Oscar Wendt mutmaßte nach den 95 Minuten gegen den Hamburger SV, dass die Borussen wohl noch endlos hätten weiterspielen können, ohne das erlösende Tor zu machen. Mit diesem Gefühl war der Schwede nicht alleine an diesem Nachmittag im Borussia-Park. »Klarere Torchancen als zwei Elfmeter kannst du nicht bekommen«, sagte Max Eberl. »Wir haben zwei nicht genutzt. Sicher, in der einen oder anderen Phase haben wir etwas langsam gespielt, aber in Summe hatten wir fünf, sechs hochkarätige Chancen«.
Die Borussen waren von Beginn an tonangebend im eigenen Stadion. Der HSV beschränkte sich auf die Unterbindung des Gladbacher Kombinationsspiels. »Ich hatte schon erwartet, dass der HSV ein bisschen mitspielen würde«, meinte André Schubert. »Aber das fand fast gar nicht statt und wurde durch die Rote Karte noch extrem verstärkt«.
Die Gäste zogen sich in Unterzahl komplett zurück und liefen die Räume mit großem Aufwand zu. Die wenigen Umschaltversuche der Hamburger unterbanden die Borussen sehr aufmerksam, so dass die Rothosen letztlich zu keiner nennenswerten Abschlussgelegenheit kamen.
»Wir selbst konnten uns in der ersten Halbzeit allerdings auch keine klaren Chancen erspielen«, räumte Schubert ein. Es war halt kompliziert, weil der Gegner extrem tief stand. »Dann merkt man schon, dass uns Spieler wie Raffael oder Hazard abgehen, die auf sehr engem Raum Lösungen finden«. So sah vieles etwas hölzern aus. »Wir haben es ein bisschen zu kompliziert gemacht und ab und zu die Geduld verloren«, resümierte Schubert.
Die Marschrichtung blieb allerdings gleich. »Du musst den Ball laufen lassen und damit auch den Gegner«, so Schubert. »Es war klar, dass irgendwann die Lücken größer werden, je länger das Spiel dauert«. Da nach André Hahn im ersten Durchgang auch Lars Stindl den (geschenkten) Elfmeter nicht verwandeln konnte, mussten die Borussen auf den späten ›Lucky Punch‹ gegen immer müder werdende Hamburger hoffen.
»Chancen dazu waren reichlich vorhanden«, sagte Schubert. Wendt (Pfosten), Stindl gleich mehrfach, Johnson und Elvedi vergaben Riesendinger. »Wenn du nachher 3:0 gewinnst, klopfen dir alle für das gleiche Spiel auf die Schulter«, meinte Schubert. »Es war ein absolut kurioses Spiel, was man vielleicht einmal in 10 Jahren erlebt«.
Dennoch war die Unzufriedenheit im Stadion nicht zu überhören. Schon in der ersten Halbzeit gab es Pfiffe im weiten Rund, die von der Nordkurve jedoch schnell durch Anfeuerungen übertönt wurden. André Schubert quittierte das während der Partie mit Applaus in Richtung Kurve. »Die Reaktion der Nordkurve war phantastisch. Es ist ein bisschen schade, wenn Pfiffe kommen. Das ist gerade für die jungen Spieler wenig hilfreich«.
Etwas Verständnis brachte Schubert für die Unzufriedenheit einiger dennoch auf. »Es ist ein wenig der Fluch der guten Tat. Wir haben hier oft ein fußballerisches Feuerwerk abgeliefert. Daran kann man sich schnell gewöhnen und erwartet es dann jede Woche«.
Ein Feuerwerk war das Spiel gegen den HSV nun wahrlich nicht, was aber nicht zuletzt dem Gegner und dem Spielverlauf geschuldet war. »Das Resümee ist relativ einfach«, sagte Max Eberl. »Wir haben schon Spiele gewonnen, bei denen wir deutlich weniger Möglichkeiten hatten. Heute haben wir die klarsten Chancen nicht genutzt und letztlich zwei Punkte liegen gelassen, die uns absolut zugestanden hätten. Aber der eine Punkt ist besser als keiner«.
Nach zuletzt drei Pflichtspielen ohne Sieg und dem wenig zufriedenstellenden Ausgang des HSV-Spiels wollen die Borussen sich nicht unnötig runterziehen lassen. Schließlich warten jetzt zwei schwere Auswärtsspiele in Glasgow und München. Da sind Selbstzweifel das Letzte, was die Gladbacher gebrauchen können. Eine bessere Chancenverwertung und etwas Coolness vom Elfmeterpunkt wären gleichwohl hilfreich.