Dass Frank Geideck zum Job-Hopping neigt, kann man wirklich nicht sagen. Seit 2009 ist der 52-Jährige mittlerweile bei Borussia Mönchengladbach und erlebt mit Marco Rose nach Michael Frontzeck, Lucien Favre, Andre Schubert und Dieter Hecking mittlerweile seinen fünften Chef. »Vorher war ich 15 Jahre bei Arminia Bielefeld, da weiß ich gar nicht, wie viele Trainer es waren«, sagt er. In diesem Sommer muss oder darf sich Geideck wieder auf einen neuen Chefcoach einstellen. Ein Problem hat er damit nicht. »Es ist ja mein Job, das ist die Stellenbeschreibung«.
»Das andere Konstrukt ist, dass man immer mit seinem Chef mitgeht. Für mich hat sich das anders ergeben und ich empfinde es als ganz angenehm. Man bekommt viele Einblicke, wie der Fußball von unterschiedlichen Trainern wahrgenommen wird«. Loyalität ist dabei ein wichtiger Faktor, denn kein Coach ist wie der andere. »Sowohl von der Mentalität her als auch von der ganzen Herangehensweise sind die Trainer unterschiedlich. Wie die genaue Zusammenarbeit aussieht, da hat jeder Cheftrainer seine Vorstellungen und da adaptiere ich mich. Für mich ist das, wenn es innerhalb eines gewissen Rahmens bleibt, kein Problem.«
»Im Moment ist es noch ein bisschen Beschnuppern«
Seit ein paar Wochen arbeitet Frank Geideck nun mit Marco Rose und den neuen Kollegen zusammen. An manchen Trainingstagen tummeln sich Trainer und Betreuer nahezu in Mannschaftsstärke auf dem Platz. »Allgemein ist es ja so, dass die Trainerteams immer größer werden«, sagt Geideck. »Als ich vor 25 Jahren anfing, habe ich vieles alleine gemacht. Ich habe Sport studiert mit Schwerpunkt Prävention und Rehabilitation und nebenher auch noch im ambulanten Rehazentrum gearbeitet. Da habe ich dann eben auch mal die Torleute warm geschossen und war gleichzeitig Rehatrainer. Zum Glück ist das heute anders, weil die Leute viel spezielleres Wissen einbringen können.«
Mit Rose & Co scheint die Chemie zu stimmen. »Im Moment ist es noch ein bisschen Beschnuppern«, sagt Geideck. »Im Ligaalltag wird sich die genaue Aufgabenteilung zeigen«. Aktuell sichtet das Trainerteam vor allem viel Bildmaterial. »Wir nehmen jede Trainingseinheit auf und schauen viel zusammen. Gerade jetzt in der Anfangsphase, um auch die Spielphilosophie zu verstehen, arbeiten wir vieles noch gemeinsam durch.« Dass sich bei Borussia fußballerisch etwas ändern soll, ist unverkennbar. Doch eine ‚Revolution‘, wie sie mancherorts schon ausgerufen wird, ist es ganz sicher nicht. »Wir entwickeln unsere Spielweise weiter«, sagt Geideck. »Die Betonung liegt auf ‚weiterentwickeln‘.«
»Wir werden nicht 90 Minuten permanent mit Schaum vorm Mund irgendwohin laufen«
»Man kann es mit einem Haus vergleichen«, erklärt er. »Wir haben ein paar Etagen, die richtig spannend und interessant sind, wenn man die Türen aufmacht. Und jetzt kommt halt noch eine weitere Etage auf ein gutes Fundament«. Das ist das ominöse Pressing, um das in diesen Tagen so ein Hype gemacht wird. »Wir werden auf jeden Fall versuchen, mehr, höher und aggressiver zu pressen«, sagt Geideck. »Aber wir werden nicht 90 Minuten permanent mit Schaum vorm Mund irgendwohin laufen und durchpressen. Das ist gar nicht der Ansatz. Wir werden eigene Ballbesitzphasen haben, wo wir es ruhiger angehen lassen. Es geht darum, im richtigen Moment zu pressen.«
»Man muss nicht meinen, dass Salzburg letzte Saison nur Pressing gespielt hat«, so Geideck weiter. »Das ist vollkommen falsch. Sie hatten sehr viele gute Automatismen auch im eigenen Ballbesitz. Da deckt sich sehr viel mit unseren Abläufen, etwas angepasst auf das Rautenspiel, das sie dann überwiegend praktiziert haben. Die Grundprinzipien und Positionierungen im eigenen Ballbesitz – wieder angepasst zwischen Raute und 4-3-3 – sind zum Teil deckungsgleich. Von daher ist es nichts komplett Neues und es wird jetzt nicht alles zerhauen.«
»Das ist ja jetzt auch keine Geheimwissenschaft«
Die Herangehensweise im Training unterscheidet sich allerdings schon recht deutlich von dem unter Vorgänger Dieter Hecking. »Wenn wir höher und aggressiver pressen wollen als in den letzten Jahren, dann bedarf es dazu auch einem anderen Training. Kurze Intervalle mit hoher Intensität, das ist alles gut gesteuert. Das sind die Erfahrungen, die die neuen Trainer mitbringen – ausgerichtet auf die Art und Weise, wie wir spielen wollen. Wir haben sehr viel Manpower und Erfahrung in der Leistungs- und Trainingssteuerung, die Daten werden permanent anlaysiert. Aber natürlich ist die Belastungssteuerung eine von vielen Aufgaben, die die Saison hergeben wird.«
Geideck glaubt, dass die Spieler – die meisten kennt er schließlich besser als jeder andere im Trainerteam – mit dem veränderten Stil klarkommen werden. »Ich bin 100%ig überzeugt, dass die Spieler das annehmen wollen. Wir haben, was das angeht, wirklich eine Topmannschaft. Das merkt man auch jetzt in den Einheiten, dass sie die neuen Elemente sehr gut umsetzen. Zum Teil sind das komplexe Sachen, die nicht so einfach sind. Zum einen von der Spielintelligenz, zum anderen auch vom Wollen her. Ich denke, dass sie es auch im Wettkampf annehmen und umsetzen können. Das ist ja jetzt auch keine Geheimwissenschaft.«
von Marc Basten und Nadine Basten