Der Auswärtssieg in Mainz war für die Gladbacher Borussen doppelt wichtig. Zum einen konnte das Pokalausscheiden etwas einfacher verdaut werden, weil dem Drama nicht gleich ein nächster Rückschlag folgte. Zum anderen eröffnen sich vor den letzten drei Spieltagen mehr als nur theoretische Möglichkeiten, noch auf den Zug nach Europa aufzuspringen.
»Wir haben Chance, eine jetzt schon gute Saison top zu beenden«, sagte Sportdirektor Max Eberl am Donnerstag. Die Achterbahn-Spielzeit mit Champions League, Trainerwechsel und den zwei Pokaldramen, letztere bezeichnete Eberl als »Schlag in die Fresse«, könnte noch versöhnlich enden. »Mit den 25 Punkten in der Rückrunde haben wir eine sehr gute Ausgangsposition erreicht. Es wäre schade, wenn man nicht alles geben würde«.
Der Sportdirektor nahm dabei nicht nur die Mannschaft, sondern ausdrücklich auch die Fans in die Verantwortung. Der angekündigte ‚Support-Boykott‘ der Ultragruppierung beschäftigt auch den Verein. Eberl sagte, es gebe Gespräche und man wolle den Austausch mit den Ultras aufrechterhalten. Ziehen die Ultras ihr Ding durch, sind die übrigen Fans – die den Großteil der Kurve ausmachen – verstärkt gefordert.
Letztlich geht es nur um ein Ziel – und das ist ein Heimsieg. »Die Mannschaft braucht die Fans«, sagte Dieter Hecking. »Ich hoffe, wir werden einen gemeinsamen Weg finden«. Für den Coach sind die Befindlichkeiten unter den Anhängern jedoch nur zweitranging – er muss sein Team auf den Gegner einstellen. Augsburg steckt mitten im Existenzkampf und setzte am letzten Wochenende mit dem deutlichen Heimsieg über den direkten Konkurrenten aus Hamburg ein Ausrufezeichen.
»Es geht für Augsburg um sehr viel«, weiß Hecking. Die bayerischen Schwaben sind unangenehm zu bespielen und alles andere als Borussias Lieblingsgegner. In elf Bundesligaspielen siegten die Fohlen nur zweimal, in fünf Partien verließen sie als Verlierer den Platz. Noch frisch in Erinnerung ist das Hinspiel, als ausgerechnet Martin Hinteregger den 1:0-Sieg der Augsburger perfekt machte und gleichzeitig das Aus von André Schubert bei Borussia einläutete.
Doch Hecking lässt sich weder von der Bilanz, noch vom 4:0-Erfolg der Augsburger über den HSV schrecken. »Es gibt auch Gründe, warum sie im Abstiegskampf stehen«, erklärte er. »Die gilt es am Samstag aufzudecken«. Dazu verlangt der Trainer eine besonnene Herangehensweise. »Wir werden Geduld brauchen und man sollte nicht erwarten, dass wir die Augsburger überrennen. Es geht darum, wie in Mainz, eine gute Basis zwischen Defensive und Offensive zu finden. Wir brauchen das Ergebnis – keinen Hurra-Stil.«
Mit einem Sieg könnten angesichts des Restprogramms und der Konkurrenz, die sich teilweise selbst die Punkte wegnimmt, die Weichen in Richtung Europa League gestellt werden. Doch sämtliche Rechenbeispiele, wer wie spielen muss, weist Hecking von sich. »Das bringt gar nichts. Erstmal sollten wir die drei Punkte holen. Wenn uns das nicht gelingt, brauchen wir nicht weiter zu rechnen.«
Bei diesem Unterfangen kann der Trainer möglicherweise auf zwei Rückkehrer setzen, die zumindest theoretisch im Kader stehen könnten. Fabian Johnson trainiert seit zwei Tagen wieder mit der Mannschaft und auch Christoph Kramer meldet sich zurück. »Chris ist heute eingestiegen«, vermeldete Hecking. »Wir werden in beiden Fällen diskutieren, ob wir sie dazu nehmen. Es ist komplett offen«, sagte der Coach. Am Freitagnachmittag wird das endgültige Aufgebot nominiert.
Trotz der beiden Rückkehrer ist die Verletztenliste nach wie vor ellenlang. Die Misere und die Folgen werden die Borussen noch beschäftigen, nach der Saison wird eine eingehende Analyse erfolgen. »Es ist nicht zufriedenstellend, wie es gerade läuft«, sagte Max Eberl. Doch zunächst einmal richtet sich der Fokus auf das Spiel gegen Augsburg. 52.000 Tickets sind verkauft, Restkarten gibt es nur noch für den Bereich der Gästefans. Borussia braucht den Heimsieg, um die realistischen Chancen auf Europa zu wahren.