Nach einer intensiven Sommervorbereitung beginnt für die Borussia nun die Stunde der Wahrheit. In der ersten DFB-Pokal Hauptrunde trifft die Fohlenelf auf den Traditionsverein aus Essen. Bei dem Gedanken an das Flutlichtspiel an der Hafenstraße schlägt so manches Herz der Fußballromantiker höher. Auch Trainer Dieter Hecking freut sich auf die Partie: »Früher war ich immer sehr gerne an der Hafenstraße. Die Stadionhymne ist Kult. Die hat sich bei mir eingeprägt.« Am morgigen Freitag wird er sich die Hymne gemeinsam mit ca. 5000 VfL-Anhängern im ausverkauften Stadion erneut anhören können.
»Gegen einen Traditionsverein zu spielen ist in der ersten Runde angenehmer, als wenn du irgendwo auf dem Land spielen musst, wo keine Atmosphäre ist«, so Hecking. RWE, die 1994 noch das DFB-Pokalfinale gegen Werder Bremen erreichten, spielen nach der Insolvenz 2010 mittlerweile wieder in der Regionalliga West. Die gleiche Liga, in der auch die zweite Mannschaft von Borussia kickt. Die Rollen sind also klar verteilt. »Wir sind der Erstligist«, sagte Hecking. »Der Gegner wird hochmotiviert sein und alles reinwerfen. Aber die einzigen, die uns im Weg stehen können, sind wir selber. Wir brauchen die richtige Einstellung, das richtige Zweikampfverhalten und das richtige Tempo in unserem Spiel. Sollten wir das hinbekommen, werden wir die nächste Runde erreichen und ich gehe davon aus, dass wir weiterkommen.«
Keine neuen Personalsorgen
Auch Tobias Strobl, der am Montag nach seinem Kreuzbandriss operiert wurde, hofft auf ein Weiterkommen seiner Kollegen. Er teilte seinem Trainer am Telefon mit, dass sie doch bitte gewinnen sollten, damit er selbst auch noch im Pokal antreten könne. Neben Strobl werden auch Tony Jantschke und Reece Oxford nicht mit anreisen. Jantschke kuriert muskuläre Probleme aus, während Oxford sich noch mit Problemen im Sprunggelenk plagt. Beide sollen Anfang nächster Woche wieder zur Verfügung stehen. Für die Langzeitverletzten Kolo, Doucouré und Drmic gab Hecking keine Genesungsprognose ab.
Ihm scheinen die Ausfälle jedoch kein Kopfzerbrechen zu bereiten. »Für das erste Pflichtspiel sind wir defensiv noch nicht so breit aufgestellt. Aber das sollte kein Problem sein. Selbst wenn noch jemand ausfallen sollte, haben wir trotzdem eine Alternative.«
Über eine konkrete Aufstellung bewahrte der Trainer wie immer Stillschweigen. Bei den Spekulanten ganz hoch im Kurs steht jedoch Neuzugang Denis Zakaria. Er könnte am Freitag neben Christoph Kramer auf der Sechserposition agieren. »Denis ist sehr schnell in die Mannschaft reingekommen und hat auch in den Testspielen genau das gezeigt, was wir uns von seiner Verpflichtung erwartet haben«, lobte Hecking. »Er ist sehr gut in der Balleroberung und kann auch nach der Eroberung schnell Tempo aufnehmen. Was mich selbst etwas überrascht hat, ist, dass er aus der Distanz einen richtig guten Schuss hat. Das sind alles Dinge, die uns zufrieden stimmen, dass wir diesen Transfer gemacht haben.« Ob der Schweizer jedoch tatsächlich gleich im ersten Spiel zu seinem Pflichtspieldebüt kommen wird, ließ Hecking offen. »Wir werden morgen sehen, ob er spielen wird.«
Wiedersehen mit Sven Demandt
Die Qual der Wahl wird Hecking bei der Aufstellung auf den offensiven Positionen haben. Gerade die Außenbahnen sind quantitativ wie qualitativ mehr als ausreichend besetzt. »Es ist letztendlich egal, ob ein Hazard, Traoré, Herrmann, Johnson oder Grifo außen spielen wird, weil sie alle gut sind. Es wird wichtig sein, dass sie ihre Qualität auf den Platz bringen. Ob im zentralen Mittelfeld ein Zakaria, Kramer, Hofmann oder Bénes spielt, sollte auf die Qualität unseres Spiels keinen Einfluss haben. Die Schwierigkeit ist, für das Spiel die richtigen Typen zu finden, die uns dann hoffentlich den Erfolg bringen«, so Hecking.
Egal mit welcher Aufstellung die Borussia morgen antreten wird, Essens Trainer Sven Demandt wird seine Mannschaft gut auf die Fohlenelf eingestimmt haben. Demandt war insgesamt sieben Jahre als Trainer in Borussias Nachwuchsbereich tätig, zuletzt fünf Jahre als Trainer der U23. Besonders brisant wird seine Geschichte dadurch, dass er nur zwei Monate vor Lucien Favres Rücktritt die Borussia verlassen hatte. »Er hat für sich keine Perspektive gesehen, dass er im Profibereich eine Rolle spielen könnte«, sagte Max Eberl. »Deswegen trat er mit dem Wunsch an mich heran, gehen zu dürfen«. So war es André Schubert und nicht sein Vorgänger Demandt, der nach der Flucht von Favre die Profis übernahm. »Dass er der erste Kandidat gewesen wäre, der die Führung übernommen hätte, wäre sehr wahrscheinlich gewesen«, so Eberl.
Rachegelüste wies Demandt im Vorfeld öffentlich von sich, doch sicher treibt dieses Erlebnis den jetzigen RWE-Trainer an, seinem alten Verein im Pokal einen Denkzettel zu verpassen. Im Hinblick auf das erste Spiel in der Bundesliga gegen den 1. FC Köln wäre ein Scheitern im Pokal für Mönchengladbach jedoch mental eine Katastrophe, die es zu verhindern gilt.