Man kann Nico Elvedi sicherlich als einen der Senkrechtstarter der letzten Saison bezeichnen. Mit gerade einmal 18 Jahren wechselte er vom FC Zürich zur Borussia, spielte zu Beginn erst einmal nur bei der U23 und feierte ausgerechnet gegen den FC Bayern sein Startelfdebüt bei den Profis. Seine anhaltend gute Leistung wurde in der Folge nicht nur mit einem Stammplatz, sondern auch mit der Teilnahme an der Europameisterschaft belohnt. Doch der 19-jährige Schweizer ist trotz seines rasanten Aufstiegs auf dem Boden geblieben. Nicht nur auf dem Platz macht der junge Verteidiger einen ruhigen und abgeklärten Eindruck. Im Interview mit TORfabrik.de spricht Nico Elvedi über...
...die Zeit nach der Europameisterschaft und den Wiedereinstieg:
Nach der EM hatte ich 2 ½ Wochen Urlaub. In der ersten Woche musste ich die Abschlussprüfung meiner kaufmännischen Ausbildung ablegen, danach habe ich mir eine Woche Urlaub in Italien gegönnt. Der Wiedereinstieg ins Training nach dieser Pause ging dann aber relativ schnell. Zwar hätte ich nichts dagegen gehabt, noch ein paar Tage länger zu entspannen, aber ich freue mich natürlich, dass es nun wieder losgeht.
...über das vergangene Jahr und die Nominierung für die Europameisterschaft:
Das letzte Jahr war einfach super schön. Es gab so viele unvergessliche Momente, aber das Champions League Spiel gegen Manchester war ganz klar mein Highlight. Es ist ein unbeschreiblicher Moment, wenn du auf dem Platz stehst und die Hymne gespielt wird. Sonst kennt man das nur aus dem Fernsehen und kann bloß davon träumen, selbst einmal dort zu stehen. Für mich ist dieser Traum wahr geworden. Bei der EM dabei zu sein, war dann natürlich auch ein ganz besonderer Moment. Es war wie ein Dessert als Belohnung für dieses tolle Jahr. Auch wenn ich im Turnier nicht gespielt habe, war es doch eine großartige Erfahrung, dabei gewesen zu sein.
...seine Erwartungen nach dem Wechsel zur Borussia:
Nach meinem Wechsel zu Mönchengladbach habe ich mir erhofft, ein paar Spiele machen zu können. Wer hätte gedacht, dass ich dann doch so viele Einsätze haben würde. Ich vermute, dass es schon ein kleiner Vorteil war, dass ich unter André Schubert ein paar Partien in der U23 gemacht habe. Er wusste also bereits, wie ich ticke und was ich draufhabe. Der Trainer hat mir dann auch bei den Profis das Vertrauen geschenkt, worüber ich sehr froh bin.
...den Umgang mit Fehlern:
Natürlich stört es mich, wenn ich einen Fehler im Spiel mache. Ich bin aber recht gut darin, mich nicht von diesem Fehler aus dem Konzept bringen zu lassen. Ich versuche, mich direkt wieder auf die nächste Aktion zu konzentrieren. Ich bin einfach ein Typ, der auch vor Spielen nicht wirklich nervös ist. Ich versuche, immer ruhig zu bleiben und mein Ding durchzuziehen. Warum ich so ruhig bin, weiß ich auch nicht – so bin ich wohl schon geboren worden. Aber ich muss trotzdem gestehen, dass meine Gelassenheit vor der Partie gegen die Bayern ein bisschen gelitten hat. Aber das ist so im Fußball. Ein wenig Aufregung gehört manchmal dazu.
...seine Lieblingsposition:
In der Abwehr kann ich eigentlich jede Position spielen, egal ob Dreier- oder Viererkette. Letzte Saison haben wir oft mit Dreierkette gespielt. Das kannte ich schon aus Zürich. Wenn ich mich entscheiden müsste, wäre mir eine Position in der Dreierkette am liebsten.
...seine Ausbildung und den erfolgreichen Abschluss:
Als Fußballer, besonders als junger, ist es immer gut, ein zweites Standbein zu haben. Das war natürlich meinen Eltern, aber auch mir selbst sehr wichtig. Man weiß nie, was alles passieren kann. Deshalb habe ich nebenher noch eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen. Wenn ich kein Profifußballer geworden wäre, hätte ich wahrscheinlich auch eine Karriere im kaufmännischen Bereich eingeschlagen und würde in einem Büro sitzen, statt auf dem Platz zu stehen. Borussia hat mich bei meiner Ausbildung sehr unterstützt. Einmal die Woche habe ich in der Geschäftsstelle gearbeitet und so den Verein nochmal aus einer ganz anderen Perspektive kennengelernt. Auch, wenn ich mich in den nächsten 10 bis 15 Jahren ganz auf den Fußball konzentrieren möchte - falls doch etwas passieren sollte, bin ich für die nächste Zeit immerhin abgesichert. Sollte in meiner Karriere alles glatt laufen, könnte ich mir vorstellen, später auch in den Trainerbereich zu gehen.
...seine Zukunftspläne:
Es ist mein Traum, irgendwann einmal in der Premiere League zu spielen. Aber im Moment bin ich bei Borussia Mönchengladbach und fühle mich hier sehr wohl. Ich bin gerade mal 19 Jahre alt und habe hier sicherlich noch eine lange und schöne Zeit vor mir. Ich möchte diese Zeit mit dem Klub genießen.
...seinen Bruder Jan:
Mein Zwillingsbruder Jan spielt zurzeit beim FC Winterthur in der Schweiz, ist aber gerade auf der Suche nach einem neuen Verein. Er durfte in Gladbach probeweise trainieren und ist sogar beim Testspiel der Profis gegen Arminia Bielefeld im März zum Einsatz gekommen. Ich habe ihm den Wechsel ausgeredet, er spielt schließlich auf der gleichen Position und wäre ein Konkurrent für mich - das kann ich nicht zulassen. Spaß beiseite, ich würde immer wieder gerne mit ihm in einer Mannschaft spielen, denn wir haben schon in Zürich von der U11 bis zur U15 zusammengespielt.
...die Anfangszeit in Mönchengladbach:
Am Anfang war es für mich als 18-jährigen schon eine spezielle Situation, so weit von zu Hause weg zu sein. Das erste Mal weg von den Eltern und dann gleich ins Ausland. Deshalb hatte ich gerade zu Beginn ein bisschen Heimweh. Ich bin deswegen auch oft in die Schweiz gefahren und habe meine Eltern und Freunde besucht. Mit der Zeit habe ich mich aber an das Leben hier gewöhnt, und auch das Heimweh war nicht mehr so stark. Inzwischen gibt es gar keine Probleme mehr. Was mir bei der Eingewöhnung geholfen hat, waren meine Schweizer Kollegen bei Borussia. Vor allem mit Djibril Sow habe ich immer viel unternommen. Ich kenne ihn schon ewig, wir sind gemeinsam zur Schule gegangen und haben auch beide beim FC Zürich gespielt. In meinen Augen ist er nicht nur ein guter Freund, sondern auch ein guter Fußballer. Er hat viel Qualität, und ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, bis er seinen Durchbruch schafft.
...seine Stärken und Schwächen:
Über meine Stärken und Schwächen kann ich nicht viel sagen, das sollen andere beurteilen. Wenn ich jetzt aber eine Schwäche nennen müsste, wäre es sicherlich die fehlende Erfahrung. Aber mit 19 ist es beinahe unmöglich, ein gestandener Spieler zu sein. Das wird alles mit der Zeit kommen.
...Zu-und Abgänge in der Sommerpause:
Natürlich sind die Abgänge ein Verlust für uns. Gerade Granit, denn er hat das Spiel geleitet und war einer unserer wichtigsten Spieler. Mit Chris Kramer haben wir dafür aber auch einen mehr oder weniger neuen Mann in unserem Team, der die Mannschaft leiten kann. Ich bin mir sicher, dass die Neuzugänge die Lücke schließen können, die die Abgänge hinterlassen haben.
...seine Erwartungen an die neue Saison:
Ich möchte an erster Stelle meine Leistung der letzten Saison bestätigen. Es ist mir bewusst, dass bei uns ein großer Konkurrenzkampf herrscht und es nicht einfach sein wird, wieder so viele Spiele machen zu können, wie in der Rückrunde. Dafür werde ich aber alles geben und mich zeigen. Wenn dem Trainer das gefällt, wird er mich auch hoffentlich wieder aufstellen. Und falls es mit den Einsätzen in der Bundesliga klappt, wäre es sicherlich auch toll, wieder zur Nationalmannschaft eingeladen zu werden.
...seinen Wunschgegner auf internationalem Parkett:
Gegen Real Madrid in der Champions League zu spielen, wäre richtig geil. Real ist einfach eine super Mannschaft und gerade mit den Siegern der Champions League will sich doch jeder Profifußballer gerne messen.