Der aufsehenerregende Sieg in Florenz ist erst eine gute Woche her, danach gab es den Auswärtssieg in der Liga in Ingolstadt und den Einzug ins DFB-Pokalfinale durch den Erfolg beim Hamburger SV. Die Borussen, im Jahr 2016 zurecht als ›Auswärtsdeppen‹ tituliert, sind aktuell Seriensieger auf fremden Plätzen. Da scheint es fast schon schade, dass am Samstag mal wieder ein Heimspiel im Borussia-Park ansteht.
Sportdirektor Max Eberl sieht das jedoch gänzlich anders. »Du spielst gegen Schalke zuhause, das Stadion ist voll und die Leute sind heiß darauf. Wir haben in diesem Jahr noch nicht so viel Heimluft schnuppern dürfen und jetzt hast du die Gelegenheit, gegen so einen hochkarätigen Gegner in einer pikanten Situation zu spielen. Das ist für mich wie ein Finalspiel - ich freue mich auf dieses Spiel.«
Die Partie steht auch deshalb besonders im Fokus, weil sich die Teams an den kommenden beiden Donnerstagen im Achtelfinale der Europa League erneut gegenüberstehen. Doch Dieter Hecking betrachtet die Aufgabe am Samstag unabhängig von den K.O.-Spielen auf europäischem Parkett. »Es geht von Spiel zu Spiel. Das ist zwar eine alte Trainerweisheit, aber sie trifft umso mehr zu, weil es ein anderer Wettbewerb ist. Alles andere macht keinen Sinn.«
»Wir haben Rückenwind«
Was in Europa und dem DFB-Pokal noch passieren wird, ist erstmal zweitrangig. »Wir müssen in der Bundesliga unsere Arbeit verrichten«, so Hecking. Es gehe darum, den Abstand nach hinten zu vergrößern. »Da müssen wir uns erstmal schadlos halten«. Gegen Schalke könne man zudem »einen Konkurrenten um eine bessere Platzierung auf Distanz halten.«
Bei einer Niederlage in Gladbach müsse Schalke »den Blick sicherlich nach unten richten«, sagte Hecking. Seine Mannschaft dürfe dann die »Nase nach oben recken«. Der Trainer betonte die Wichtigkeit des Spiels und nahm auch die Fans in die Pflicht. »Wir brauchen die Unterstützung von außen. Wir wollen in Vorleistung treten und das Publikum auf unsere Seite ziehen. Lasst uns zusammen Schalke schlagen!«
Für dieses Unterfangen sieht Hecking sein Team gerüstet. »Mit jedem erfolgreichen Spiel wächst die Brust. Die mannschaftliche Geschlossenheit ist ein wesentlicher Faktor, das Selbstvertrauen in die Abläufe ist wieder da«, so Hecking. »Wir haben Rückenwind.«
Timothée ‚Kolo‘ Kolodziejczak ist angekommen
Der Rückenwind soll nach Möglichkeit noch lange anhalten, wobei mit jedem Spiel der Faktor Müdigkeit größer wird. Immerhin ist mit Schalke ein Gegner zu Gast, der bisher die gleiche Belastung zu bewältigen hatte - im Gegensatz zu den ausgeruhten Leipzigern vor zwei Wochen. Für Hecking ist das Thema Be- oder Überlastung nach wie vor keins. »Wir werden nicht die ganz große Rotation spielen«, kündigte er an. »Wenn die zehn Feldspieler von Hamburg signalisieren, dass sie frisch sind, kann es auch sein, dass die zehn wieder spielen«. Der Trainer betonte, dass man im ständigen Austausch mit den Spielern sei und »ehrliche Antworten« bekomme.
Auch wenn Hecking weiter auf Thorgan Hazard verzichten muss (»Es dauert ein bisschen länger als gedacht«), verfügt er über einige Variationsmöglichkeiten. »Bis auf die Langzeitverletzten können wir aus dem Vollen schöpfen, alle haben das Hamburg-Spiel gut überstanden.« Möglicherweise wird Timothée ‚Kolo‘ Kolodziejczak alsbald zu seinem ersten Einsatz kommen. »Er hat sich angepasst an die Trainingsbelastung und ist deutlich näher dran, als noch vor drei Wochen«, erklärte Hecking. »Kolo hat diesen Teamgedanken verinnerlicht und das zeigt mir, dass der Junge angekommen ist.«
Schon längst richtig angekommen ist Lars Stindl, der im Moment in aller Munde ist. Hecking gefällt das, doch gleichzeitig nimmt er die anderen Spieler in die Pflicht. »Unser Spiel ist nicht nur auf Lars ausgerichtet, sondern der eine oder andere muss da auch in die Fußstapfen treten und Tore machen wollen. Wenn sich Schalke nur auf Lars Stindl konzentrieren muss, wäre es einfach für sie.«
Eberl spricht von Hecking als »idealer Lösung«
Leicht wollen es die Borussen den Schalkern nicht machen, denn die Königsblauen sind nach durchwachsenen letzten Spielen auch so schwer einzuschätzen. Im Pokal bei den Bayern wurden sie vorgeführt und mussten herbe Kritik einstecken. »Da wird eine Wiedergutmachungshaltung da sein«, mutmaßt Hecking. »Von den Spielern wird eine Reaktion erwartet und das macht das Spiel ein bisschen kompliziert. Man weiß nicht, welches Bild man von Schalke bekommt. Dass da eine Anhäufung individuell guter Spieler ist, brauche ich nicht zu betonen.«
Hecking wird seine Mannschaft entsprechend einstellen und vielleicht selbst etwas Unerwartetes einbringen. »Wenn du gegen einen Bundesligisten spielst, liegt vieles offen. Trotzdem gibt es vielleicht etwas, womit man den Gegner überraschen kann.« Insoweit heißt es abwarten und auf Dieter Heckings Erfahrung vertrauen. Für Max Eberl ist der Trainer jedenfalls der Garant für den Aufschwung der letzten Wochen. »Für uns war es ein großer Schritt, dass Dieter gesagt hat, dass er zu diesem Klub möchte«, so Eberl. »Wir werden auch Phasen haben, wo wir vielleicht drei Mal hintereinander verlieren. Auch dann ändert das nichts. Wir haben hier was vor, wir wollen was aufbauen. Da ist Dieter die ideale Lösung gewesen und wird es hoffentlich auch lange bleiben.«