Eine Woche hat Borussia Mönchengladbach am Tegernsee unter bekannt guten Bedingungen trainiert und drei Testspiele absolviert. »Ich habe einige interessante Dinge gesehen«, sagt Lucien Favre. Dessen ungeachtet schränkt der Schweizer ein: »Unter den gegebenen Umständen haben wir unser Bestes gemacht. Viele Spieler konnten noch nicht zu hundert Prozent trainieren«.
Die Nationalspieler waren erst kurz vor dem Trainingslager aus dem Urlaub zurückgekehrt. »Sie sind noch nicht so weit. Wir mussten die Belastung dosieren«, erklärt Favre. Daher wechselte Borussias Trainergespann bei den Testspielen jeweils zur Pause komplett durch. 90 Minuten wären für einige zu viel gewesen. »Das wäre tödlich, die Verletzungsgefahr war zu hoch«, sagt Favre.
Einen (Trainings-)Verletzten gab es dennoch zu beklagen. Nico Elvedi (Innenbandriss) wird einige Zeit ausfallen. »Das ist sehr schade«, so Favre, der zudem die ganze Woche auf Thorgan Hazard verzichten musste. »Normalerweise ist die Verletzung nicht schlimm«, gab der Coach Entwarnung. »Thorgan kann mit vollem Tempo laufen und hat eine sehr gute Ausdauer. Er ist sofort wieder bereit. Ich hoffe, dass er Mittwoch wieder einsteigen kann«.
Álvaro Dominguez hat seine mysteriösen Rückenprobleme immer noch nicht ganz überwunden. In Rottach trainierte er fast immer mit, spielte aber nur am Sonntag im letzten Test gegen Lüttich. Anschließend ging der Daumen des Spaniers nur sehr zögerlich nach oben, als er nach seinem Befinden gefragt wurde. Martin Stranzl trainierte wieder mit, wurde in den Spielen noch geschont.
Auffällig gut drauf war über die ganze Woche Ibrahima Traoré, auch André Hahn sprühte vor Ehrgeiz. Die Vermutung, dass der Ex-Augsburger künftig als zentraler Stürmer eingeplant wird, bestätigte Lucien Favre.
Interessant und aufschlussreich war der Blick auf die neuen Spieler. Lars Stindl bestätigte seine Vielseitigkeit auf mehreren Positionen im Training. In den Testspielen agierte er als zweiter Sechser und zeigte, dass er durchaus auch den defensiven Part beherrscht.
Nico Elvedi hinterließ bis zu seiner Verletzung einen guten Eindruck, wurde meist innen oder auf der linken Abwehrseite positioniert. Sein Ausfall und die Einschränkungen bei Martin Stranzl und Álvaro Dominguez führten dazu, dass Andreas Christensen fast ausschließlich als Innenverteidiger spielte und trainierte. Die Planspiele, den jungen Dänen auch auf der Sechserposition zu berücksichtigen, wurden bis auf Weiteres auf Eis gelegt. Zumal Christensen in der Innenverteidigung einen bärenstarken Eindruck hinterließ.
Technisch saubere und selbstverständliche Ballbehandlung, gutes Stellungsspiel und eine erstaunliche körperliche Präsenz lassen den Dänen nicht als 19-Jährigen Perspektivspieler, sondern als ›Soforthilfe‹ erscheinen. Auch Lucien Favre zeigte sich angetan von Christensen, trat jedoch auf die Euphoriebremse: »Ein guter Spieler muss gut sein unter Druck. Erst dann kannst du sie wirklich beurteilen«.
Die Überraschung des Camps in Rottach war sicherlich Djibril Sow. Der erst 18-Jährige Neuzugang vom FC Zürich verblüffte sogar Lucien Favre. »Ich war überrascht von seiner Qualität«, so Favre. »Er versteht sehr gut Fußball, bewegt sich richtig. Obwohl er eher ein zentraler Mittelfeldspieler ist, hat er es hier auf den Seiten sehr gut gemacht. Er ist sehr clever, bewegt sich intelligent, antizipiert gut«.
Zunächst bleibt Sow, wie die anderen jungen Spieler, bei der ersten Mannschaft. Geplant ist weiterhin, dass Sow bei der U23 zum Einsatz kommt. Bestätigt er den bisherigen Eindruck nachhaltig, dürfte er zwangsläufig nach ›oben‹ gezogen werden.
Mit Josip Drmić hat ein weiterer Neuzugang seine Duftmarke hinterlassen. Zwei Tore in den Testspielen und der erkennbare Wille, sich im Gladbacher System zurechtzufinden, sprechen für den Schweizer Nationalspeiler. Freilich ist der Anpassungsprozess noch nicht abgeschlossen. »Man sieht, dass er auch von der Nationalmannschaft her gewohnt ist, vorne zu spielen und in die Tiefe zu laufen. Er hat probiert, mit der Mannschaft zu spielen. Das zu beherrschen, wird eine Zeit dauern. Wir sehen seine Qualität, aber auch, was er korrigieren muss. Das ist viel Arbeit«.
Drei Wochen bleiben noch für den Feinschliff bis zum Pflichtspielauftakt. »Es ist viel zu tun, wir werden sehen«, sagt Favre. Und wirkt dabei für seine Verhältnisse sehr entspannt. Ein durchaus gutes Zeichen.