Bemerkenswert und beeindruckend, so lautet das Resümee der ersten Tage von Andreas Christensen bei Borussia Mönchengladbach. Der für zwei Jahre vom FC Chelsea ausgeliehene 19-Jährige wirkt so gar nicht wie ein Jugendspieler auf der Schwelle zum Erwachsenwerden, der mal bei den ‚Großen‘ reinschnuppern darf, anschließend jedoch zu den Gleichaltrigen zurückgeschickt wird. Vom ersten Moment an wird deutlich, dass Borussia mit Christensen einen Spieler geholt hat, der direkt durchstarten kann.
Auffällig ist zunächst die körperliche Präsenz des Dänen. Mit seinen 1,88 Metern bringt er Idealmaße für einen Innenverteidiger mit. Christensen ist dabei nicht schmächtig oder schlaksig, sondern wirkt athletisch. In Zweikämpfen, sowohl im Training als auch den Testspielen, weiß er seinen Körper einzusetzen und hält unbeeindruckt dagegen.
Für einen Abwehrspieler außergewöhnlich ist seine technisch saubere Ballbehandlung. Mit großem Selbstverständnis spielt er mit und fügt sich nahtlos in die Gladbacher Ballzirkulation ein. Im Test gegen Porto war zu beobachten, dass er hier und da einen Tick zögerte, weil er den Laufweg des Mitspielers nicht exakt einschätzen konnte. Doch er brachte alle Bälle sicher zum Mann und spielte zudem mehrfach druckvolle und präzise Pässe (vornehmlich auf Xhaka). Wenn sich hier die Automatismen einspielen, dürfte Borussias Spieleröffnung durch Christensen an Qualität gewinnen.
Gegen Porto bildete er mit dem geringfügig älteren Marvin Schulz eine Teenager-Innenverteidigung, die mehr Ruhe und Sicherheit ausstrahlte, als eine Vielzahl an vermeintlich gestandenen Verteidigern in der Liga. Einen Tag später in Herne gegen Bursaspor, ersetzte Christensen in der letzten halben Stunde Dominguez als Linksverteidiger und überzeugte auch in dieser Rolle.
Vielleicht mögen die Lobeshymnen nach gerade einmal zwei Wochen etwas zu euphorisch klingen, doch Andreas Christensen hinterlässt ohne Zweifel Eindruck. Ein Blick auf die aktuelle Konstellation in der Innenverteidigung bei Borussia macht zudem deutlich, dass der Youngster tatsächlich eine ‚Soforthilfe‘ sein könnte. Neuzugang Nico Elvedi ist verletzt, Martin Stranzl trägt trotz seines einstündigen Comebacks noch ein dickes Fragezeichen mit sich herum. Tony Jantschke ist auf der rechten Seite gefordert, weil Julian Korb Nachholbedarf hat und Álvaro Dominguez ist nach anhaltenden Rückenbeschwerden noch lange nicht wieder uneingeschränkt belastbar. Die einzige echte Konstante ist Roel Brouwers, doch ausgerechnet der Routinier wirkte in den bisherigen Testspielen ungewohnt unkonzentriert.
Stand heute geht an Andreas Christensen eigentlich kein Weg vorbei. Die jüngst von Lucien Favre in Richtung aller jungen Spieler geäußerte Mahnung, dass »echte Qualität erst unter Druck« zu erkennen sei, gilt natürlich auch für den Dänen. Dennoch sind die ersten Eindrücke so nachhaltig, dass man sich darauf freuen kann, wenn Andreas Christensen echten Drucksituationen ausgesetzt wird.