Was ist der Kantersieg über Werder Bremen wert, wo steht Borussia Mönchengladbach Mitte Februar 2016 leistungsmäßig wirklich? Eine Antwort auf diese Fragen könnte am Sonntag im Hamburger Volksparkstadion gegeben werden. Borussias Trainer André Schubert ist sich jedenfalls sicher, dass sein Team wieder in Lage ist, einhundert Prozent zu geben.
»Wir hatten eine Hinrunde mit Negativserien, Trainerwechsel und Champions League. Das musst du alles erstmal verarbeiten. Ab September waren es extrem intensive Wochen und die Pause war insgesamt einfach zu kurz. Die Jungs sind total konzentriert, aber du hast auch gemerkt, dass es noch nicht wirklich greifen konnte. Gegen Mainz haben wir es schon auf einem sehr guten Niveau gemacht, aber nicht mit den allerletzten fünf Prozent, diesem Feuer. Das war dann in der Woche vor dem Bremen-Spiel plötzlich da«.
Diese »Freude und Lockerheit« sollen am Sonntag in Hamburg wieder an den Tag gelegt werden. Denn ohne die angesprochen fünf Prozent wird man kaum etwas holen können. »Egal wie du taktisch ausgerichtet bist, du musst in deiner Spielweise am Limit agieren«, sagte Schubert.
Für diesen Stil steht Granit Xhaka, dessen Sperre abgelaufen ist. »Granit wird spielen«, erklärte Schubert ohne Umschweife. »Ich freue mich, dass er wieder zurück ist. Und ich hoffe, dass er nächste Woche nicht wieder weg ist«. Bei einer Gelben Karte in Hamburg wäre Xhaka im Derby gegen Köln erneut gesperrt.
Nicht nur deshalb steht Xhaka unter besonderer Beobachtung. »Ich habe ihm nochmal übers Köpfchen gestreichelt“, sagte Schubert. »Nein, Spaß beiseite, Granit ist ein aggressiver Spieler, es ist auch insgesamt wichtig für unser Spiel, dass wir uns aggressiv im Zweikampfverhalten zeigen. Aggressiv heißt nicht unkontrolliert und wild attackieren, sondern dass wir das Ding unter Kontrolle haben. Seine Rote Karte hatte nicht zwingend mit einem aggressiven Fußballspiel zu tun, es war einfach ein falscher Reflex, den er so nicht machen darf«.
Mit der Rückkehr von Granit Xhaka wird das Gedränge in der Mittelfeldzentrale größer. Schubert lobte Xhakas Leistung in der Vorrunde an der Seite von Mo Dahoud. Vieles deutet darauf hin, dass dieses Duo auch am Sonntag spielen wird. Bleibt die Frage, ob und wo Havard Nordtveit aufläuft. »Für Havard, in der Verfassung, in der er in der letzten Woche gespielt hat, wird in unserer Mannschaft immer ein Platz sein«, stellte Schubert klar. Freilich ohne zu sagen, wo genau dieser Platz ist.
Entweder stellt Schubert den Norweger auf dessen ohnehin bevorzugte Position des Innenverteidigers - und nimmt Hinteregger dafür raus –, oder er lässt ihn rechts hinten spielen, obwohl Julian Korb die ganze Woche beschwerdefrei trainieren konnte. Nico Elvedi, der Korb gegen Werder mehr als ordentlich vertrat, wird aufgrund der Folgen eines grippalen Infekts keine Alternative sein. Das gilt auch für Martin Stranzl in der Innenverteidigung, der im Training einen Schlag auf die Wade bekommen hatte. »Wir entscheiden das am Samstag«, sagte Schubert. »Von der Tendenz wird es bei beiden eher nichts werden«.
Die »Qual der Wahl« hat Schubert auch auf den Außenbahnen, wo sich Thorgan Hazard zuletzt aufgedrängt hat. »Er hat es sehr gut gemacht und hat durchaus sehr gute Chancen, wieder von Beginn an zu spielen«, lobte Schubert den Belgier. Aber auch Ibo Traoré (»Ibo ist schwer im Kommen«) und Jonas Hofmann liebäugeln mit einem Startelfplatz. »Es ist ein guter Konkurrenzkampf«, sagte Schubert.
In den auf absehbare Zeit auch Patrick Herrmann wieder eingreifen wird. Der Nationalspieler feierte am Freitag seinen 25. Geburtstag, einen Tag vorher war er wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen. »Man merkt ihm an, dass er sich freut und dass es für ihn persönlich sehr wichtig ist, auf dem Platz wieder ein Teil der Mannschaft zu sein«, sagte Schubert. Doch er nahm übereilten Comeback-Hoffnungen gleich den Wind aus den Segeln. »Patrick ist teilintegriert ins Training. Wie lange es dauert, bis er wieder ein Thema wird, kann ich nicht sagen«.
Kein Thema mehr in Gladbach sollte eigentlich Josip Drmic sein. Doch momentan wird so viel über den Schweizer gesprochen, wie in den ganzen Monaten vor seiner Ausleihe nicht. Die Konstellation, dass der Leihspieler Drmic ausgerechnet gegen seinen „echten“ Arbeitgeber Borussia treffen könnte, ist verständlicherweise mehr als nur pikant. In England schließt man ein derart delikates Aufeinandertreffen eines Leihspielers mit seinem Heimatklub durch eine entsprechende Vereinbarung aus. In Deutschland ist das zwar nicht üblich, wäre aber möglich gewesen.
»Er wird sicher alles geben, er ist Profi«, sagte André Schubert. »Aber der HSV besteht aus ein paar mehr Spielern als Josip. Wir müssen gut genug sein und dementsprechend das Spiel gewinnen«. Klappt das nicht – und trifft Drmic sogar – wird das Thema wohl nicht so einfach zu den Akten gelegt werden können.