Ralph Hasenhüttl und seinen Mannen gebührt fraglos ein Kompliment. Sie fanden im nahezu vollbesetzten Borussia-Park die Mittel, um Borussia Mönchengladbach auszubremsen. »Wir wussten, dass sich die Gladbacher schwertun, wenn sie früh attackiert werden«, sagte Ingolstadts Trainer nach dem Abpfiff. Sein Team presste extrem und tatsächlich fanden die Borussen kaum Lösungen.
Fand der Ball doch mal kontrolliert den Weg ins Mittelfeld, jagten die Ingolstädter zu dritt den ballführenden Borussen. Zudem verteidigten die Bayern lange Bälle auf Traoré & Co., indem sie erstaunliches Tempo aufnahmen und es so keine echten Geschwindigkeitsvorteile für die Gladbacher Angreifer gab.
»Es war hier noch keine Mannschaft so frech wie wir, hat so früh attackiert und ist mit so viel Mut angelaufen«, lobte Ingolstadts Trainer sein Team. Doch das war nur die eine Seite der Medaille. Denn Ingolstadt spielte nicht nur mutig, sondern auch ziemlich dreckig. Von Beginn an wurde provoziert, Karten gefordert, geschauspielert und eine nervige Show abgezogen.
»Klar, sie haben gut gepresst«, sagte Ibo Traoré. »Aber sie haben viel Theater gemacht. Das war für mich kein Fußballspiel, da liefen zu viele Dinge nebenbei«.
Vor allem auf Granit Xhaka hatten es die Ingolstädter abgesehen. »Das war schon sehr offensichtlich, worauf das hinauslaufen wird«, sagte André Schubert. Gleichwohl ließ sich Xhaka vor allem von Morales ständig reizen. »Er musste sich von Beginn an eine ganze Menge anhören«, so Schubert. »Aber er muss die Kontrolle behalten«. Das gelang Xhaka im ersten Durchgang nicht, nach dem Wechsel hatte er sich besser im Griff und sah dennoch kurz vor Schluss die Gelb-Rote-Karte mit Ansage.
Dass da ein Plan der Ingolstädter hinter steckte, erfuhr Álvaro Dominguez von seinen Gegenspielern. »Ich habe nach dem Spiel mit ein paar Spielern von Ingolstadt gesprochen. Sie haben gesagt, der Trainer will, dass wir provozieren. Gegen Granit und gegen andere«. Hasenhüttl bestritt das nicht: »Wer glaubt, dass wir den Gegner hier in Ehrfurcht erstarrt einfach spielen lassen, der sieht sich getäuscht«. Er warnte jedoch davor, die Leistung seiner Mannschaft in diesem Zwielicht darzustellen.
»Sie wollten nur Palaver machen, das ganze Spiel«, unterstrich Dominguez seine Vorwürfe. »Wir sind keine aggressive Mannschaft, die Krieg auf dem Platz will. Wir wollen nur Fußball spielen, aber wenn so eine Mannschaft kommt, ist es schwer«. Erstaunlich, dass Schiedsrichter Marco Fritz das Treiben der Ingolstädter nicht unterband, sondern durch eine sehr unausgewogene Pfeiferei noch förderte. »Eigentlich sollte der Schiedsrichter die Mannschaft schützen, die Fußball spielen will«, wunderte sich Dominguez. »Aber er war nicht fair, er hat sie grätschen und palavern lassen«. Dass Fritz am Ende nur zwei Minuten Nachspielzeit einräumte, unterstrich die eigenwillige Sichtweise des Unparteiischen auf das Geschehen auf dem Platz.
»Wir haben uns mit vielen Dingen beschäftigt, die nichts mit Fußball zu tun hatten«, sagte Schubert und Lars Stindl ergänzte: »Wir haben uns verleiten und mitreißen lassen«. »Es ist schade, dass man auf solch eine Art Erfolg haben kann, aber anscheinend funktioniert es«, sagte Yann Sommer mit einem süffisanten Lächeln.
Gleichwohl hätten die Borussen Ingolstadt, dem widerlichen Gehabe und dem eigentümlichen Schiedsrichter zum Trotz, anders bespielen können. »Wir hätten uns im Aufbau besser bewegen und freilaufen müssen«, monierte Schubert. »Man hat schon gemerkt, dass das Programm der letzten Wochen nicht spurlos an den Jungs vorübergegangen ist«.
»Bei uns hat etwas die Frische gefehlt, auch die geistige«, bestätigte Max Eberl. »Alles hat eine halbe Sekunde länger gedauert und wir kamen gar nicht in den Spielfluss hinein. Wenn es den mal gab, wurde er gleich unterbrochen«.
»Dennoch großen Respekt an die Mannschaft, sie hat sich nochmal aufgebäumt und alles versucht hat, das Tor noch zu machen«, meinte Schubert. »Nach diesem Programm in den letzten Wochen ist dieser Punkt, den wir uns heute erarbeitet und erkämpft haben, auch ein Zeichen von Qualität«, merkte Max Eberl an.
Und so waren die Borussen schließlich alle erleichtert, dass man sich halbwegs unbeschadet in die Länderspielpause retten konnte. »Nach den ganzen Belastungen sind wir froh, jetzt mal durchatmen zu können«, sagte Schubert. »Die Mannschaft hat einen unglaublich guten Job gemacht, da können wir alle stolz drauf sein. Die Pause jetzt hat sie sich redlich verdient«.
Genutzt werden soll die Zeit, um das Trainerthema möglichst abschließend zu behandeln. »Endlich haben wir mal eine Phase, wo man durchschnaufen und sich in Ruhe unterhalten kann. Unabhängig von einem Dreitagesrhythmus über Spielaufstellungen und gegnerische Taktiken. Die Zeit werden wir uns jetzt nehmen«, kündigte Max Eberl an. Und es soll nicht nur bei Sondierungsgesprächen bleiben. »Es wäre schon nicht schlecht, wenn dann auch mal Klarheit herrschen würde«, sagte Eberl. Es sieht alles danach aus, als ob André Schubert bald das ›Interims-‹ aus seinem aktuellen Trainerstatus streichen kann.