Bei Borussia Mönchengladbach läuft es in den letzten Wochen nicht wie gewünscht. Der Sündenbock wurde öffentlich schnell gefunden - es ist der Trainer. Der im Fußball übliche Reflex bringt das vermeintlich schwächste Glied der Kette unter Beschuss. Doch auch wenn es Ansatzpunkte gibt, André Schubert und seine Entscheidungen zu hinterfragen, so ist es damit nicht getan.
Vielmehr richtet sich der Blick auch und besonders auf die Mannschaft. Immerhin ist es ein Team, das allseits als das qualitativ Beste seit mehreren Dekaden eingeschätzt wird. Wie passen da Anspruch und Wirklichkeit zusammen? Liegt es nur am Trainer, dass er die Spieler nicht richtig einstellt und einsetzt? Oder bleiben die vermeintlich Hochbegabten nicht viel zu oft unter ihren Möglichkeiten?
Vor der Saison wurde der ›Konkurrenzkampf‹ thematisiert, der sich jedoch mehr als nur relativiert hat. Faktisch findet ein solcher nicht statt, weil es zum einen die vielen Ausfälle gibt. Der Trainer muss regelmäßig Spieler aufstellen, die nicht nur aufgrund der Belastung, sondern auch aus Leistungsgründen eigentlich eine Pause verdient hätten.
Zum anderen erweist sich die ›zweite Reihe‹ als nicht so gewichtig, wie angenommen. Jonas Hofmann enttäuscht nach einer ansprechenden Vorbereitung, Nico Schulz spielt trotz der angespannten Personalsituation keine Rolle. Mamadou Doucouré ist genauso ein ›ewiger Patient‹ wie Marvin Schulz. Die Talente László Bénes und Djibril Sow will man nicht ins kalte Wasser werfen, solange das Team insgesamt nicht stabil ist.
Dazu kommt Mo Dahoud, der auf allen Ebenen den rasanten Aufstieg der Vorsaison verarbeiten muss. Auch wenn sich Dahoud öffentlich weitestgehend zurückzieht und wenn überhaupt nur gefilterte PR-Interviews gibt, ist er in der täglichen Arbeit nicht lediglich der bescheidene Junge, der einfach nur kicken will. Hier kann man die eine oder andere Nichtberücksichtigung ganz gewiss unter dem Posten ›erzieherische Maßnahme‹ verbuchen.
All das bringt mit sich, dass die ›Platzhirsche‹ ihre Positionen sichern können, ohne jedesmal an die Grenze gehen zu müssen. Und das wiederum ist gemeint, wenn nach Niederlagen von den fehlenden ›paar Prozenten‹ gesprochen wird.
Insofern sind in der aktuellen Krisensituation vor allem die arrivierten Spieler gefragt. Allen voran Lars Stindl, der als Kapitän nun endgültig aus dem Schatten von Xhaka und Stranzl treten muss. Für die neu gebildete Hierarchie innerhalb des Teams ist die aktuelle Situation die ultimative Reifeprüfung. Gelingt es von innen heraus, sich auf eine gemeinsame Linie einzuschwören und sich mit Teamwork aus der misslichen Situation zu katapultieren? Schaffen es Stindl & Co., die Kräfte zu bündeln, dass alle an einem Strang ziehen?
Eine neue Hackordnung gibt es nicht auf Knopfdruck, sondern sie entwickelt sich. Die aktuelle Situation ist ein solcher Entwicklungsschritt. Spieler mit Führungsanspruch können zeigen, dass sie Klasse haben. Oder sie müssen eingestehen, doch nur Mitläufer zu sein.