Granit Xhaka stapfte wütend durch die Katakomben des Bremer Weserstadions. Drei Minuten vor Schluss hatte ihn Schiedsrichter Zwayer mit Gelb-Rot vom Platz geschickt. »Mir fehlen die Worte, die Schiedsrichter müssen ihre Augen aufmachen«, grummelte Xhaka. »Die zweite Gelbe Karte kann man geben, ich sehe ihn nicht und treffe ihn im Gesicht. Aber die erste Karte ist einfach lächerlich«.
Werders Clemens Fritz tankte sich zwischen Xhaka und Schulz hindurch, und als es eng wurde, »habe ich mich fallen gelassen«, gab Fritz später im Interview mit Sky zu. Doch da eine verlockende Freistoßsituation für Junuzovic heraussprang, gab es für Fritz keinen Grund, den Schiedsrichter aufzuklären. »Er hat ja nicht gefragt«, so die lapidare Erklärung.
»Der ist Nationalspieler und Kapitän. Das hat etwas mit Respekt und Fairplay zu tun«, klagte Xhaka an, der unberechtigt verwarnt wurde. Er selbst hatte den Schiedsrichter auf den Irrtum hingewiesen, aber dann einsehen müssen, dass es zwecklos war. »Ich habe lieber nichts mehr gesagt, bevor es eskaliert wäre«.
Der Platzverweis war ärgerlich, allerdings nicht ursächlich für die neuerliche Niederlage der Borussia. »Wir werden momentan für Kleinigkeiten bestraft und müssen andererseits einen Riesenaufwand betreiben, um selbst Tore zu erzielen«, sagte Max Eberl. Bezeichnend das 0:1, als Raffael im Mittelfeld den Ball verlor, Bremen konterte und die Unerfahrenheit von Schulz ausnutzte, einen Elfmeter herauszuholen. »In der Rückrunde passieren 50 solcher Ballverluste, aber die wurden mit einer Selbstverständlichkeit wieder verteidigt«, so Eberl. »Momentan ist das anders«.
»Das, was in der letzten Saison mit einer Leichtigkeit funktioniert hat, müssen wir uns jetzt wieder hart erarbeiten«, so Eberl weiter. »Wir müssen wieder dahin kommen, was uns starkgemacht hat. Und da sind alle gefragt«.
»Eigentlich haben wir ein gutes Spiel gemacht«, meinte Granit Xhaka. »Wir haben defensiv sehr gut gestanden, kriegen aber zwei Gegentore nach Standards. Vor dem Elfmeter verlieren wir vorne den Ball und kriegen den Konter. Und beim zweiten Tor schlafen wir beim Corner. Das darf nicht passieren, sorry. Wir sind Fußballer und wir müssen wach werden«.
»Es ist ja nicht so, dass die uns heute auseinandergenommen haben. Aber wir kriegen ein Tor, das ist unfassbar. Wir kreieren uns Chancen, aber wenn man die nicht nutzt, verliert man solche Spiele. Was soll man machen? Es ist eine Enttäuschung, dass wir heute nicht mal einen Punkt mitnehmen«, ärgerte sich Xhaka weiter. Der Negativstrudel ist greifbar: »Wir müssen punkten, aber das wird von Spiel zu Spiel schwerer, wenn man einmal unten drinsteht«, so Xhaka. »Momentan macht’s überhaupt keinen Bock mehr«.
Derartiger Frust ist unmittelbar nach dem Spiel verständlich, darf sich allerdings nicht einnisten. »Wir kennen den Misserfolg«, sagte Max Eberl. »Wir haben uns alles hart erarbeitet und hatten auch Rückschläge. Entsprechend werden wir auch jetzt damit umgehen. Es ist halt momentan etwas schwerer, weil jeder noch das letzte Jahr im Kopf hat, wo alles von alleine lief«.
Dazu spielt auch das Brimborium um die Champions League eine Rolle. »Natürlich ist das dauernd um uns herum, aber damit müssen wir umgehen«, so Eberl. »Wir müssen das zur Seite schieben, weil es heute und morgen völlig uninteressant ist«.
Die schweren nächsten Wochen wird Lucien Favre aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem aktuellen Kader angehen. Eine Last-Minute-Verpflichtung am letzten Tag der Transferperiode wollte Max Eberl zwar nicht gänzlich ausschließen, doch »die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering«.
Zumal sich Ex-Borusse Dante für das lukrative Angebot aus Wolfsburg entschieden hat. »Wir haben uns um Dante bemüht«, bestätigte Eberl. »Aber wenn Geld eine Rolle spielt, dann sind wir doch ein kleiner Verein. Das ist das, was wir uns immer vor Augen halten müssen. Wir spielen zwar Champions League, aber in gewissen Größenordnungen sind wir chancenlos. Gegen die Möglichkeiten von Wolfsburg und Bayern sind wir einfach ein ganz kleines Licht«. Das momentan im Tabellenkeller glüht ...