»Ich bin kein Freund von Aktionismus«, sagte Dieter Hecking im Vorlauf der Partie gegen Mainz 05. Tatsächlich geht der Trainer auch in Krisensituationen mit Ruhe und Besonnenheit vor. So blieb er auch nach nur einem Punkt aus den letzten vier Spielen und 2:12 Toren dem 4-3-3 System treu. Dennoch gab es Veränderungen - nicht nur personeller Natur.
Jantschke rutschte aufgrund der Verletzung von Ginter ins Team, Johnson, Strobl und Zakaria ersetzten Lang, Kramer und Neuhaus. »Alle vier Wechsel haben uns gutgetan«, befand Sportdirektor Max Eberl anschließend. Darüber hinaus wurde die Ausrichtung angepasst. Die Borussen standen deutlich tiefer, verschoben gemeinschaftlich und ließen sich im Gegensatz zu den letzten drei Heimspielen nicht locken, so dass auch nach Ballverlusten in der Vorwärtsbewegung stets eine ausreichende Restverteidigung vorhanden war.
»Wir haben zurückgefunden zu dem, was uns stark gemacht hat, nämlich gemeinschaftlich anzugreifen und zu verteidigen«
Neben Strobl, der von Haus aus die Sechserrolle ein stückweit defensiver interpretiert als Kramer, war vor allem die Staffelung der beiden Achter Zakaria und Hofmann auffällig. Hofmann, in der Vorrunde als erster ›Anläufer‹ des gegnerischen Aufbauspiels in Erscheinung getreten, rückte diesmal bei gegnerischem Ballbesitz kaum aus dem Verbund heraus, sondern hielt die Position. Zakaria verhielt sich ähnlich und da sich auch Hazard und Plea weit zurückzogen, war die zuletzt vermisste Kompaktheit vorhanden. »Aus den vergangenen Spielen haben wir die Lehre gezogen, dass wir nicht immer gleich auf den Gegner draufgehen müssen, sondern ihn auch erst einmal kommen lassen können«, erklärte Lars Stindl.
»Wir haben zurückgefunden zu dem, was uns stark gemacht hat, nämlich gemeinschaftlich anzugreifen und zu verteidigen«, sagte Eberl. Schon der erste Angriff der Fohlenelf zeigte, welches fußballerisches Potential in der Mannschaft steckt. Doch wieder einmal machte sich die fehlende Konsequenz im Abschluss bemerkbar. »Ein Tor hätte vieles beruhigt«, sagte Hecking. Doch Stindl und Zakaria ließen die Dreifachchance liegen und nach und nach fanden die Gastgeber besser ins Spiel. »Wir haben nach zwanzig Minuten etwas den Faden verloren und zu viele Abschlüsse zugelassen«, monierte Hecking.
»Man hat gemerkt, dass uns momentan etwas die Leichtigkeit fehlt«
In dieser Phase zeigte sich auch, dass es in der Defensive alleine mit einer tieferen Staffelung nicht getan ist. Obwohl die Borussen räumlich näher an den Gegenspielern waren als zuletzt, fehlte der richtige Zugriff. Wären die Mainzer Schüsse nicht teilweise richtiggehend kläglich gewesen, hätte es anders ausgehen können. Zumindest gelang es den Borussen, die individuellen Fehler zu reduzieren - auch wenn es einige Nachlässigkeiten gab. Die Spieler haben, das zeigte sich auch in Mainz, an der Situation zu knabbern. »Man hat gemerkt, dass uns momentan etwas die Leichtigkeit fehlt«, bestätigte Hecking.
Nach der Pause agierten die Borussen insgesamt etwas konsequenter und die Mainzer kamen kaum noch in Abschlusssituationen. »Dann muss man selbst das Tor machen und das ist uns gelungen«, so Hecking. Ein kurz ausgeführter Eckball von Hofmann auf Hazard, dessen Flanke aus dem Halbfeld in den Strafraum, wo Strobl auf Elvedi weiterleitete und der per flacher Direktabnahme traf. »Beim Tor hatten wir sicherlich ein bisschen Glück«, gab Assistgeber Tobias Strobl zu. »Aber das gehört im Fußball halt auch dazu und wir brauchten diesen Dosenöffner nach einer Standardsituation.«
»Wir nehmen diesen dreckigen Sieg gerne mit«
Danach wirkten die Borussen gefestigter und standen defensiv gut. Allerdings nutzte man die Räume, die sich nun zwangsläufig durch die aufrückenden Mainzer ergaben, nicht im Stile einer Spitzenmannschaft aus. So lebten die Gladbacher mit der permanenten Gefahr, sich doch noch den Ausgleich zu fangen. »Es war bis zum Ende ein Tanz auf der Rasierklinge«, sagte Hecking. Zum Glück bewahrten seine Mannen die Balance und brachten den wichtigen Sieg über die Zeit.
»Wir nehmen diesen dreckigen Sieg gerne mit, wissen aber, dass wir uns fußballerisch noch steigern können«, sagte Strobl und Stindl ergänzte: »Es war ein knappes Spiel, das wir aber nicht unverdient gewonnen haben. Letztendlich war es ein dreckiger Arbeitssieg – aber das sind die schönsten Siege«. »Wir haben eine sehr gute Reaktion gezeigt und mit diesem Sieg Vertrauen zurückgewonnen«, sagte ein sichtlich erleichterter Max Eberl. »Jetzt haben wir 46 Punkte - und die haben wir uns verdient«.
von Marc Basten