Direkt weiter, keine Verlängerung, kein Elfmeterschießen. Diese Konstellation hatten die Borussen vorher als Wunschszenario ausgegeben. Zum einen, weil das Halbfinale damit perfekt ist. Zum anderen, weil im Moment so viel Spiele sind, dass niemand scharf auf Extrarunden war. Darüber hinaus konnten die Borussen so noch ohne Probleme den späten Flieger in die Heimat erreichen, schließlich ist die Zeit zur Regeneration knapp.
Dass der Plan im Volksparkstadion so gut aufgehen würde, konnte man zunächst nicht vermuten. Die Partie wurde wegen des Verkehrschaos in der Hansestadt mit zehn Minuten Verspätung angepfiffen. So frühe Anstoßzeiten vertragen sich halt nicht mit der Rushhour in Großstädten oder Ballungsgebieten.
Als es dann endlich losging, wirkten die Borussen noch ziemlich schläfrig und träge. »Wir sind nicht gut ins Spiel gekommen und haben die erste halbe Stunde verpennt«, gab Tony Jantschke zu. »Der HSV hat in den ersten 25 Minuten richtig Alarm gemacht«, konstatierte Dieter Hecking. Seine Mannschaft wurde zurückgedrängt und hatte große Probleme mit dem Pressing der Hamburger.
Herrmann nutzt den Schnelligkeitsvorteil
»Wir haben viele leichte Bälle im Spielaufbau verloren«, so Hecking weiter. »Das ist ein Stück weit alles zu erklären, aber wir hätten es besser machen können«. »Der HSV war in der ersten halben Stunde die klar bessere Mannschaft. Ich bin froh, dass wir uns dann freigeschwommen haben.«
Schon gegen Ende des ersten Durchgangs bekamen die Borussen etwas den Fuß in die Tür. Dennoch musste man sich bei Yann Sommer bedanken, der mit seinem Blitzreflex gegen Wood den Rückstand verhinderte. »In der Halbzeit habe ich gesagt, dass wir eine Schippe drauflegen müssen, wenn wir hier weiterkommen wollen«, so Hecking. Der Trainer forderte seine Spieler auf, ihre Schnelligkeit mehr auf den Platz zu bringen und gleichzeitig zielstrebiger den Weg in den Strafraum zu suchen.
So wie es Patrick Herrmann machte, der mit seinem beherzten Antritt den Elfmeter herausholte. Lars Stindl, der in der Liga gegen den HSV verschossen hatte, übernahm die Verantwortung. »Natürlich versucht man, das zu verdrängen«, sagte Stindl. »Aber im Hinterkopf spielt das schon eine Rolle. Doch ich habe mir letzten Donnerstag ein bisschen Selbstvertrauen geholt und glücklicherweise hat es geklappt.«
Der Schützentausch war Hecking egal
Sieben Minuten später gab es den zweiten Strafstoß für die Fohlen - Jonas Hofmann war im Strafraum zu Fall gekommen. Ostrzolek stellte sich ziemlich ungeschickt an, Hofmann nutzte den Kontakt clever aus. Den zweiten Elfmeter verwandelte Raffael. »Das war eine Absprache zwischen uns«, erklärte Stindl. Dieter Hecking war der Schützentausch egal. »Wenn sie sich einigen und es geht so aus - alles gut.«
Das 2:0 brachte den Borussen weitere Sicherheit, während die Hamburger den Schwung der Anfangsphase nicht mehr auf den immer holprigeren Rasen bringen konnten. »Ich hätte mir ein drittes Tor gewünscht, auch wenn das vom Ergebnis her zu hoch gewesen wäre«, sagte Hecking. »Wir hatten die Kontermöglichkeiten dazu, haben sie aber nicht sauber ausgespielt.«
So bestand bis zum Ende die Gefahr, dass ein Ball durchrutschen und den HSV zurück ins Spiel holen könnte. »Aber wir haben gefightet«, sagte Tony Jantschke. »Das macht uns im Moment so stark, auch in schwierigen Phasen wie heute. Dass wir besser spielen können, wissen wir.«
»Rotation wird jetzt immer mehr ein Thema«
Dieter Hecking zollte seiner Mannschaft ein großes Lob. »Heute zählte nur das Weiterkommen. Die letzten Wochen haben Kraft gekostet. Wir haben in Ingolstadt gesehen, dass wir schwer reingekommen sind, heute ebenso. Umso bemerkenswerter, wie die Mannschaft die zweite Luft bekommt und sich befreit. Darauf setze ich auch weiter.«
Trotz des Heimflugs noch am Mittwochabend ist die Regenerationszeit kurz, die englischen Wochen gehen bekanntlich gnadenlos weiter. »Im Moment ist es wirklich am Anschlag, was wir machen«, sagte Hecking. »Wenn man erfolgreich ist, wird die eine oder andere Müdigkeit kaschiert. Trotzdem wird Rotation jetzt immer mehr ein Thema.«
Als die Borussen schon lange wieder auf dem Heimweg waren, gab es zu später Stunde die Auslosung fürs Halbfinale. Es wurde das ersehnte Heimspiel, Eintracht Frankfurt ist der Gegner. Angesichts der Alternativen Bayern und (vermutlich) Dortmund wohl das beste Los für die Fohlenelf und ein schöner Abschluss der erfolgreichen Dienstreise nach Hamburg.