Luis Enrique hüpfte nach dem Siegtreffer durch Piqué wie aufgedreht durch die Mixed-Zone. Der Trainer der Katalanen freute sich natürlich über das Tor, aber auch darüber, dass sein Plan aufgegangen war. »Wir haben lange auf die Ecke von rechts gewartet«, sagte Enrique später. »Da hatten wir eine klare Strategie«.
Der große FC Barcelona benötigte also eine Eckball-Finte, um das Spiel bei Borussia Mönchengladbach zu gewinnen. Und die ungeplante Unterstützung von Yann Sommer, der den Suarez-Schuss im Anschluss an die flach in den Rückraum gespielte Ecke von Neymar nach vorne prallen ließ und Piqué den Abstauber ermöglichte. »Es ist verdammt ärgerlich, dass du gegen Barcelona aus einer Ecke heraus den Siegtreffer kassierst«, sagte Max Eberl anschließend.
Die Borussen hatten es zuvor gegen die Stars aus Barcelona mehr als nur ordentlich gemacht. »Zu Beginn hatten wir etwas Glück, da hatte Barca zwei große Torchancen«, sagte Eberl. »Ab der 25. Minute haben wir bis zur Pause ein herausragendes Spiel gemacht. Wir haben nichts mehr zugelassen, erspielen uns zwei Superchancen und machen daraus ein Tor«.
In dieser Phase ließen die Borussen aber auch noch viele weitere gute Ansätze ungenutzt, was sich später rächen sollte. »Wir hatten bestimmt noch drei, vier Situationen, die wir noch besser ausspielen konnten«, sagte André Schubert. »Da wäre eigentlich noch ein zweites oder drittes Tor drin gewesen«.
Auch einen Handelfmeter hätte den Borussen durchaus zugesprochen werden können. Nach wenigen Minuten spielte der spätere Siegtorschütze Piqué den Ball mit der Hand. »Der Arm gehört da nicht hin«, meinte Schubert.
»Borussia hat in der ersten Halbzeit richtig gut gekontert«, musste Marc-André ter Stegen anerkennen. Der Ex-Borusse war beim Tor von Hazard machtlos, gab sich ansonsten keine Blöße. »Wir hatten heute echt Probleme, mein altes Team war wirklich stark«.
Vor allem Raffael agierte wie aufgedreht. »Man hat gesehen, was für ein herausragender Fußballer er ist«, sagte Schubert. »Er hat groß aufgezogen«. Umso ärgerlich, dass Borussias Bester unmittelbar nach Wiederbeginn mit muskulären Problemen ausgewechselt werden musste. »Das konnten wir leider auf dem Niveau nicht mehr ersetzen«, erklärte Schubert.
Einerseits fehlte ohne Raffael die Entlastung, andererseits drängte Barca nun noch stärker nach vorne. Doch die Borussen zogen Neymar & Co. immer wieder den Zahn. »Kurioserweise haben wir in der ersten Halbzeit mehr zugelassen, es nach der Pause defensiv noch besser gemacht und trotzdem bekommen wir die zwei Gegentore«, sagte Schubert. »Das ist schon irgendwie paradox«, ergänzte Eberl.
»Sie machen aus der ersten Chance das 1:1 und aus einer Ecke das 2:1. Die Beschreibung sagt eigentlich alles aus«, so Eberl. »Wir haben gegen den FC Barcelona sehr gut gespielt, trotzdem verloren und müssen uns ärgern. Gleichzeitig ist es das größte Kompliment, was man machen kann«.
»Wir haben in der Champions League zuhause nur brillante Spiele gemacht«, so Eberl weiter. »Wir zahlen halt noch Lehrgeld, aber sind eine Mannschaft, die den anderen mit unglaublich viel Moral und Qualität wirklich verdammt gefährlich werden kann. Noch belohnen wir uns zu wenig mit Punkten für die Leistung, die wir zu Hause gebracht haben«.
»Barcelona musste sehr viel investieren, wir haben ihnen alles abverlangt«, meinte André Schubert. »Wir sind enttäuscht über das Ergebnis, aber erfreut über die Leistung«.
Und so verließen an diesem denkwürdigen Abend alle den Borussia-Park in zweigeteilter Gefühlslage. Nur Luis Enrique grinste breit. Einer simplen Eckball-Finte sei Dank.