Dieter Hecking wirkt zufrieden bei seinem Trainingslagerfazit in Marbella. »Die Tage hier waren wichtig«, sagt der 52-Jährige. »Gerade wenn ein neuer Trainer kommt hilft es, die Mannschaft eng zusammenzuhaben.« Der Coach hat die Zeit genutzt, sich bei den Spielern vorzustellen, hat Gespräche geführt und konnte auf dem Trainingsplatz seine Eindrücke vertiefen.
Abgeschreckt wirkt Hecking von seinen Spielern weder auf noch neben dem Platz. »Die Vorfreude ist auch nach einer Woche immer noch da«, bestätigt er. Die Gladbacher Profis hinterlassen den Anschein, als ob sie die Arbeit mit dem neuen Trainer vorbehaltlos angenommen hätten. »Es haben wirklich alle gut mitgezogen«, lobt Hecking.
Der Trainer konnte sich am Dienstag beim Testspieldoppelpack ein erstes Bild von seinen Spielern unter wettkampfähnlichen Bedingungen machen. In beiden Partien ließ er mit Dreierkette starten, gegen Zulte Waregem stellte er zur Pause auf Viererkette um. »Die Systemfrage will ich jetzt nicht dauernd hören«, fordert Hecking. »Es ist so fließend im Fußball mittlerweile, es gibt laufend Veränderungen im Spiel.«
Gegen die Belgier folgte die Veränderung auf das 4-4-2, in dem die Mannschaft deutlich homogener agierte, erzwungenermaßen. »Der Gegner war offensiv sehr breit aufgestellt, wodurch von uns fünf Mann gebunden waren. Dadurch hat uns im Mittelfeld ein Mann gefehlt. Das haben wir in der zweiten Halbzeit korrigiert und mehr Zugriff gefunden«, erläutert Hecking. Dass die Umstellung erst in der Pause folgte, hatte seinen Grund. »Normalerweise hätte die Änderung früher erfolgen müssen, aber ich wollte zunächst die Dreierkette sehen.«
Welches System es in anderthalb Wochen in Darmstadt werden wird, will Hecking genauso wenig verraten, wie mögliche Startelfkandidaten. »Wir haben noch einige Tage bis zum Spiel in Darmstadt und am Samstag im Telekom-Cup werden wir auch noch gute Aufschlüsse bekommen.«
Für Hecking ist es wichtig, dass die Konkurrenzsituation innerhalb des Teams bestehen bleibt. »Die arrivierten Spieler dürfen sich nicht zu sicher sein. Diesen Druck möchte ich schon haben.« Da passt es, dass sich Akteure wie Nico Schulz aufdrängen. »Er hatte im Spiel gestern einige gute Aktionen, war sehr viel an der Linie unterwegs«, lobt Hecking. »Nico sieht, dass eine neue Zeitrechnung für ihn beginnen kann.«
Auch die Youngster, allen voran Laszlo Benes, vermochten den neuen Trainer zu beeindrucken. Während des Trainings, aber auch im Spiel gegen Würzburg. »Gegen einen unbequemen Zweitligisten haben sie es gut gemacht, haben sich gegen eine Männermannschaft gewehrt. Das sind positive Zeichen, die ich sehr wohlwollend bei den jungen Spielern wahrgenommen habe.«
Wichtig war das Trainingslager natürlich auch für Borussias Winterneuzugang Timothée Kolodziejczak. Wie weit der Franzose schon ist, will Hecking »noch nicht abschließend beurteilen.« Die Integration schreitet allerdings voran. »Mit Thorgan Hazard und Yann Sommer hat er zwei Ansprechpartner, die ihm viel vermitteln«, erklärt Hecking. »Er versteht auch englisch, das ist die Hauptverständigungssprache zwischen uns beiden.«
Der erste Auftritt von ‚Kolo‘ im Trikot mit der Raute war eher durchwachsen. »Wichtig war, dass er mal mit der Mannschaft spielt und merkt, was abgeht«, sagt Hecking. In der Dreierkette fühlte sich der Neuzugang nicht wirklich wohl, die Abstimmung passte nicht und in einigen Situationen schien er nicht zu wissen, wie er sich verhalten soll. »In der ersten Halbzeit war es etwas problematisch, weil er oft nach außen raus musste«, bestätigt Hecking. Nach der Umstellung auf Viererkette passte es mit ‚Kolo‘ deutlich besser. »Er war robust im Zweikampf und man hat seinen guten Spielaufbau mit dem linken Fuß gesehen.« Es ist nicht abwegig, dass Hecking den Neuzugang nächste Woche gleich ins kalte Bundesligawasser wirft: »So wie sich ‚Kolo‘ bisher gegeben hat, wird er sofort seinen Mann stehen können«, ist Hecking überzeugt.
Nach der Rückkehr nach Mönchengladbach hat die Mannschaft am Donnerstag trainingsfrei, am Freitag geht es dann weiter. Die Tage in Spanien waren gelungen, die beiden Testspielsiege taten ihr Übriges. »Jedes Erfolgserlebnis hilft«, sagt Hecking. »Ich bin froh, dass wir beide Spiele gewonnen haben.«
Dass der Siegtreffer gegen Zulte Waregem durch Vestergaard nach einer Standardsituation erfolgte, rundet die Sache ab. Der neue Co-Trainer Dirk Bremser hatte diese und andere Aktionen nach ruhenden Bällen trainieren lassen. »Das ist das Steckenpferd von Dirk, er ist da sehr akribisch«, sagt Hecking. Schaden kann ein solches Engagement angesichts der schon fast chronischen Harmlosigkeit der Gladbacher bei eigenen Standards sicher nicht.
Auch darüber hinaus hinterlassen Hecking und Bremser als Gespann einen eingespielten Eindruck. »Wir sind relativ leicht zu Händeln, weil wir klare Vorstellungen haben, wie gewisse Dinge in der Gruppe ablaufen sollen«, erklärt Hecking. Frank Geideck, als verbliebener zweiter Co-Trainer, hat sich ebenfalls eingefunden. »Es ist nicht einfach für jemanden, der zu einer Gemeinschaft hinzukommt, die seit 17 Jahren zusammenarbeitet«, sagt Hecking. »Da muss man als neuer Mann seinen Platz finden, aber Frank hat uns in der kurzen Zeit schon mit seinem Fachwissen überzeugt. Wir sind froh, dass wir das jetzt zusammen in die Hand nehmen können und hoffentlich ein so erfolgreiches Trainerteam sind, dass wir am Ende sagen können, dass es richtig Bock gemacht hat.«