Jonas Hofmann - Resümee und Ausblick

Jonas Hofmann - Zu schnell zu genügsam?

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Jonas Hofmann - Ein bärenstarkes erstes Saisondrittel, danach wurde es deutlich weniger (Foto: TORfabrik.de)

Jonas Hofmann hat in der abgelaufenen Saison ohne Frage einen großen Sprung gemacht. In der Hinrunde war er quasi das Gesicht des Gladbacher Höhenflugs. Doch im zweiten Halbjahr verfiel der 28-Jährige vermehrt in alte Muster. Trotz Vertragsverlängerung wird er sich strecken müssen.

Zweieinhalb Jahre war Jonas Hofmann in Mönchengladbach ein ungelöstes Rätsel. Immer wieder zeigte er teilweise herausragende Ansätze, um sich in letzter Konsequenz das selbst einzureißen, was er sich zuvor aufgebaut hatte. Als Außenspieler im 4-4-2 fehlte ihm die Durchschlagskraft, in zentraler Rolle auf der Doppelsechs die Griffigkeit im Defensivzweikampf. So verfestigte sich der Eindruck, dass Hofmann - bei allem Talent - den Status des Lückenfüllers nicht mehr ablegegen würde. Doch mit Einführung des 4-3-3 Systems wendete sich urplötzlich das Blatt.

Die neu geschaffene Position des Achters erweckte Jonas Hofmann förmlich zu neuem Leben. Er konnte seine ungemeine Laufstärke einbringen, zentral in die Lücken stoßen und einen klar definierten Raum bearbeiten. Defensivzweikämpfe im Stile eines Abräumers musste er kaum führen, stattdessen lief er die Bälle stark ab oder ‘klaute’ sie dem Gegner im Aufbauspiel. Dazu kam der psychologische Faktor, dass er im Auftaktspiel gegen Leverkusen beim zweiten Elfmeter - den ersten hatte Hazard verschossen - Verantwortung übernahm und damit gleichzeitig seinen ersten Bundesligatreffer für Borussia erzielte. Dies war ein Schlüsselmoment für den ehemaligen Dortmunder, der in den nächsten Wochen regelrecht durchstartete.

Dreierpack gegen Mainz - Hofmann auf dem Zenit

In den ersten fünf Spielen stand er in der Startelf, war ständig in Bewegung und hatte immer und überall seine Füße im Spiel. Er war die treibende Kraft, wartete stets mit einem riesigen Laufpensum auf, luchste den Gegnern die Bälle ab und schaltete direkt den Vorwärtsgang ein. Der physische Aufwand war extrem, so dass Dieter Hecking ihm am 6. Spieltag in Wolfsburg eine Ruhepause verordnete. Wohl wissend, dass Hofmann am kommenden Wochenende in München als Marathon-Mann (13,6 Kilometer) gefragt sein würde. Beim überraschenden Triumph bei den Bayern war er nicht nur der unermüdliche erste Anläufer, sondern sorgte auch für den Assist zum Tor von Plea und legte anschließend zum 2:0 für Stindl auf, nachdem er Thiago hellwach den überhasteten Neuer-Abwurf stibitzt hatte.

Eine Woche später folgte das absolute Highlight für Jonas Hofmann. Gegen seinen Ex-Klub Mainz 05 gelang ihm ein Hattrick und auch darüber hinaus lieferte er eine erstklassige Leistung ab (Note 1,0). Er war unglaublich viel unterwegs, lief die Gegenspieler ständig an und war seinerseits stets anspielbar. Mit Ball zündete er den Turbo und lief immer wieder gezielt in die Tiefe. An diesem Sonntagabend im Oktober war Hofmann ganz oben und wurde sogar in den Kreis der Nationalmannschaftskandidaten gelobt. Welch ein Aufstieg innerhalb weniger Wochen für einen, den viele schon abgeschrieben hatten.

Freiburg entschlüsselt Hofmann und Borussia

Doch schon am Freitag darauf beim 1:3 in Freiburg erhielt das strahlende Bild, das Hofmann und die Borussia bis dahin abgegeben hatten, erste leichte Risse. Im Breisgau lief Hofmann zwar erneut 12,9 Kilometer, kam aber so gut wie nie in die gefährlichen Räume. Freiburg verteidigte gerade Borussias Achter sehr aufmerksam und entzauberte damit gewissermaßen das 4-3-3. Gegen Düsseldorf erzielte Hofmann seinen vierten Saisontreffer, überzeugte jedoch nicht. Auch in Bremen und daheim gegen Hannover, obwohl beide Spiele gewonnen wurden, hing er etwas durch. Zu allem Überfluss zog er sich eine Muskelverletzung zu und fehlte im Dezember in vier Partien. Erst am letzten Hinrundenspieltag in Dortmund kam er noch zu einem Kurzeinsatz.

Zur Rückrunde war Hofmann wieder fit und gab beim 1:0-Auftaktsieg in Leverkusen den (unabsichtlichen) Assist zum Siegtor. Im Heimspiel gegen Augsburg verschoss er kurz vor der Halbzeit einen Elfmeter, machte aber dennoch sein bestes Spiel in der Rückrunde (Note 2,5). Die nächste Partie im Borussia-Park war das ominöse 0:3 gegen die Hertha, wo Hofmann nach einem fiesen Tritt von Grujic mit einer offenen Wunde zunächst weiterspielte, dann jedoch nach einer halben Stunde vom Feld musste. In Frankfurt fehlte er verletzt, bei der nächsten 0:3-Heimpleite gegen Wolfsburg wurde er zur Pause eingewechselt. In den nächsten Wochen, als die Mannschaft insgesamt immer deutlicher wankte, blieb Hofmann blass. Von der Schärfe und der Zielstrebigkeit aus der Hinrunde war nicht mehr viel geblieben.

Kann Marco Rose die wichtigen Dinge aus Hofmann herauskitzeln?

Als Dieter Hecking am 28. Spieltag das System umstellte, war für Jonas Hofmann in der Anfangsformation kein Platz mehr. Dreimal in Folge kam er nur von der Bank, in Stuttgart schickte ihn der Trainer als hängende Spitze in die Partie, was ziemlich in die Hose ging (Note 4,5). Gegen Hoffenheim saß er dann 90 Minuten draußen, ehe er in Nürnberg nach der Pause eingewechselt wurde und mit einem herausragenden Pass auf Drmic den Weg zum 1:0 und damit nach Europa ebnete. Im Saisonfinale gegen Dortmund - wieder im ‘alten’ System als Achter - deutete er zumindest ab und zu das an, was ihn in der Vorrunde so stark gemacht hat. Doch sobald bei eigenem Ballbesitz ernsthafter körperlicher Widerstand drohte, war da wieder der Jonas Hofmann, der zurückzieht, abdreht und weiter seine Runden dreht.

Am Ende der Saison muss die Frage erlaubt sein, ob Hofmann nicht zu schnell zu genügsam ist. Nach dem Highlight gegen Mainz ging die Kurve nach unten, auch wenn ihm sicherlich nicht angelastet werden kann, dass die Gegner sich auf ihn und das System eingestellt hatten. Dennoch war der weitere Verlauf eher enttäuschend, gerade unter dem Aspekt, dass er zuvor mehrere Monate gezeigt hat, zu was er fähig ist. Dieses Potenzial sieht auch Marco Rose in ihm, jedenfalls stimmte der neue Trainer im April der Vertragsverlängerung bis 2023 zu. Von den Anlagen her ist Hofmann prädestiniert für den Stil von Rose. Dennoch muss man abwarten, ob es dem Coach gelingt, die wichtigen Dinge aus Hofmann herauszukitzeln: Die bedingungslose Aggressivität im Zweikampf und die Gier, ständig ‘on fire’ zu sein und sich nicht vorschnell zufriedenzugeben.

 


von Marc Basten

 

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