Ganz ohne Frage - für die Attraktivität der Bundesliga war die Partie in Sinsheim am Ostersamstag eine erstklassige Werbeveranstaltung. »Es war ein überragendes Fußballspiel«, schwärmte Dieter Hecking. »Hochgeschwindigkeitsfußball mit offenem Visier, beide waren stets im Vorwärtsgang. Ich habe meiner Mannschaft in der Kabine ein Riesenkompliment für diesen Auftritt gemacht.«
Ungewöhnliche Worte für einen Trainer, dessen Team gerade mit 5:3 verloren hat. Doch Dieter Hecking ist erfahren genug, eine durchaus angebrachte Kritik allenfalls hinter verschlossenen Türen zu üben. Schließlich hat er selbst die Parole ausgegeben, dass Borussia in den verbleibenden Spielen nach oben angreifen will. Dass man sich bei einer solch forschen Herangehensweise wie in Sinsheim bei einem starken Gegner eine blutige Nase holen kann, muss einkalkuliert werden.
Wobei Borussia keinesfalls hoffnungslos unterlegen war - im Gegenteil. »Wir waren heute nicht zwei Tore besser«, bekannte TSG-Coach Nagelsmann. »Gladbach hätte den Sieg auch verdient gehabt.«
»... der hat nicht mehr alle Latten im Zaun«
Der Spielverlauf war kurios, wobei auch Schiedsrichter Dingert eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Beim 1:0 der Gastgeber übersahen die Spielleiter eine hauchdünne Abseitsposition des Torschützen, vor dem 2:0 spielte Wagner den Ball an der Mittellinie mit der Hand. Bei Gladbachs Anschlusstreffer durch Vestergaard war alles in Ordnung, das 2:2 nach dem Handspiel von Hofmann war mehr als diskussionswürdig.
Wobei Jonas Hofmann eine ganz klare Meinung vertrat: »Ich bin ausgebildet als Handballer, aber wenn ich die Szene bewerten soll, hat jeder, der meint, der Schiedsrichter hätte abpfeifen müssen, nicht mehr alle Latten im Zaun.«
»Es ist keine aktive Bewegung zum Ball und wenn es keine Absicht war, geht das Spiel weiter. Das hat auch der Schiedsrichter gesagt.« Mit dem Ausgleich hatte Borussia die Partie zur Halbzeit wieder auf Null gestellt. Und zu Beginn des zweiten Durchgangs waren die Gladbacher drauf und dran, selbst in Führung zu gehen.
Hahns Pfostenschuss wird zum Knackpunkt
»Wenn wir da das 3:2 machen, wird es ein anderer Spielverlauf«, meinte Dieter Hecking und sprach auf die Großchance von André Hahn an, der aus kurzer Distanz nur den Pfosten traf. »Wenn wir da in Führung gehen, dann sind wir eine Mannschaft, die defensiv auch gut stehen kann«, ergänzte Hofmann. »Das klingt vielleicht blöd, wenn man fünf Tore kassiert. Aber ein 3:2 hätte man dann doch anders verteidigen und auf die Konter lauern können.«
Stattdessen brachte sich Hoffenheim wieder in die Pole-Position - unter gütiger Mithilfe der Borussen bei der ›Nichtverteidigung‹ eines Standards, aber auch des Schiedsrichters.
»Vor dem Freistoß zum 3:2 war es kein Foul«, gab Julian Nagelsmann zu. Die Mannschaft des jüngsten Bundesligatrainers legte mit einem fulminanten Distanztor nach (Hecking: »Das war nicht zu verteidigen«), doch Borussia verkürzte nochmals.
Schiedsrichter vom Tempo schlichtweg überfordert
Die endgültige Entscheidung zum 5:3 war wiederum irregulär, weil ein deutliches Stürmerfoul von Vorbereiter Kramaric an Christensen vorlag. Doch erneut war das Unparteiischengespann überfordert. »Kein Vorwurf an den Schiedsrichter, das war für ihn wahnsinnig schwer bei dem hohen Tempo«, zeigte Dieter Hecking Verständnis. »Er wusste wohl nicht, was heute auf ihn zukommt und wie schnell er hin und her laufen musste.«
Trotz der fünf Gegentore strahlten die Gladbacher Optimismus aus. »Die Mannschaft lässt sich von der Niederlage nicht beeindrucken, wir gehen weiter unseren Weg und werden auch weiterhin Vollgas geben«, kündigte Jonas Hofmann an. Sein Trainer, der bis Dienstag frei gab, bestätigte: »Trotz der Niederlage gehe ich mit einem richtig guten Gefühl aus Hoffenheim weg. Wir werden weiter alles versuchen, um nach Europa zu kommen.«