Bislang durfte Borussia Mönchengladbach in dieser Rückrunde das Momentum in den Spielen fast immer für sich verbuchen. Am Samstag gegen den FC Augsburg war es genau umgekehrt - in den entscheidenden Situationen lief es komplett gegen die Borussen. Der Start in die Partie war außerordentlich gut und nach einer Phase der Sortierung gab es den ersten Knackpunkt, der Gladbach auf die Verliererstraße brachte.
Nico Elvedi brachte seinen Landsmann Jonas Omlin mit einem verunglückten Rückpass in die Bredouille. Elvedi nahm die Schuld für die anschließenden Ereignisse “zu hundert Prozent” auf seine Kappe, doch diese Einsicht änderte nichts an den Folgen. Omlin stürzte in bester Absicht aus seinem Tor und wollte vor dem Strafraum retten, kam aber klar zu spät und traf den Augsburger Angreifer. Die Rote Karte für Borussias Kapitän war die logische Konsequenz.
Der nächste Rückschlag für Jonas Omlin
Für Omlin war es ein weiterer Rückschlag in seiner mittlerweile schon als tragisch zu bezeichnenden Zeit bei der Borussia. Er musste in dieser Situation nicht zwingend rauskommen, aber er traf die Entscheidung im Bruchteil einer Sekunde und verschätzte sich. Es ist zwar hypothetisch, aber ein Omlin mit Spielpraxis wäre wohl rechtzeitig da gewesen oder hätte komplett anders agiert. »Das ist für Jonas scheiße«, sagte Sportchef Roland Virkus anschließend. »Er ist total frustriert, aber wir werden ihn wieder aufbauen«. So aber verlor Borussia nicht nur innerhalb einer Woche den zweiten Torwart, sondern musste über eine Stunde in Unterzahl spielen.
Tobias Sippel, eigentlich schon im Vorruhestand und eher Torwarttrainer-Assistent als ernsthafter Backup, stand plötzlich zwischen den Pfosten. »Das war schon speziell«, sagte der 36-Jährige anschließend. »Mit einem Comeback hätte ich wirklich nicht mehr gerechnet«. Weichen musste für Sippel Kevin Stöger, der bis dahin als belebendes Element im offensiven Mittelfeld zu gefallen wusste. Dass Stöger ‘geopfert’ wurde, war eine nachvollziehbare Entscheidung des Trainerteams, doch dadurch wurde das Kreativitäts-Level im Gladbacher Spiel nahezu komplett runtergefahren.
»In der zweiten Halbzeit war es zu wenig von uns«
Dennoch hätten die Borussen durch die Kopfball-Triple-Chance von Itakura, Scally und Elvedi und der Großchance von Robin Hack vor der Pause in Unterzahl in Führung gehen können. Dass Hack an Augsburgs Keeper scheiterte, war der zweite große Knackpunkt des Nachmittags. Nach dem Seitenwechsel machte es Augsburg ausgesprochen gut, während die Borussen parallel im Defensivverhalten Verhaltensweisen offenbarten, die an die letzte Saison erinnerten - und die keinesfalls nur der Unterzahl geschuldet waren.
»In der zweiten Halbzeit war es zu wenig von uns«, musste Julian Weigl einräumen. »Augsburg hat viele Spieler ins Zentrum geholt und bei uns hat die Abstimmung nicht gepasst. Sie konnten zu einfach vor und in unseren Sechzehner spielen«. So wie beim 0:1, als Weigl den Lauf von Claude-Maurice nicht aufnahm (55.). Sechs Minuten später kassierte man das 0:2 - nach einer Ecke, als der Torschütze ungehindert in die Mitte ziehen und schießen konnte. Eine Situation, in der die Gladbacher Unterzahl überhaupt keine Rolle spielte.
Borussias Torhüter: Ein Luxusproblem hat sich ins Gegenteil gewandelt
Dieser zweite Gegentreffer war der endgültige Knackpunkt im Borussia-Park. Die Erkenntnis, dass an diesem Nachmittag nichts mehr drin sein würde, stand jedem Borussen ins Gesicht geschrieben. »Dann war die Luft raus«, bestätigte Julian Weigl. Nach dem 0:3 zwanzig Minuten vor dem Schluss leerte sich das Stadion zusehends. Immerhin schafften es die Borussen, sich nicht gänzlich abschießen zu lassen und das Spiel noch halbwegs anständig über die Bühne zu bringen.
Natürlich war die Enttäuschung allseits greifbar, doch aus der Bahn werfen dürfte diese ungeplante Heimniederlage die Borussen nicht. »Wir werden das abschütteln«, ist sich Julian Weigl sicher. Dass es solche Tage gibt, an denen fast alles schiefläuft, was nur schieflaufen kann, kennt man im Fußball. Nun geht es darum, sich wieder zu fokussieren und sich mit den neuerlich verschlechterten Rahmenbedingungen zu beschäftigen. Vor zwei Wochen war die Konstellation auf der Torwartposition noch ein Luxusproblem - mindestens für die nächsten zwei Wochen hat sich das ins Gegenteil gewandelt.
von Marc Basten