Es war klar, dass die Konkurrenten von Borussia Mönchengladbach nach dem Punktgewinn der Fohlenelf in der Allianz-Arena aufstöhnten. Schalkes ›Lame-Duck‹ Sportvorstand Horst Heldt wollte zwar angesichts der Aufstellung der Münchener nicht von »Wettbewerbsverzerrung« sprechen, zeigte sich dennoch »genervt« angesichts der vermeintlichen B-Elf des Rekordmeisters.
Beim Blick auf die Ersatzbank der Bayern musste man Heldt zustimmen, fanden sich dort doch solche illustre Namen wie Lahm, Vidal, Alaba, Costa, Thiago und Lewandowski wieder. Allerdings war die Sturmreihe mit Müller, Götze und Coman immer noch hochkarätig besetzt und außer Rode gehörten die übrigen Bayern-Akteure in den letzten Wochen und Monaten zum Stammpersonal. Guardiola rotierte zwar, aber nicht mal im Ansatz mit so extremen Auswirkungen wie vor einem Jahr, als er in Leverkusen Weiser (jetzt Berlin), Strieder (jetzt Utrecht) und Gaudino (jetzt St. Gallen) in die Startelf beorderte und Görtler (jetzt Kaiserslautern) einwechselte, um die 0:2-Niederlage abzuwenden.
»Bayern hatte vier amtierende Weltmeister auf dem Platz und weitere Weltklassespieler«, sagte André Hahn anschließend. »Das war eine Weltklassemannschaft«. Die zudem noch früh in Führung ging und damit eigentlich alle Trümpfe in der Hand hatte. »Nach einem Standard in Rückstand zu geraten war natürlich ärgerlich«, sagte Yann Sommer, der beim Gegentor (zu) spät reagierte.
»Wir haben nicht angefangen zu bolzen«
»Danach haben wir es von hinten heraus gut gemacht«, lobte der Goalie. Tatsächlich baute Borussia geordnet und selbstsicher auf. »Wir haben nicht angefangen zu bolzen, sondern haben Fußball gespielt«, erklärte Granit Xhaka. Es kam der Schubert-Elf dabei zugute, dass die Bayern auf ein Forechecking verzichteten und die Borussen - anders als z.B. Ingolstadt - in der ersten Aufbauzone allen Raum ließen.
Dafür wurde es dann hinter der Mittellinie extrem eng und es gab kaum ein Durchkommen. Zumal die Borussen es an der nötigen Zielstrebigkeit vermissen ließen. Sie wollten gute Ansätze noch mit zahlreichen ›Schleifchen‹ versehen, anstatt gradlinig zum Abschluss zu kommen. »Es ist uns leider in der ersten Halbzeit wenig geglückt, hinter die Kette zu kommen«, bestätigte André Hahn.
Die eigenen Ballverluste fing die Schubert-Elf zumeist aufmerksam wieder auf. Sie bearbeiteten die Bayern mannorientiert und konzentriert. »Wir haben Mann gegen Mann gespielt«, unterstrich Hahn. Das Münchener Umschaltspiel konnte weitestgehend entschärft werden, der Rekordmeister kam zu keinen nennenswerten Torgelegenheiten.
Stindl wird zum zentralen Fixpunkt
Nach dem Seitenwechsel änderte sich an der Spielanlage nicht viel. Allerdings agierten die Borussen nach vorne nun zielstrebiger, was auch mit der Einwechslung von Lars Stindl nach knapp einer Stunde zu tun hatte. Der 27-Jährige war als zentraler Fixpunkt an allen gefährlichen Angriffen beteiligt. Sein tolles Zuspiel ermöglichte André Hahn schließlich den verdienten Ausgleichstreffer. »Es war ein überragender Pass von Lars«, lobte Hahn. »Es fühlt sich sehr gut an, hier in München gegen Manuel Neuer, den Weltmeister, zu treffen«.
»Aber am Ende zählt nur der Erfolg der Mannschaft«, betonte Hahn. »Wir haben uns zerrissen und wurden für unser Risiko belohnt«. »Hätten wir unsere Gelegenheiten ein klein wenig konsequenter ausgespielt, hätten wir vielleicht sogar mehr mitnehmen können«, sinnierte Granit Xhaka. »Am Ende ist der Punkt hochverdient«.
Alles für den vierten Platz raushauen
So sahen es auch Sportdirektor Max Eberl (»Eine sehr couragierte Vorstellung«) und Trainer André Schubert (»Ein ausgeglichenes Spiel, wir haben es sehr gut gemacht«). »Der Punkt kann am Ende der Saison viel Wert sein«, sagte Eberl. Durch die Ergebnisse der Konkurrenz rückte Borussia auf Rang 4 vor. »Wir sind jetzt auf jeden Fall im Europapokal dabei, schlimmstenfalls auf Platz 7, bestenfalls auf Platz 4«, so Eberl. »Das hätte uns nach dem fünften Spieltag keiner zugetraut«.
Klar ist, dass die Borussen den vierten Tabellenplatz nun nicht mehr hergeben wollen. »Wir haben als Team eine sehr gute Mentalität, jeder Einzelne für sich. Das haben wir heute wieder gezeigt«, betonte André Hahn. »Mit dieser Einstellung können wir Vierter bleiben. Dafür werden wir uns in den letzten beiden Spielen zerreißen und alles raushauen«.