So richtig schlau wurde niemand aus dem, was Borussia Mönchengladbach an diesem Freitagabend beim designierten Absteiger aus Hannover auf den Rasen ›zauberte‹. Es begann schon damit, dass offensichtlich bei Ballbesitz eine Dreierkette angedacht war, die jedoch von Beginn an durch das Flügelspiel der 96er zu einer Viererkette wurde.
Doch die Taktik war anschließend kein Thema. Auch nicht der Umstand, dass sich André Schubert mit der Nominierung von Andreas Christensen in der Xhaka-Rolle und dem mit erheblichen Umstellungen verbundenen Doppelwechsel unmittelbar nach dem ersten Gegentor möglicherweise ›vercoacht‹ hatte.
Vielmehr wurden die Begrifflichkeiten bemüht, die es immer dann zu hören gibt, wenn der Favorit beim Underdog eins auf die Nase bekommt. André Schubert monierte die fehlende »Aggressivität und Bissigkeit«. »Die Basics sind aggressives Spiel und Leidenschaft - das müssen wir schon umsetzen können«.
»Der Spieler am Ball war die ärmste Sau«
Also hat Borussia ein Mentalitätsproblem? Schubert ruderte zurück. »Die Jungs wollen, keine Frage. Aber in der einen oder anderen Situation müssen wir uns teurer verkaufen«. Sportdirektor Max Eberl zeigte sich besonders von den etablierten Profis enttäuscht. »Wir haben vieles vermissen lassen, was man braucht, um erfolgreich Fußball zu spielen. Vor allem diejenigen, die mehr Erfahrung haben. Von den arrivierten Spielern erwarte ich mehr«.
Schubert kritisierte das mangelhafte Positionsspiel und die fehlende Ballzirkulation. Ebenso die Ballverluste im Zentrum. »Das haben wir zu spät kontrolliert«. Eine schlüssige Erklärung, wieso die Spieler nicht imstande waren, die Vorgaben umzusetzen, gab es nicht.
Martin Stranzl, der überraschend sein Comeback in der Startelf gab, zeigte sich ernüchtert. »Wenn man schon Probleme in der Ballannahme und der Weiterleitung hat ...«, grummelte der Routinier. »Der Spieler am Ball war die ärmste Sau, weil so wenige Anspielstationen da waren«.
Ein klarer Abwärtstrend in der Rückrunde
Yann Sommer (»Das erste Gegentor geht klar auf meine Kappe«) wunderte sich zum wiederholten Male über die Probleme seiner Vorderleute. »Wir haben Schwierigkeiten gegen Mannschaften, die mit Aggressivität und Leidenschaft agieren. Von uns kam heute gar nichts - so gewinnst du keine Spiele«.
Interessant in diesem Zusammenhang, dass die Borussen in Hannover, wie schon vergangene Woche in Ingolstadt, deutlich weniger Kilometer zurücklegten als noch zu Zeiten der Dreifachbelastung. Übertrainiert sind die Gladbacher nicht - im Gegenteil. »Wir haben sehr dosiert trainiert«, bestätigte Stranzl. Auch in der vergangenen Woche wurde eine geplante Einheit auf dem Platz gestrichen.
Es sind viele Puzzleteile, die sich vier Spieltage vor Saisonende zu einem wenig erbaulichen Bild zusammenfügen. Die Bilanz der Rückrunde lässt einen klaren Abwärtstrend erkennen und mittlerweile hat sich auch das Verhältnis von Leistung zu Ertrag eingependelt. Max Eberl: »Bis vor dem Spiel in Ingolstadt war es so, dass ich gesagt habe: Spielen wir auswärts weiter so, wirst du irgendwann den Spieß umdrehen und die Punkte holen. Jetzt hat sich aber die Leistung gedreht«.
Eberl warnt davor, »alles zu verspielen«
Borussia lässt in der Fremde die Punkte nicht mehr unverdient und unglücklich liegen, sondern verliert zurecht. »In Ingolstadt haben wir gegen eine körperlich robustere Mannschaft gespielt, in Hannover ebenso«, fasste Eberl zusammen. »Hannover hat viel investiert, gut Fußball gespielt und völlig verdient gewonnen. So wie wir gespielt haben, geht Bundesliga nicht«.
Den Borussen droht nun ein bitterer Showdown. »Wir sollten tunlichst vermeiden, am Ende einer komplizierten Saison alles zu verspielen«, warnt Eberl. »Ich möchte die Saison so beenden, wie es ihr angemessen wäre. Dafür müssen wir aber Leistung investieren. Das kommt nicht vom Reden, und nicht davon, dass wir schon was gekonnt haben«.