Im Vorfeld des Pokalhalbfinales zwischen Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt darf man in Gladbach durchaus ein altes Sprichwort hervorkramen: ›Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist‹. Im Umfeld wird schon sehr offensiv vom Finale in Berlin und der Hand am Pokal gesprochen, dass man den Eindruck gewinnen kann, ein Weiterkommen gegen Frankfurt sei reine Formsache.
»Es bringt überhaupt nichts, über das Finale zu reden«, steuerte Dieter Hecking deshalb am Montag auf der Pressekonferenz einer zumindest unterschwellig zu erkennenden Überheblichkeit entgegen. »Das ist die Gefahr, die ich sehe, dass man das Gefühl hat, Gladbach ist der absolute Favorit«, sagte der 52-Jährige. »Guckt auf die Tabelle - Frankfurt steht vor Borussia Mönchengladbach.«
»Dass wir optimistisch und voller Vorfreude sind und alles dafür tun wollen, den letzten Schritt zu gehen, steht außer Frage. Aber das Spiel muss erstmal gespielt werden«, stellte Hecking klar. Auch Max Eberl wies jeden Gedanken an Berlin von sich: »Das wäre der Anfang vom Ende«, sagte der Sportdirektor.
Das Finale vor dem Finale wird für Borussia kompliziert genug, da müssen alle Sinne geschärft sein. Gegen Frankfurt gab es in der Liga in 180 Minuten kein Tor und somit keinen Sieger. Die Eintracht hat sich nicht von ungefähr den Ruf erworben, eine der unangenehmsten Mannschaften in Deutschland zu sein. Es wird eine ganz enge Kiste werden, dessen sind sich die Verantwortlichen der Borussia bewusst.
Zumal die Ausgangslage natürlich eine andere ist, als bei einem Punktspiel. »Ein Halbfinale hat einen besonderen Charakter, das ist nicht mit einem Bundesligaspiel zu vergleichen«, weiß Hecking aus Erfahrung zu berichten. »In solchen Spielen ist immer alles möglich. Sie werden auch im Kopf entschieden. Es wird viel darauf ankommen, klar zu sein und zu wissen, was wir machen wollen.«
Bei diesem Unterfangen benötigen die Borussen die Unterstützung der Fans, deren Performance - nicht nur bei der Auswechslung von Mo Dahoud - am letzten Samstag gegen Dortmund äußerst bescheiden war. »Wenn man die Unruhe spürt im Stadion, dann ist das ein Vorteil für die Gästemannschaft«, sagte Max Eberl. »Wir brauchen das Publikum, das muss der 12. Mitspieler sein. Der Heimvorteil zeigt sich während der 90 oder 120 Minuten. Da wünsche ich mir, dass die Fans das Stadion zum Beben bringen.«
»Wir müssen es gemeinsam lösen, darum geht es«, appellierte auch Dieter Hecking an den geschlossenen Auftritt aller Gladbacher. Zumal die Mannschaft jede Unterstützung bitter nötig hat, nachdem die Verletztenliste ausgerechnet zur ›Crunch-Time‹ der Saison wieder länger und länger geworden ist.
Gegen Frankfurt fehlen neben den langzeitverletzten Doucouré und Marvin Schulz weiterhin Kramer, Raffael, Hazard, Jantschke und Johnson. Seit Samstag kommt auch noch Josip Drmić hinzu, der sich beim Aufwärmen in der Halbzeit des Dortmund-Spiels eine Knieverletzung zuzog. Eine genaue Diagnose steht noch aus, doch angesichts der Vorgeschichte des Schweizers läuten die Alarmglocken.
Dieter Hecking wollte sich nicht beklagen, dennoch wird die Personaldecke ziemlich dünn. »Erstmal ist es schade für die Spieler, die nicht zur Verfügung stehen, dass sie ein Halbfinale verpassen«, sagte der Trainer. »Wir können es nicht ändern. Augen zu und durch. Wir hoffen, dass die anderen es richten können.« Gemeinsam mit der Unterstützung der Fans.