertikalspiel auszunutzen wissen.

So waren nicht nur die Bayern in Person von Upamecano überrascht, wie schnell Alassane Plea durchstarten kann. Nicht nur einmal rannte der Franzose mit so viel Highspeed vertikal in Richtung Tor, dass man zur Sicherheit nochmals die Rückennummer checken musste – der Sprinter mit der 14 war wirklich Plea? Warum man das nicht öfter sieht, hat zwei Gründe. Zum einen ist Plea selten als zentraler Zielspieler unterwegs, sondern zumeist in tieferer Position. Zum anderen öffnen die ‘normalen’ Bundesligisten solche Räume erst gar nicht. Dagegen durfte im Hinspiel in München Thuram im eins-gegen-eins gegen Upamencano treffen und nun waren sich die sorglosen Bayern sicher, dass Upamecano bei langen Bällen als Absicherung gegen Plea genügen würde. Ein schmerzhafter Trugschluss für die Münchener.

Ein Tor wie aus dem Lehrbuch

Dass das Spiel nach dem zumindest diskussionswürdigen, aber keinesfalls unberechtigten Platzverweis eine merklich veränderte Statik bekam, ist unbestritten. Mehr als achtzig Minuten in Unterzahl zu spielen, stecken auch die Bayern nicht mal eben so einfach weg. Andererseits war die Situation nunmehr auch für die Borussen eine andere und insoweit muss man der Mannschaft ein Kompliment machen, wie sie diese angenommen hat. Sie hat zunächst das Momentum erkannt, dass die Bayern nach dem Platzverweis kurzzeitig den Fokus verloren hatten und nutzten das zum Führungstreffer.

Und sie reagierten hervorragend auf den Ausgleich der Gäste, indem sie ihrerseits postwendend das Kommando übernahmen. Anders als noch letzte Woche in Berlin bedeutete der Ausgleich des Gegners diesmal nicht, dass die Gladbacher die Zügel aus der Hand gaben. Stattdessen beantworteten sie auch den Druck, den die Bayern nach der Pause aufbauten, mit Gegendruck. Das 2:1 durch Hofmann war exemplarisch: energisches Stören im Mittelfeld, mit viel Willen nachsetzen und dann zielgerichtet mit schnellen Kombinationen zum Torerfolg kommen. Ein Tor wie aus dem Lehrbuch – was allerdings nichts mit Ballbesitzfußball zu tun hat.

So macht selbst nicht zielgerichteter Ballbesitz Sinn

Dass die Borussen den Ballbesitzfußball beherrschen und dass er in bestimmten Phasen auch nützlich sein kann, selbst wenn er nicht zielgerichtet ist, wurde im Zeitraum nach der neuerlichen Führung deutlich. Da spielten die Gladbacher die Überzahl aus und ließen den Ball und die Bayern teilweise minutenlang laufen, ohne dass diese auch nur in die Nähe des Balles kamen. Das hatte schon etwas von einer Vorführung für die Weltstars und wird Julian Nagelsmann vermutlich genauso angefressen haben wie der frühe Platzverweis. Aus Gladbacher Sicht war es im weiteren Verlauf genauso wichtig, dass man die nötige Widerstandsfähigkeit an den Tag legte, als sich die Bayern zu einer Schlussoffensive aufmachten.

Passend dazu war natürlich der Zeitpunkt des dritten und vorentscheidenden Tores, erneut erzwungen durch Nachsetzen und schnelles Umschaltspiel. So ersparten sich die Borussen eine heikle Schlussphase, von der sie ganz am Ende nach dem 2:3 noch eine Kostprobe erhielten. Die Sekunden zwischen dem Anschlusstreffer und dem Abpfiff führten einem vor Augen, wie dünn das Eis ist, selbst wenn auf der anderen Seite nur zehn Bayern stehen. Doch am Ende durften die Borussen über einen verdienten ‘Pflichtsieg’ gegen den Lieblingsgegner aus Bayern jubeln. Ein Sieg, der vorrangig wichtig für die Gemütslage bei und um Borussia ist. Der aber gleichzeitig auch die klare Forderung an die Mannschaft formuliert, es am Freitagabend in Mainz gegen einen völlig anderen Gegner nicht wieder abzuschenken, nur weil Mainz fies und unangenehm spielt.

 

von Marc Basten

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