Es war ein bemerkenswertes Auftaktspiel in die neue Saison, das sich Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen am Samstagabend bei über 30 Grad im Borussia-Park lieferten. Mit ein paar Sekunden Verspätung pfiff Dr. Brych das Topspiel an, weil Maskottchen Jünter noch fidel auf dem Platz tanzte und partout nicht verschwinden wollte. Vermutlich war der arme Kerl unter dem Kostüm einfach überhitzt.
Doch dann starteten beide Teams ohne Anlaufzeit durch und boten von Beginn an ein wirkliches Spitzenspiel. »Es war sehr intensiv, mit einer hohen Schlagzahl und vielen Zweikämpfen«, sagte André Schubert anschließend. Leverkusen zog sein bekanntes Pressing auf, Borussia versuchte, Lösungen zu finden. »Es war nicht so leicht im Spielaufbau«, so Schubert. »Aber insgesamt bin ich zufrieden, wie wir das gelöst haben«.
»Wir sind dem Gegenpressing von Leverkusen einige Male sehr gut begegnet und standen deswegen ein paar Mal blank vor dem Tor von Bernd Leno«, sagte Rückkehrer Christoph Kramer. Bis auf einen Abschluss von Bellarabi und den Lattenkopfball von Tah nach einem Standard hielten die Borussen die Gäste im ersten Durchgang erfolgreich vom eigenen Tor fern. Auf der anderen Seite schossen Raffael und Wendt innerhalb weniger Augenblicke Leno zweimal an, später traf Hahn freistehend den Kopf des Bayer-Keepers.
»Da habe ich den Ball schlecht mitgenommen und zu lange gebraucht«, gab Hahn anschließend zu. »Ich habe gewusst, dass ich ruhiger und zielstrebiger sein muss, wenn ich nochmal eine Chance bekomme. Zum Glück war das kurz darauf der Fall«.
In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit behielt Hahn die Nerven, nachdem zuvor Tah einen schnell ausgeführten Freistoß von Kramer unfreiwillig in den Lauf des Borussen verlängert hatte.
Hahn machte also da weiter, wo er im letzten Heimspiel der vergangenen Saison aufgehört hatte: Mit dem Toreschießen gegen Leverkusen. Der Doppelpack aus dem Mai war auch ein Grund, warum Hahn den Vorzug vor ›Dreierpacker‹ Thorgan Hazard erhielt. »Deshalb und weil André im Kopfballspiel Vorteile hat, wenn wir uns mit langen Bällen aus dem Gegenpressing befreien«, erklärte Schubert seine Entscheidung.
André Hahn gab die Antwort auf den Frust, den er am Mittwoch beim Schützenfest gegen Bern geschoben hatte. »Man freut sich riesig fürs Team, aber natürlich ist es schwer, wenn man auf der Bank sitzt, während die anderen Stürmer alle treffen, wie sie wollen«.
Gegen Leverkusen war Hazard (Schubert: »Thorgan hat gegen Bern am Limit gespielt«) zunächst nur Zuschauer, wurde als Einwechselspieler mit seinem tollen Pass zum Siegtor dann doch noch zu einem Hauptdarsteller dieses denkwürdigen Fußballabends.
Das Spiel hatte zur zweiten Halbzeit sogar noch an Intensität zugenommen, weil beide Teams unbedingt gewinnen wollten. »Es war ein Spektakel und bis zur letzten Minute ein offener Schlagabtausch«, sagte André Schubert. Leverkusen hatte in der ersten Phase nach der Pause Vorteile, danach gewann Borussia etwas die Oberhand.
Dennoch war der Ausgleichstreffer für Bayer vom Spielverlauf her keineswegs unverdient, selbst wenn er für Borussia sehr unglücklich war. Christensens Rettungsaktion wäre fast zum Eigentor geworden, Sommer reagierte hervorragend und war kurz darauf doch geschlagen, weil die Leverkusener hellwach waren. »Das war schon bitter, zehn Minuten vor dem Ende den Ausgleich zu kassieren«, sagte Oscar Wendt. »Aber ich habe daran geglaubt, dass wir noch die eine Chance bekommen«.
»Wir haben uns nach dem Gegentor nicht unterkriegen lassen, einfach weitergemacht und den Sieg erzwungen«, freute sich André Hahn. Er hatte gerade seinen Platz für Hazard geräumt, als dieser den Assist zum Siegtreffer durch Lars Stindl gab.
Kurz darauf konnten die Borussen erschöpft, aber rundweg glücklich die Arme in die Höhe reißen. »Es waren heute schon brutale Umstände«, meinte Christoph Kramer. »Aber wir haben es gut gemacht«.
Einen Anteil am Auftakterfolg darf man durchaus auch den Fans zusprechen, die für mächtig Rabatz sorgten. Vor allem der auf das Spielgeschehen bezogene Support war eines Topspiels würdig. Das empfand auch André Schubert so: »Ein großes Kompliment an die Fans. Wenn es so auf des Messers Schneide steht, brauchst du jede Unterstützung«.