Dass in Mönchengladbach etwas anders ist als bisher, zeigte sich am Dienstag auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Augsburg. Waren diese Veranstaltungen unter Lucien Favre meist kurz und knackig, so dauerte es bei seinem Interims-Nachfolger André Schubert deutlich länger, ehe die Journalisten ihr Mittagessen einnehmen konnten. Und das nicht nur deshalb, weil Schubert mit einiger Verspätung startete.
Der 44-Jährige hatte eine Menge zu erzählen. Von seiner überraschenden Beförderung am gestrigen Montag, als er »nichtsahnend« zum Borussia-Park gefahren sei und dann ohne großes Zögern auf den Vorschlag von Max Eberl eingegangen war: »Es steht für mich außer Frage, dass ich dem Verein da sehr gerne helfe. Ich sehe das nicht als eine Chance, sondern als große Herausforderung, wieder in eine positive Richtung zu gehen und wieder erfolgreicheren Fußball zu spielen. Außerdem konnte ich das gestern Max nicht abschlagen, er hatte ja Geburtstag«.
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Borussen-Trainer schaffte Schubert etwas, was seine Mannschaft am Mittwoch nachmachen soll: er konnte punkten. Seine Aussagen hatten Hand und Fuß, er positionierte sich klar, ohne dabei in Phrasendrescherei zu verfallen. Seine Ansätze klingen durchaus so, als ob sie bei der Mannschaft Anklang finden könnten.
»Ich glaube, das was in den letzten Wochen auf dem Platz passiert ist, ist offensichtlich«, so Schubert. »Wir sind zu passiv im Defensivverhalten, ein Zweikampf ist immer aktiv, aggressiv. Natürlich müssen wir auch am Zug zum Tor arbeiten, Aggressivität auch mit dem Ball und eins-gegen-eins-Situationen suchen. Wir haben Spieler mit hervorragender Qualität, mit sehr guten Möglichkeiten. Den Mut müssen wir wieder haben. In allen Bereichen müssen wir versuchen, wieder aktiver zu sein, mehr agieren, weniger reagieren«.
»Wir können nicht alles umdrehen und völlig neue Dinge machen«
Schubert beeilte sich klarzustellen, dass dies keine Kritik an der Herangehensweise von Lucien Favre sei. »Hier ist viele Jahre hervorragende Arbeit geleistet worden. Das, was Lucien Favre gemacht hat, unterscheidet sich nicht brutal von dem, was wir jetzt vorhaben. Wir können nicht alles umdrehen und völlig neue Dinge machen. Es geht auch nicht darum, wie ich mir den Fußball vorstelle oder dass ich der Mannschaft meine Philosophie aufdrücken will. Wir müssen eine schwierige Situation kurzfristig lösen und wir schauen, was wir den Spielern mitgeben können, ohne sie völlig durcheinander zu bringen«.
Eine Abkehr vom zementierten 4-4-2 schließt Schubert zumindest nicht aus. »Das System ist nur Beiwerk, es ist eine Grundordnung auf dem Platz. Das kann je nach Gegner variieren. Es geht darum, wie wir unsere Spieler am optimalsten einsetzen. Mir geht es um die Art und Weise, wie wir spielen, wie wir Zweikämpfe bestreiten, wie wir den Gegner unter Druck setzen. Egal wo es ein Pressing gibt, müssen wir aggressiv und aktiv sein«.
»Natürlich ist es ein schmaler Grat, wir dürfen die Spieler nicht überfrachten. Aber ich habe den Eindruck, dass die Spieler sehr offen und bereit sind. Sie sind beeindruckt von den Dingen die passiert sind, weil sie wissen, dass sie auch selbst Verantwortung dafür tragen. Aber das ist jetzt abgehakt. Keinen Punkt, den wir verloren haben, können wir uns zurückholen. Wir können nur beeinflussen, was vor uns liegt und darauf fokussieren wir uns«.
»Nur wenn wir aktiv sind, werden wir was reißen«
Am Dienstagmorgen arbeitete Schubert zum ersten Mal mit der Mannschaft auf dem Platz, am Montagabend »haben wir uns mit dem Mannschaftsrat zusammengesetzt«. »Wir werden jetzt versuchen, die optimale Kombination von Spielern aufs Feld zu bringen. Ich weiß, dass alle Jungs absolut bereit sind«.
Wen er gegen ‚Angstgegner‘ Augsburg nominieren wird, ließ Schubert ganz im Stile seines Vorgängers offen. Auch weil bei einigen Rekonvaleszenten wie Patrick Herrmann noch abgewartet wird. Sicher ist, dass Martin Stranzl und Tony Jantschke nicht zur Verfügung stehen. Jantschke muss aufgrund einer starken Unterschenkelprellung passen.
Für einen gelungenen Neustart benötigt man auch Hilfe von außen. »Die Mannschaft braucht morgen die Fans«, appellierte Schubert. »Wir müssen mit viel Mut spielen und Mut bedeutet, auch Fehler zu machen. Gerade dann brauchen wir die Unterstützung der Fans. Nur wenn die Spieler es immer wieder versuchen und aktiv sind, nur dann werden wir was reißen. Ich bin mir sicher, die Fans werden wie eine 1 hinter der Mannschaft stehen«.
»Es kann auch sein, dass es bis zum Winter dauert«
Während André Schubert mit der Mannschaft möglichst im Eilverfahren den Turnaround schaffen soll, will sich Max Eberl bei der Suche nach der langfristigen Trainerlösung Zeit lassen. »Es wird kein Schnellschuss werden«, betonte der Sportdirektor nochmals. »Wir arbeiten das mit Bedacht ab. Wir werden nicht den geklonten Lucien, sondern einen neuen Trainer finden. Im optimalen Fall schaffen wir es zügig, es kann aber auch sein, dass es bis zum Winter dauert. Wir haben mit André jetzt einen Trainer hier, der die Aufgabe akribisch annimmt, der unsere Idee vom Fußball fortsetzt und in den wir Vertrauen haben«.
Dass André Schubert sogar mehr werden könnte, als nur der Übergangstrainer, ist zumindest momentan keine Option. »Absolute Aussagen im Fußball sind immer schwierig«, sagte Max Eberl. »Aber wir gehen jetzt in die Situation rein, dass André die Lösung für die nächste Zeit ist«.
Doch auch wenn sich am Dienstag die Protagonisten gegen eine entsprechende Interpretation wehrten – die nächsten Wochen sind auch die Chance für André Schubert, sich nachhaltig zu positionieren.