Als sich Fabian Johnson nach dem ersten Bundesligaspieltag bei Borussia Dortmund verletzt abmeldete, nahm ein Großteil der Beobachter des Gladbacher Fußballgeschehens diese Nachricht mit einem Schulterzucken hin. Zu sehr hatte die 0:4-Pleite in Dortmund am Gladbacher Selbstverständnis genagt. Deshalb wurde auch öffentlich nicht thematisiert, dass sich Johnson den Muskelfaserriss in der Wade beim Training am Tag nach dem Dortmundspiel zuzog. Als Lucien Favre anstatt des üblichen Auslaufens ein Elf-gegen-Elf angesetzt hatte.
Johnson war jedenfalls die nächsten Wochen ›weg vom Fenster‹ und musste den rekordverdächtigen Absturz seiner Mannschaft von der Tribüne aus mitverfolgen. Bei der Ursachenfindung wurden die Abgänge von Kruse und Kramer und die Verletzungen von Stranzl und Dominguez behandelt, der Name Fabian Johnson fiel meist nur am Rande.
Dabei war der US-Nationalspieler in der so erfolgreichen Rückrunde der vergangenen Spielzeit ein zentraler Baustein auf der linken Seite und fester Bestandteil der Stammelf. Wie wichtig Johnson für das Team ist, zeigte er nach seiner Rückkehr, die zeitgleich mit der Amtsübernahme von André Schubert erfolgte.
Der Interims-Coach ging bewusst das Risiko ein, den aus der Verletzung kommenden Johnson gegen Augsburg in die Startelf zu stellen. »Wir wollten Stabilität auf den Platz bringen und dabei auf Bewährtes zurückgreifen«, erklärte Schubert. »Fabian Johnson hat in der letzten Saison zusammen mit Oscar Wendt sehr gut auf der linken Seite harmoniert«.
Und Johnson brachte nicht nur die erhoffte Stabilität auf den Platz, er fungierte gegen Augsburg auch als Knotenlöser. Borussia wartete mit einem furiosen und überraschenden Pressing auf und Johnson war es vorbehalten, bereits nach fünf Minuten den Führungstreffer zu markieren. Er nagelte den Ball in die Maschen und dabei entlud sich sinnbildlich der ganze Frust, der sich in den vorangegangenen Wochen bei Borussia angestaut hatte.
Eine Stunde hielt Johnson bei seinem Comeback durch und stand fortan nur einmal nicht in der Startelf. Das war beim Pokalspiel auf Schalke, als Schubert seinem ›Vielbelasteten‹ eine Verschnaufpause gönnen wollte. Doch Borussia spielte nahezu unterirdisch, so dass der Trainer sich in der Halbzeit veranlasst sah, Fabian Johnson doch zu bringen. Mit ihm war die linke Seite sofort dicht, er presste, was das Zeug hielt, ackerte und rackerte. Am Ende fuhr Borussia einen verdienten Sieg in der Schalker Arena ein, der ›heimliche‹ Matchwinner hieß Fabian Johnson.
Jüngst im Champions-League-Spiel gegen Juventus Turin beförderte sich Johnson richtig ins Rampenlicht, als er für den zwischenzeitlichen Führungstreffer der Fohlenelf sorgte. Doch zumeist bleibt der gebürtige Münchener unter dem Radar der großen öffentlichen Wahrnehmung, was seinen Wert fürs Team keineswegs schmälert - im Gegenteil.
Gerade weil Johnson so ein Teamplayer ist, stieß während der letzten Länderspielpause die Kritik von US-Coach Jürgen Klinsmann auf breites Unverständnis. Klinsmann hatte Johnsons Einstellung gegenüber der Mannschaft kritisiert und ihn frühzeitig nach Hause geschickt. Hintergrund war, dass der gerade von besagtem Muskelfaserriss genesene Johnson nicht erneut in eine Verletzung rennen wollte und um seine Auswechslung - weit in der Verlängerung - bat. Für Klinsmann ein Akt des Verrates.
Doch mittlerweile hat sich ›Klinsi‹ beruhigt und Johnson für die WM-Qualifikationsspiele berufen. Aus Gladbacher Sicht hätte er es ruhig sein lassen können, schließlich stieß Johnson zuletzt an die Belastungsgrenze und vielleicht schon darüber hinaus. Und wirklich pfleglich geht Klinsmann bekanntlich mit seinen Schützlingen nicht um. So bleibt nur die Hoffnung, dass Johnson die Tour nach Übersee unbeschadet übersteht. Denn Borussia braucht Fabian Johnson in den finalen Wochen des Jahres. Er ist wertvoller denn je.