Lange war es still um Lucien Favre, nachdem dieser im September letzten Jahres in Mönchengladbach quasi über Nacht verschwunden war. Fünf Niederlagen hatte der Westschweizer im Gepäck - und darüber hinaus wohl noch eine ganze Menge anderen Ballast.
Die Geschichte seines, von der Art und Weise her nach wie vor unrühmlichen Abgangs, ist zur Genüge erzählt. Die Wiederauferstehung seiner offensichtlich befreiten Fohlenelf ebenso.
Lucien Favre war in den letzten Monaten weitestgehend abgetaucht und zeigte sich nur selten in der Öffentlichkeit. Die wenigen Interviews brachten nur wenige Neuigkeiten. Nur so viel ließ sich erkennen: Der 58-Jährige will zurück auf die Trainerbank. Und in Gladbach wissen alle, dass dem Fußball etwas entgehen würde, wenn Favre sich komplett zurückgezogen hätte.
Dreijahresvertrag in Nizza
Seit heute ist klar, wohin es den Erfolgscoach künftig verschlägt: Zum OGC Nizza in die französische Liga. Dort wird er einen bis 2019 datierten Kontrakt unterschreiben. Es ist davon auszugehen, dass Favre seinen neuen Arbeitgeber nicht nur deshalb gewählt hat, weil er künftig in toller Umgebung an der Côte d’Azur leben und arbeiten darf. In der Hafenstadt im Südosten Frankreichs wird nämlich auch Fußball gespielt, selbst wenn die französische Liga in Deutschland eher wenig Beachtung findet.
Favres neuer Klub wurde in der abgelaufenen Spielzeit vierter in der Ligue 1 und ist damit für die Europa League qualifiziert. Sollte die Borussia in den Play-Offs zur Champions League scheitern, könnte es bei entsprechendem Losglück, oder -pech, zu einem Wiedersehen kommen.
Favre hatte sich vor einigen Wochen in Mönchengladbach mit den Verantwortlichen darauf geeinigt, dass ihm aufgrund seines damals noch gültigen Vertrages bei Borussia keine Steine in den Weg gelegt werden. Fortan galt er bei diversen Klubs als Kandidat, u.a. wurde er kurzzeitig bei Schalke 04 gehandelt. Wesentlich heißer schien das Gerücht, Favre könne der neue Coach in Everton werden. Doch nun landete er über den Dächern von Nizza.
Keine Sprachprobleme an der Côte d’Azur
Auf den ersten Blick eine plausible Entscheidung, weil Favre in einer Umgebung arbeitet, in der seine Muttersprache gesprochen wird. In Mönchengladbach konnte er in all den Jahren gewisse Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache nicht verhehlen, wobei er sich bei Presseterminen auch ganz gerne dahinter versteckte. Wurde er auf Französisch interviewt, fühlte sich Favre deutlich wohler und sicherer.
In der Schweiz findet Favres Wahl keine ungeteilte Zustimmung. Dort wurde spekuliert, dass Favre nach der EM den umstrittenen Nati-Coach Vladimir Petković beerben könnte, oder spätestens im Herbst einen Trainerjob in der Bundesliga oder Premiere League ergattern würde. Die Boulevardzeitung ›Blick‹ bezeichnet Favres Entschluss als eine ›Panikaktion‹. Dass Favre in die ›Anonymität des französischen Klubfußballs wechselt‹, sei ›nicht nachvollziehbar‹, ist dort zu lesen.