Ein Sieg in einem Bundesligaspiel ist immer schön, doch es gibt Siege, die noch mit der Kirsche auf der Sahne verfeinert werden. Das war auch an diesem Samstag der Fall, als Borussia Mönchengladbach das unbeliebte Marketing-Konstrukt aus Leipzig in die Schranken weisen konnte. Mit dem sehr verdienten 1:0-Erfolg überflügeln die Borussen RB in der Tabelle und positionieren sich aussichtsreich im Rennen um die internationalen Plätze.
Das Match gegen RB brachte insoweit die wertvolle Erkenntnis, dass die Fohlen mit komplizierten Situationen umgehen können. Gegen die Millionen-Truppe aus Leipzig gingen die Borussen mit einem 18-jährigen Torwart ins Rennen, starteten mit zwei Spielern (Reitz, Honorat) die zuvor wochenlang verletzt fehlten, und mussten zudem auf ihren gesperrten Toptorjäger Kleindienst verzichten.
»Wir haben sehr solidarisch verteidigt«
»Natürlich verändert sich das Spiel ohne Tim«, sagte Gerardo Seoane anschließend. »Weniger Flanken, weniger direktes Spiel und dafür mehr Spiel in den Zwischenräumen und mehr Steckpässe, was uns aber nicht immer gelungen ist«. Die Borussen machten es über weite Strecken des ersten Durchgangs ordentlich, aber es fehlten die klaren Aktionen im letzten Drittel. Indes arbeitete die Mannschaft über die komplette Distanz äußerst diszipliniert gegen den Ball.
»Wir haben sehr solidarisch verteidigt«, hob Sportchef Roland Virkus anschließend hervor. Einmal mehr war die Arbeit im Kollektiv die Basis für den Erfolg. Denn auch wenn man keine klare Torchance erspielen konnte, so sorgte man dafür, dass die individuell so stark besetzte Leipziger Offensive zu keiner Zeit richtig zur Geltung kam. Dass Pereira Cardoso bei seiner Heimpremiere einen relativ ruhigen Nachmittag verlebte, lag nicht nur an der Formkrise der gegnerischen Angreifer, sondern vor allem an der kompetenten und geschlossenen Verteidigungsarbeit der Borussen.
Plea sorgt für den Wirkungstreffer
So war es im ersten Durchgang ein intensives und in gewissen Phasen auch sehenswertes Fußballspiel, bei dem sich beide Mannschaften neutralisierten, sobald es in die gefährlichen Zonen ging. Nach dem Seitenwechsel musste man allerdings befürchten, dass sich die Waage in Richtung RB neigen würde. Wie schon so oft in dieser Saison zu beobachten, kamen die Borussen nach Wiederanpfiff schwer auf Touren. Doch Leipzig schlug kein Kapital daraus und musste sogar einen Wirkungstreffer einstecken.
Der Abstauber von Alassane Plea in der 56. Minute sorgte dafür, dass sich die Statik des Spiels änderte. Zunächst hatten die Borussen einige starke und aktive Minuten, ehe Leipzig mehr und mehr die Kontrolle übernahm und sich die Gladbacher weit zurückzogen. Solche Konstellationen führten noch vor einem halben Jahr dazu, dass das ganze Konstrukt ins Wanken geriet und meistens auch in sich zusammenbrach. Doch mittlerweile ist die Mannschaft im Kollektiv in der Lage, gegnerischen Druck auszuhalten und stabil zu bleiben.
Drei Pfostentreffer von Borussia - Keine echte Torchance für RB
Selbst der überraschende Eingriff von Außen, das System nach 65 Minuten auf eine Fünferkette umzustellen und mit Chiarodia und Netz zwei Spieler zu bringen, die eher wenig Spielpraxis haben, hatte keinen Bruch im Gesamtgefüge zur Folge. Mit unterschiedlichem Personal einen Systemwechsel innerhalb eines Spiels nahezu geräuschlos zu vollziehen, ist ein weiteres Merkmal für die Entwicklung, welche das Team in den vergangenen Monaten genommen hat.
Borussia hatte zwar deutlich weniger Ballbesitz als die Gäste, war aber die klar torgefährlichere Mannschaft. Plea hatte zweimal das Pech, nur den Pfosten zu treffen, und auch Elvedis Kopfball landete am Pfosten. Derweil kam RB zu keinem einzigen wirklich gefährlichen Abschluss, sodass Pereira Cardoso auch in seinem dritten Bundesligaspiel ohne Gegentor blieb. Am Ende jubelten die Borussen über einen verdienten Sieg und tanzten vor der Nordkurve, wo inbrünstig vom Europapokal gesungen wurde.
»Es gibt keine Grenzen«
»Wie realistisch das Thema Europa ist, kann ich nicht sagen, ich bin kein Hellseher«, sagte Trainer Gerardo Seoane nach dem Spiel. »Was ich sagen kann: Die Mannschaft ist hungrig und willig. Es gibt eine Entwicklung individuell, aber auch im Teamspirit. Ich spüre eine Mannschaft, die aufs Ganze gehen will - es gibt keine Grenzen.«
von Marc Basten