Borussia Mönchengladbach und die ›Alles-oder-Nichts-Spiele‹ - das passt im Jahr 2017 einfach nicht. In der Europa-League flog man äußerst unglücklich nach zwei Remis gegen Schalke raus, im DFB-Pokal strich man im Halbfinale nach einem Unentschieden gegen Frankfurt im Elfmeterschießen die Segel und im Schlussspurt um Europa kosten die beiden Remis gegen Augsburg und Wolfsburg vermutlich die internationale Teilnahme im kommenden Jahr.
In allen drei Wettbewerben waren die Gladbacher in den wichtigen Spielen das bessere Team. Durchgesetzt haben sie sich jedoch nicht gegen die Mannschaften, die alle in der aktuellen Tabelle hinter Borussia stehen. So war es nicht verwunderlich, dass nach dem 1:1 in Wolfsburg eine gewisse Frustration bei den Borussen offensichtlich wurde. Sie mussten sich erneut als Verlierer fühlen, obwohl sie gar nicht verloren haben. »Bei diesem Finalspiel war definitiv mehr drin, weil wir besser waren«, sagte Max Eberl nun schon zum wiederholten Mal in diesem Frühjahr.
In der Volkswagen-Arena beherrschten die Borussen einen verunsicherten Gegner. »Wolfsburg hat keinen Zugriff bekommen auf unser Spiel. Wir hatten immer wieder gute Aktionen Richtung Strafraum und sind verdient in Führung gegangen«, sagte Dieter Hecking, dem an alter Wirkungsstätte ein herzlicher Empfang bereitet wurde.
»Das Spiel darfst du niemals Unentschieden spielen«
»Leider haben wir es wieder verpasst, das zweite Tor nachzulegen«, ärgerte sich Hecking über die Versäumnisse im gegnerischen Strafraum. »Das Spiel darfst du niemals Unentschieden spielen«, sagte Christoph Kramer. »Nach der Pause müssen wir 2:0 führen und es hätte sich auch keiner beschweren können, wenn es 3:0 gestanden hätte.«
»Wir verpassen es, den Sack zuzumachen in der Phase, wo wir klar überlegen waren«, grummelte Kapitän Lars Stindl. Stattdessen hielt man Wolfsburg am Leben. »Das Spiel haben wir durch eigene Unzulänglichkeiten aus der Hand gegeben. Dadurch haben wir den Gegner unnötig aufgebaut«, sagte Hecking. Schon vor dem Ausgleich gab es einige haarsträubende Fehler, die dann mit dem Treffer von Gomez ihren negativen Höhepunkt fanden. »Das war ein zu einfaches Gegentor«, meinte Stindl. »Danach haben wir die Linie verloren.«
»Nach dem komplett unnötigen Tor haben wir den Faden und die Geduld verloren«, ergänzte Kramer. Die Partie war nun offen, das Momentum sprach eher für die Wolfsburger. Doch dann gab es die halbstündige Unterbrechung wegen des heftigen Gewitters. Eine Entscheidung des Schiedsrichters, für die alle Beteiligten im Nachgang vollstes Verständnis hatten.
Neusortierung in der Gewitterpause
Während die Teams in den Kabinen auf das Ende des Unwetters warteten, gingen auf den anderen Plätzen die Spiele zu Ende. Die Borussen wussten aufgrund der Ergebnisse der Konkurrenz, dass ihnen nur drei Punkte wirklich weiterhelfen würden. »Es war schon klar, dass wir mit einem Sieg die Chancen erheblich steigern konnten, das war schon der Tenor in der Gewitterpause«, bestätigte Lars Stindl.
»Wir mussten auf drei Punkte spielen«, sagte Christoph Kramer. »Wolfsburg auch. Warum die das nicht gemacht haben, weiß ich nicht. Das war ganz ohne Sinn.« Jedenfalls gehörte die Schlussviertelstunde den Gladbachern. »Wir haben unser Positionsspiel wieder gefunden und hatten noch zwei große Chancen«, sagte Stindl.
Wolfsburg verlegte sich aufs Kontern und wäre damit in letzter Sekunde fast erfolgreich gewesen. »Wenn Wolfsburg seine Konter besser ausspielt, verlieren wir«, sagte Hecking. »Aber das wäre uns in dem Fall egal gewesen.« Die Borussen wollten und mussten gewinnen, um die Optionen für Europa zu wahren.
Noch theoretische Chancen auf Platz 7
Der eine Punkt, der es letztlich wurde, eröffnet zwar noch theoretische Chancen auf Platz 7, dürfte aber letztlich zu wenig sein. »In den letzten beiden Spielen haben wir zu wenig Punkte geholt«, sagte Lars Stindl. Dennoch waren sich alle Beteiligten darüber einig, dass man Europa nicht in dieser punktemäßig mehr als guten Rückrunde, sondern durch die katastrophale Bilanz der Hinrunde verspielt hat. »Borussia hat in den letzten fünf Jahren sehr konstant gespielt und es war jetzt ein Halbjahr dabei, das echt Kacke war«, meinte Christoph Kramer. »Das mussten wir in der Rückrunde ausbügeln.«
»Dass wir vor dem letzten Spieltag immer noch über Europa nachdenken dürfen, ist nach den 16 Punkten, mit denen wir ins neue Jahr gegangen sind, nicht hoch genug zu bewerten«, sagte Max Eberl. Damit es doch noch ein Happy-End werden kann, müssen allerdings Köln und Bremen mitspielen und Dortmund den Pokal holen. »Erstmal müssen wir unser Spiel gegen Darmstadt gewinnen«, blickte Dieter Hecking auf den letzten Spieltag. »Bremen hat ein sehr schweres Auswärtsspiel in Dortmund. Und wir wissen, dass die Kölner gut drauf sind, aber sie treffen auf unangenehme Mainzer, die frei aufspielen können.«