Die Konstellation beim Freitagabendspiel in Hannover ist schon recht kurios. Das schwächste Heimteam der Liga empfängt die drittschlechteste Auswärtsmannschaft. Das klingt nach Gruselkick unter Flutlicht, doch so muss es nicht kommen. Denn der Gast aus Mönchengladbach schnuppert trotz der miserablen Auswärtsbilanz an den europäischen Fleischtöpfen, während Hannover befreit aufspielen kann, weil ein Verbleib in der Bundesliga nur noch theoretischer Natur ist.
»Sie befinden sich in einer fast ausweglosen Situation und wissen, dass sie nichts mehr zu verlieren haben«, sagte Borussias Trainer André Schubert am Mittwoch. »Der Druck ist etwas weg und sie werden sich teuer verkaufen wollen«. Einen ersten Vorgeschmack gab der Auftritt der 96er unter Interimstrainer Stendel beim 2:2 in Berlin. »Da waren sie sehr mutig und haben eine wirklich gute Leistung gezeigt«.
»Ich gehe davon aus, dass sie so weitermachen und uns hoch attackieren werden«, so Schubert. »Darauf müssen wir uns einstellen«. Gegen ein aggressives und pressendes Team holten sich die Gladbacher am vergangenen Samstag noch eine blutige Nase. »Mit Hannover ist das Spiel in Ingolstadt nicht zu vergleichen«, wiegelte Schubert ab. »Sie spielen nach Ballgewinnen anders, als Ingolstadt«.
»Gut analysiert, aber nicht gut umgesetzt«
Die schmerzhafte Niederlage beim Aufsteiger wirkt noch nach. »Es war extrem ärgerlich. Alle Mannschaften suchen nach einer bestimmten Lösung, wie sie gegen Ingolstadt spielen. Wir haben es schon gut analysiert, aber nicht gut umgesetzt«.
In Hannover soll und muss die miese Auswärtsbilanz aufpoliert werden, selbst wenn nicht wenige unken, dass es ‚typisch Borussia‘ wäre, wenn Hannover ausgerechnet am Freitag der erste Heimsieg 2016 gelingen sollte.
Immerhin wird Raffael der Fohlenelf wieder zur Verfügung stehen. »Einem Einsatz von Raffa steht nichts entgegen«, verkündete Schubert. »Er ist unser bester Torschützte und Scorer und zudem ein wichtiger Spieler von der Art und Weise, wie er spielt«. Dass der Brasilianer in Ingolstadt nicht dabei war, wollte Schubert allerdings nicht als Ausrede für die Niederlage heranziehen. »Wenn ein Spieler fehlt, darf das keine Entschuldigung sein«.
»Es wird den ganzen Sommer noch extrem turbulent werden«
Somit wird auch das Fehlen von Granit Xhaka nicht als Grund dafür herhalten dürfen, wenn es am Freitag neuerlich schief gehen sollte. Wer den Schweizer im Zentrum ersetzen wird, ließ Schubert offen. Er gewährte keinerlei Einblick in seine Planungen. Naheliegend ist es, Nordtveit mit der Aufgabe zu betrauen. Gleichwohl gibt es einige andere Konstellationen, die denkbar sind.
Obwohl Xhaka in Hannover nicht spielen wird, sorgte er auch am Mittwoch für Gesprächsstoff. Ein angebliches 30-Mio Angebot, so verlautete aus England, soll bei Max Eberl eingetroffen sein. »Es gibt kein Angebot für Granit«, stellte Borussias Sportdirektor klar.
Fast täglich wird Eberl mit zum Teil abstrusen Gerüchten konfrontiert. Wohl wissend, dass er keine Chance hat, dem aus dem Weg zu gehen. »Es wird den ganzen Sommer noch extrem turbulent werden«, ist sich Eberl sicher.
Ruhe und Gelassenheit im heißen Schlussspurt
Doch vor der ausufernden Gerüchteküche schreckt es Eberl nicht. Vielmehr macht er sich Sorgen um die Endphase der Transferperiode, wenn die neue Saison schon gestartet ist. Kommen da unmoralische Angebote auf den letzten Drücker, die man als Verein unmöglich ausschlagen kann, könnte einem selbst die beste Kaderplanung um die Ohren fliegen.
Doch bis zur wirklich heißen Transferphase ist es noch ein Stück hin. Heiß ist aktuell der Schlussspurt in der Bundesliga, wobei Eberl auch hier zur »Ruhe und Gelassenheit« aufruft. »Gas geben, demütig und realistisch bleiben und trotzdem alles in die Waagschale werfen, was wir haben«, formulierte er seine Erwartungen an das Team. »Wenn die Mannschaft sich über die Hindernisse hinwegsetzt, sich wehrt und nicht beeinflussen lässt, dann werden wir die Punkte holen, die uns zustehen«. Drei davon sollen es am Freitag sein.