Der Blick auf den Aufstellungsbogen ließ am Samstagabend in der Frankfurter Arena die Herzen der Borussenanhänger höher schlagen. Raffael und Stindl wieder vereint, dazu Hazard erstmals seit Florenz von Anfang an dabei. Daneben der wiedergenesene Mo Dahoud auf seiner Abschiedstour - das versprach Kreativität und Tempo im Spiel nach vorne.
Die Realität sah allerdings ganz anders aus. Vor allem in der Offensive enttäuschten die Borussen auf ganzer Linie. »Wir hatten keine Kreativität und Sicherheit bei eigenem Ballbesitz«, räumte Lars Stindl anschließend ein. »Gerade in der ersten Halbzeit hatten wir überhaupt keinen richtigen Zugriff. Auch nach der Pause war alles zu ungenau und es fehlte die Passsicherheit.«
Die Borussen wirkten im Umschaltspiel träge und ließen sich von den Frankfurtern mit sehr einfachen Mitteln den Schneid abkaufen. »Das war ein sehr lethargischer Auftritt von uns«, gab Dieter Hecking zu. »Heute war es weniger eine taktische Frage, sondern vielmehr des Willens und der Bereitschaft. Da war uns die Eintracht eine Klasse überlegen. Am Ende hat die deutlich schlechtere Mannschaft einen Punkt geholt.«
»Ich dachte, sie seien ein Stückchen weiter«
»Vielleicht muss ich das auf meine Kappe nehmen«, sinnierte der Trainer. »Ich habe vier, fünf Spieler in der Startelf gebracht, von denen ich dachte, sie seien ein Stückchen weiter. So haben wir an Dynamik und Körperspannung verloren.«
Max Eberl sah das ähnlich: »Wenn verletzte Spieler zurückkommen, haben sie nicht sofort ihre alte Form. Gerade bei unseren Kreativspielern haben wir das heute gemerkt.« Die Folge war ein nicht existentes Gladbacher Offensivspiel mit mehreren Totalausfällen. Hinten mühte man sich redlich und hielt sich letztlich mit Glück und einem überragenden Yann Sommer schadlos.
»Wir waren in vielen Bereichen unterlegen und können uns bei Yann bedanken, der uns mit zwei, drei herausragenden Paraden das 0:0 geholt hat«, sagte Hecking. »Yann Sommer hat sich für die Leistungen der letzten Wochen belohnt und uns den Punkt gerettet«, ergänzte Eberl.
Sommer hält endlich einen Elfmeter
Die größte Tat war fraglos die Parade beim Elfmeter, was vor allem wegen der Vorgeschichte eine Besonderheit war. Der in der Schweiz als Elfmeterkiller gefürchtete Goalie parierte in Frankfurt den allerersten Elfer während seiner Gladbacher Zeit. »Das hat ihn schon gewurmt«, wusste Lars Stindl zu berichten.
Sommer selbst wollte die Sache nicht so hoch hängen. »Ich hatte das Glück auf meiner Seite, irgendwann musste es ja mal kommen.« Gleichwohl ließ er durchblicken, dass er in der Vorbereitung zuletzt etwas verändert hat. Was das genau war, wollte er nicht verraten. Jedenfalls tänzelte er auffälliger als sonst auf und hinter der Linie und wählte letztlich die richtige Ecke.
Doch der ›Punktretter‹ Sommer wollte lieber über etwas anderes reden, als die Elfmetergeschichte. »Das war kein gutes Spiel von uns«, monierte er. »Wir müssen mit mehr Power agieren und uns Tormöglichkeiten erspielen«. Die Forderung des Schweizers war eindeutig: »Wir müssen wieder in den Flow kommen.«
»... was da alles phantasiert worden ist«
»Wir haben definitiv Luft nach oben und müssen in Zukunft besser spielen«, unterstrich Max Eberl. Das Resümee fiel beim Blick auf die Tabelle zweigeteilt aus. Nach oben wurde der Abstand auf vier Punkte verkürzt, allerdings sind es auch nur noch vier Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz. »Von der Leistung her geht der Blick eher nach unten, das Remis ist eher ein Punkt im Rennen nach oben«, meinte Eberl. »Nach der englischen Woche wird einiges klarer sein«.
Klar ist derweil, dass es mit Max Eberl und Borussia weitergeht. Am Samstag gab der Verein bekannt, dass der Kontrakt des Sportdirektors vorzeitig bis 2022 verlängert wurde. »Das ist ein wichtiger Baustein für die Borussia und ein Fundament für die Zukunft«, kommentierte Kapitän Lars Stindl. Am Donnerstag informierte Eberl die Mannschaft, was laut Stindl »sehr positiv angekommen ist«. Eberl selbst sprach davon, dass es »sehr emotional« gewesen sei.
Auch Trainer Dieter Hecking zeigte sich erfreut. »Für Borussia Mönchengladbach ist das eine herausragende Entscheidung«, sagte er und lobte die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Eberl. »Es ist so, als ob wir schon fünf Jahre zusammenarbeiten.« Durch die Vertragsverlängerung können auch alle Spekulationen um einen Eberl-Wechsel zu den Bayern beendet werden. »Manchmal muss man sich wirklich wundern, was da von außen in die Aussagen hinein interpretiert wird«, sagte Hecking. »Wir haben oftmals gelacht in seinem Büro, was da alles phantasiert worden ist.«