Als Thomas Müller am Samstagabend nach der Niederlage der Bayern in Leverkusen die Hutschnur platzte und er sich am Mikrofon von Sky über die Verkopftheit, den fehlenden Mut zum Zocken und das sinnlose Ballgeschiebe echauffierte, hätte man meinen können, er analysiere das Nachmittagsspiel der Gladbacher gegen Darmstadt.
Der uninspirierte Schlafwagenfußball, den die Borussen gegen den Tabellenletzten boten, hätte de facto auch einen solchen Wutausbruch eines der Protagonisten verdient gehabt. Doch die Spieler, die sich anschließend äußerten, blieben mit ihrer Selbstkritik einmal mehr recht oberflächlich.
»Du musst den Anspruch haben, zu Hause gegen Darmstadt 98 zu gewinnen«
Immerhin redete Sportvorstand Roland Virkus nicht um den heißen Brei herum. »Du musst den Anspruch haben, zu Hause gegen Darmstadt 98 zu gewinnen. Das haben wir nicht geschafft und das ärgert mich. Wir haben viel zu langsam und zu ungenau gespielt. Wenn du einen solchen Gegner destabilisieren willst, dann musst dich viel mehr bewegen, musst gegenläufige Bewegungen haben. In der ersten Halbzeit hatten wir das gar nicht.«
»Nach den Wechseln war es dann besser, aber wir müssen das dann auch zu Ende spielen. Wenn du so wenige Chancen hast, musst die Dinger auch nutzen. Erst in den letzten zwanzig Minuten haben wir den Druck aufgebaut, den wir eigentlich von der ersten Minute an erwartet haben.«
Fokus auf die Defensive »geht zulasten des guten Positionsspiels«
Gerardo Seoane hatte die Ausrichtung auf eine Dreierkette geändert, die Borussias A-Innenverteidiger Elvedi, Itakura und Wöber bildeten. Die Abwehr war tatsächlich stabil, obwohl die Gäste im ersten Durchgang einige Male recht einfach hinter die Kette kamen. Doch in den entscheidenden Momenten konnten die Borussen aufkommende Gefahr bereinigen.
»Wir bekommen das mit dem Fokus auf das Defensivspiel mittlerweile relativ gut hin«, sagte Roland Virkus. »Aber das geht zulasten des guten Positionsspiels.« Es sei »ein schmaler Grat«, auf dem man sich bewegt, meinte Virkus. Die Balance passte gegen den Tabellenletzten nicht, denn das Offensivspiel war über weite Strecken nur ein laues Lüftchen.
»Vor allem in der ersten Halbzeit haben wir das Spiel selbst verschleppt«
Auch Gerardo Seoane haderte mit der Performance seiner Spieler. »Wir waren unsauber in den Positionen und der technischen Ausführung. Vor allem in der ersten Halbzeit haben wir das Spiel selbst verschleppt«, sagte der Trainer. Seine Mannen hätten zu »zu viele Kontakte genommen« und wären »zu wenig zielstrebig und flüssig« zu Werke gegangen.
Seoane sprach auch die technischen Probleme an, die immer dann offensichtlich wurden, wenn unter Druck Handlungsschnelligkeit gefragt war. »Das eine ist, das zu trainieren und anzusprechen. Das andere ist, es auf dem Platz umzusetzen«, sagte der Schweizer. »Trotzdem haben wir genügend Situationen kreiert. Man kann ein Spiel mit viel weniger Abschlüssen als heute gewinnen - der Mangelpunkt ist, dass wir nicht effizient genug waren.«
»Am Ende mit viel mehr Herz und weniger Kalkül«
Tatsächlich hatten die Borussen trotz wenig fußballerischer Klasse die klaren Möglichkeiten, um am Ende zumindest einen Arbeitssieg einfahren zu können. Honorat und Jordan vergaben im ersten Durchgang ihre Großchancen schon fast kläglich, Herrmann fehlte später eine Fußspitze zum Torerfolg. Und in der Schlussphase kann man der Mannschaft zumindest attestieren, im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles versucht zu haben.
Gerardo Seoane stellte fest, dass die Spieler »am Ende mit viel mehr Herz und weniger Kalkül« unterwegs gewesen seien. Doch letztlich reichte das selbst gegen einen - bei allem Respekt - auffällig minderbemittelten Tabellenletzten nicht zum Heimsieg. Das führt dazu, dass der Blick nach unten geht. Während sich Maximilian Wöber sicher ist, dass Borussia aufgrund der Qualität nicht unten hereinrutschen wird, blieb Roland Virkus vorsichtig: »Wir müssen gucken, dass wir in die Punkte kommen«.