Schneller als gedacht ist Christoph Kramer nach seinem Bänderriss im Sprunggelenk aus dem Augsburg-Spiel am 19. Dezember wieder im Mannschaftstraining. Am Samstagvormittag bei der ersten Einheit in Marbella mischte der 25-Jährige voll mit. »Ich kann mich jetzt aus harten Trainingseinheiten nicht mehr herausreden«, sagte er mit einem Grinsen. »Eigentlich bin ich, was das angeht, eine kleine Mimose. Es tut nicht mehr weh, aber ich spüre es immer noch. Das mag ich nicht so, aber es geht in eine sehr gute Richtung. In zwei Wochen bin ich bei 102,5 Prozent«. Und damit im Normalfall bereit für einen Einsatz in Darmstadt.
Sofern Dieter Hecking ihn spielen lässt. Mit dem neuen Coach hatte Kramer bislang noch kein Einzelgespräch, aber die erste Wahrnehmung »ist rundum positiv«. »Er ist ein sehr netter Mensch und macht fachlich einen super Eindruck. Ich denke, es wurde eine gute Wahl getroffen. Da hätte ich aber von unserem Manager nichts anderes erwartet«.
Die Spieler wirken im Training sehr fokussiert, was Kramer nicht überrascht. »Es ist der klassische Trainerwechsel-Effekt, den man jetzt schon spürt. Da ist jetzt wieder Zug drin«. Das kurze Break über die Feiertage hat sein Übriges getan. »Wir konnten ein bisschen runterkommen und auch im Kopf neu starten. Es war wichtig, um alles sacken zu lassen und nicht so viel zu zweifeln. Wir wollen jetzt als Mannschaft - und auch ich persönlich - neu und frisch angreifen«.
Das erste halbe Jahr nach seiner Rückkehr verlief für Kramer parallel zu dem der Mannschaft: Ein guter Start und fortan sehr schwankend. »Es war kein besonders erfolgreiches halbes Jahr, doch auch wenn es verrückt klingt, es macht mir sehr viel Spaß auf dem Platz«. Dennoch sind die Erwartungen an ihn anders als in seiner ersten Zeit in Gladbach. »Es ist ein Unterschied, ob du aus Bochum ohne Ablöse kommst, oder aus Leverkusen mit 15 Millionen. Das ist schon eine andere Wahrnehmung«.
Einfach war es für Kramer nicht, zumal im Mittelfeld viel rotiert wurde. »Speziell auf der Doppelsechs hatte ich ja schon die unterschiedslichten Partner. Ich finde es gut, wenn man zwischen den Systemen wechseln kann, aber da haben wir es vielleicht irgendwann ein bisschen übertrieben«. Gleichzeitig nimmt Kramer Ex-Trainer André Schubert in Schutz: »Er hat immer die richtige und vernünftige Lösung gefunden. Aber es ist halt nicht einfach, ohne Training in den englischen Wochen noch neue Systeme einzustudieren«.
Unter Dieter Hecking wird es dahingehend zurück zu den Basics gehen. Das weiß auch Kramer: »Im letzten Monat war alles sehr schleppend, da war nicht mehr richtig Zug drin für das, wofür Gladbach steht: Diesen Powerfußball und den schnellen Umschaltfußball. Wir haben immer gelesen, wie müde wir sind und dann hat sich das wahrscheinlich auch wirklich auf unsere Beine übertragen. Wir müssen wieder dahin kommen, dass wenn das Licht im Borussia Park angeht, dass es dann auch wieder knallt. Das haben wir in den letzten Spielen vermissen lassen«.
Kramer ist klar, dass die Situation äußerst angespannt ist. »Wir sind gewarnt durch die Hinrunde, dass es schnell gehen kann. Deshalb müssen wir jetzt gucken, dass wir uns in der Bundesliga stabilisieren. Das halte ich für sehr wichtig. Dann sind wir in zwei sehr attraktiven Pokalwettbewerben vor schweren aber machbaren Aufgaben. Da wollen wir für Furore sorgen. Wir waren noch nie im Achtelfinale der Europa League, was natürlich ein Ziel ist. Dann kann man ins Viertelfinale des DFB Pokals einziehen. Aber das Kerngeschäft ist die Bundesliga«.
Ob der Kader neben Timothée ‚Kolo‘ Kolodziejczak weiterer Verstärkungen bedarf, wollte Kramer nicht beurteilen. »Ich muss das zum Glück nicht entscheiden. Es kommt immer drauf an, wer zur Verfügung steht. Wenn alle fit sind, haben wir einen qualitativ und quantitativ riesen guten Kader«.
Im Kurztrainingslager in Marbella geht es darum, als Mannschaft wieder in die Spur zu kommen. »Selbstvertrauen kann man sich nicht einreden, aber es ist wichtig für den Kopf, dass wir die Zweifel ablegen. Mit einem neuen Trainer werden die Karten neu gemischt und so hat man auch nach den wenigen Tagen das Gefühl, dass jetzt alles wieder beim guten alten ist«, so Kramer. »Das wird man dann auch auf dem Platz sehen, da bin ich sehr von überzeugt«.