Als Dieter Hecking Anfang Januar seine Arbeit im Borussia-Park aufnahm, war die Gemütslage in Mönchengladbach bedrückt. Sportdirektor Max Eberl wollte mit dem Trainerwechsel eine gewisse Aufbruchstimmung erzeugen, um Mannschaft und Umfeld aus der Lethargie zu befreien, die sich in den letzten Wochen auf gefährliche Art und Weise breitgemacht hatte.
Zwar herrschte allgemein Erleichterung vor, dass das festgefahrene Kapitel André Schubert beendet war, doch eine richtige Euphorie löste die Vorstellung von Dieter Hecking nicht aus. Als sich die Mannschaft eine Woche vor dem Ligaauftakt beim Telekom-Cup ganz schlecht präsentierte, musste beim Blick auf die Tabelle Schlimmestes befürchtet werden.
Drei Monate und 15 Pflichtspiele später fällt die erste Bilanz unter Dieter Hecking äußerst positiv aus. Trotz einer verhältnismäßig kurzen Vorbereitungszeit drehte Hecking von Beginn an die richtigen Stellschrauben. Er führte mit dem 4-4-2 ein bewährtes System fest ein, installierte eine Achse und vor allem legte er den Fokus auf eine stabile Defensive. »Die Grundvoraussetzung ist immer die Arbeit gegen den Ball«, sagte Hecking auf seiner ersten Pressekonferenz im Januar.
Zurück zu den Wurzeln
Die Herangehensweise erinnerte stark an die Maßnahmen, die Lucien Favre 2011 bei seiner Amtsübernahme ergriff. Unter Hecking ging es für den Neustart quasi zurück zu den Wurzeln, nachdem die von Schubert angedachte Weiterentwicklung letztlich in Irrungen und Wirrungen endete.
Dass die Mannschaft die Vorgaben so schnell erfolgreich umsetzen konnte, war einerseits überraschend, andererseits auch fast schon lebensnotwendig. Denn obwohl Borussia das drittbeste Team der Rückrunde ist, kann man sich in Bezug auf den Relegationsplatz noch nicht beruhigt zurücklehnen.
Die Wichtigkeit der Siege in Leverkusen und Bremen, aber auch daheim gegen Freiburg, wird rückblickend nochmals deutlich aufgewertet. Wäre die Mannschaft nicht so früh in den Flow gekommen, würde man die ganze Zeit mit einem Bein im Keller festhängen. Angesichts des Hammerprogramms wäre das extrem belastend gewesen.
Das erste Fazit fällt rundum erfreulich aus
So aber trug sich das Team über die Erfolge selbst durch den Großteil englischen Wochen. In der Liga stabilisierte sich Borussia deutlich und tendiert, selbst wenn es zuletzt den kleinen Knick mit den Niederlagen in Hamburg und gegen die Bayern gab, klar zu einem einstelligen Tabellenplatz. Im DFB-Pokal steht man nach zwei Auswärtsprüfungen im Halbfinale, in der Europa-League mussten die Borussen gegen Schalke ungeschlagen und aufgrund der Schiedsrichterfehlentscheidungen, sowohl im Hin- als auch im Rückspiel, äußert unglücklich die Segel streichen.
Die letzte Woche vor der Länderspielpause war zwar ernüchternd, doch sie kann den guten Eindruck nicht trüben, den Borussia im ersten Quartal unter Dieter Hecking hinterlassen hat. Der Coach hat nicht nur die geeigneten Maßnahmen ergriffen, sondern er wirkt auch als Persönlichkeit. Gegenüber der Mannschaft findet er die richtige Ansprache, alles ist klar, geordnet und nachvollziehbar. Hecking strahlt, auch im Umgang mit den Medien, eine große Ruhe und Souveränität aus, die im so künstlich aufgeregten Fußballzirkus äußerst wohltuend ist.
Das erste Fazit der ›Hecking-Zeit‹ fällt rundum erfreulich aus. Er hat die Mannschaft in die Spur gebracht und sich durch seine Arbeitsweise und seinen Charakter Respekt verschafft. Im zweiten Quartal wird es darum gehen, weiter Stabilität zu gewinnen und möglichst etwas von dem zu ernten, was in den anstrengenden letzten Wochen gesät wurde. Gleichzeitig muss der Blick perspektivisch auf die neue Saison gerichtet werden. Wie sich Borussia für 2017/2018 aufstellt, wird auch davon abhängen, welche Vorstellungen Dieter Hecking einbringt. Er wird Borussia ganz sicher nicht revolutionieren wollen, doch die Erweiterung des Repertoires dürfte Hecking, mit aller Besonnenheit, unzweifelhaft im Blick haben.