Letzte Woche Köln, diese Woche Sinsheim – Borussia Mönchengladbach steckt mitten in einem ‚Auswärtsdoppelpack‘. Diese Konstellation wäre im Kalenderjahr 2016 der blanke Horror gewesen, doch die Phobie vor fremden Stadien haben die Gladbacher mit der Inthronisierung von Dieter Hecking abgelegt. »Im Moment sieht es auswärts sehr gut aus«, sagt Hecking. »Es wird auch mal eine Phase geben, in der wir vier, fünf Spiele auswärts nicht gewinnen. Man darf sich davon nur nicht verrückt machen lassen.«
Die Brust der Borussen ist breit, nicht zuletzt dank der englischen Woche, die sieben Punkte und mit dem Derbysieg ein emotionales Highlight brachte. Da zudem das latent ungute Gefühl hinsichtlich der Nähe zum Relegationsplatz verflogen ist, kann nun der Angriff auf die europäischen Plätze als Ziel für die letzten sechs Partien ausgegeben werden.
Dennoch erinnerte Dieter Hecking am Donnerstag daran, dass diese Ausgangsposition an Ostern angesichts der Voraussetzungen zu Jahresbeginn alles andere als selbstverständlich ist. »Der Weg hätte auch deutlich steiniger werden können«, sagte der 52-Jährige. »Aber ich habe gespürt, dass man sich gemeinsam gegen dieses Abstiegsgespenst wehren wollte und das haben wir fantastisch hinbekommen.«
»Bange machen gilt nicht«
Jetzt geht es darum, die Saison im Pokal und der Meisterschaft abzurunden. »Wir schaffen es, sehr konstant zu punkten. Das gilt es in den letzten Wochen der Saison durchzuziehen und dann schauen wir, was dabei herauskommt.«
Der Fokus richtet sich auf die schwere Aufgabe in Sinsheim. Die TSG Hoffenheim spielt als Tabellendritter die beste Saison seit dem Aufstieg 2008 und ist ganz dick im Geschäft um die direkte Qualifikation für die Champions League. Borussia reist als Außenseiter an, doch Hecking sieht keinen Grund, das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen. »Natürlich ist das eine hohe Auswärtshürde, die Qualität von Hoffenheim hat in diesem Jahr nochmal einen Quantensprung gemacht. Doch es wäre klasse, beim Tabellendritten zu punkten. Dafür müssen wir sowohl defensiv sehr gut arbeiten, als auch den Mut entwickeln, Hoffenheim im Spiel nach vorne richtig weh zu tun. Bange machen gilt nicht.«
Hecking gibt sich optimistisch, gleichzeitig kann er sich noch kein endgültiges Bild über die Startformation machen. »Es ist immer wieder ärgerlich, weil man gerne am Mittwoch wissen würde, wer am Samstag spielen kann«, sagte der Coach mit Blick auf die Personallage. Definitiv ausfallen werden Jantschke, Kramer, Johnson sowie die beiden Dauerpatienten Marvin Schulz und Doucouré. Raffael und Lars Stindl sind Wackelkandidaten, auch Nico Elvedi trainierte unter der Woche dosiert.
Hoffnung auf Stindl und Raffael
»Es gibt das eine oder andere Fragezeichen«, so Hecking, der jedoch nicht ins Detail gehen wollte. »Es sind noch zwei Tage bis zum Spiel, wo sich viel tun kann.«
Lars Stindl laboriert an muskulären Problemen, er stieg am Mittwoch aus dem Training aus. »Es ist so, wie es ist«, sagte Hecking. »Die Ursache dafür, ob zu viel oder zu wenig Belastung, kann ich nicht nachvollziehen. Aber ich bin wie immer optimistisch, dass unsere medizinische Abteilung einen guten Job machen wird und der Spieler dann auch spielen kann. Wenn nicht, dann nicht.«
Borussias Physios haben einen arbeitsreichen Karfreitag vor sich, denn auch Raffael wird intensiv behandelt. »Es ist eine Innenbanddehnung, die bei dem einen schneller verheilt und bei dem anderen länger dauert«, erklärte Hecking. »Wir versuchen alles, um ihn zumindest nach Hoffenheim mitzunehmen.«
»Dann werde ich trotzdem ruhig schlafen …«
Sollte es nicht gelingen, wird Hecking eine Lösung finden. »Dann werde ich trotzdem ruhig schlafen und demjenigen, der dann das Vertrauen bekommt, sehr viel zureden und ihn daran erinnern, dass er auch ein guter Spieler ist.«
Die unaufgeregte Sachlichkeit von Dieter Hecking schafft Vertrauen, was die Entscheidungen für das Spiel am Samstag betrifft. Genauso traf Hecking bei Nachfragen zu den Ereignissen in Dortmund den richtigen Ton. »Wir reden darüber, obwohl wir gar nicht darüber reden dürfen. Weil wir es null nachempfinden können, was die Mannschaft von Borussia Dortmund in diesem Moment empfunden hat. Es ist tragisch genug, dass es dazu gekommen ist. Ich finde es wahnwitzig, wie wir uns Spekulationen hingeben, und uns nicht an die Fakten halten. Die Verantwortlichen sollten wir jetzt in Ruhe arbeiten lassen. Alles andere ist für mich nicht relevant.«