Es sind harte Zeiten für Borussia Mönchengladbach - sportlich und strukturell gleichermaßen. Die Mannschaft hat sich im Pokal blamiert, dümpelt im Tabellenkeller und muss jetzt im Abstiegskampf bestehen. In einer Disziplin, für die sie nicht zusammengestellt wurde. Die Kassen sind leer und offensichtlich ist die Lage weitaus prekärer, als das lange Jahre gepflegte Motto ‘wir sind nicht reich, aber gesund’ vermuten ließ. Und mitten in all den Irrungen und Wirrungen erkrankt mit Max Eberl der wichtigste Mann im Verein und muss aufgeben. Es kommt wahrlich knüppeldick für die Borussia.
Der Klub steht vor einer Zerreißprobe und jetzt wird sich zeigen, wie gefestigt das Gebilde wirklich ist. Dass mit Blick auf die Planung der neuen Saison möglichst zeitnah ein passender Sportdirektor gefunden werden muss, ist die eine Sache. Deutlich mehr Priorität muss aber der aktuellen sportlichen Situation eingeräumt werden, wenn der neue Mann nicht direkt zum Einstieg einen Zweitligakader zusammenstellen soll. Dass Borussia im sportlichen Existenzkampf steckt, scheint in seiner Tragweite immer noch nicht überall angekommen zu sein. Das haben auch die Aktivitäten während der Wintertransferperiode gezeigt. Da hat man die Gelegenheit verstreichen lassen, sich für den Abstiegskampf zu wappnen und hat den unausgegorenen Kader nicht verstärkt - im Gegenteil.
Kein Mikael Forssell 2.0
In der Abwehr ist Borussia durch die Verpflichtung von Marvin Friedrich jetzt breiter und auch qualitativ ein Stück besser aufgestellt. Auch wenn die Intention war, dass Friedrich Matthias Ginter ersetzen sollte, so wird Borussia in der Rückrunde mit Friedrich und Ginter gemeinsam nicht schlechter dastehen, als zuvor. Doch sonstige Baustellen wurden nicht geschlossen - sondern stattdessen eine weitere eröffnet. Es wurde weder ein ‘Haudegen’ dazu geholt, der mit Erfahrung und Cleverness durch den Abstiegskampf führt. Auch der Stürmertyp, der die oft so schreckliche Strafraumbesetzung verbessert und die Optionen im Offensivspiel erweitert, kam nicht. Stattdessen wurde mit Denis Zakaria der »klarste Sechser« (O-Ton Adi Hütter) abgegeben. Sportlich ist das eine hochgradige Schwächung für die Mannschaft, die drei Punkte vor dem Relegationsplatz und vier Punkte vor einem direkten Abstiegsplatz steht.
Vor allem Zakarias Tempo in der Rückwärtsbewegung wird den Borussen extrem fehlen. Ohne den Schweizer muss die Absicherung der gegnerischen Umschaltangriffe ganz anders gesteuert werden. Damit werden die Optionen von Adi Hütter gleich mehrfach eingeschränkt. Unter dem Strich wurde Borussias Abwehr also ergänzt und auf Sicht möglicherweise auch verstärkt, darüber hinaus gab es aber einen erheblichen Qualitätsverlust. Dass man Zakaria verkauft hat, um wenigstens noch etwas Ablöse zu generieren, ist aus wirtschaftlicher Sicht verständlich. Auf der anderen Seite ist es gefährlich, nicht auf die akute sportliche Notlage reagiert zu haben. Auch ohne sich ein finanzielles Grab zu schaufeln, hätte es möglich sein müssen, den einen oder anderen ‘Soforthelfer’ zumindest über kreative Leihgeschäfte für ein halbes Jahr zu holen. Ein Mikael Forssell 2.0 dürfte in einem der aufgeblähten Kader in Europas Topligen gewiss zu finden sein - wenn man danach sucht.
Mehr denn je scheint man sich einzig auf die vermeintlich so große Qualität der vorhandenen Spieler zu verlassen
So aber muss der Klassenerhalt mit dem in sich unausgewogenen Kader geschafft werden - plus Marvin Friedrich, minus Denis Zakaria. Mehr denn je scheint man sich einzig auf die vermeintlich so große Qualität der vorhandenen Spieler zu verlassen. Jene Spieler, die im Pokalachtelfinale vollkommen hilflos gegen einen mittelmäßigen Zweitligisten waren. Jene Spieler, die sich seit zwei Monaten durch die Liga krampfen und unkontrolliert Richtung Abstiegsplätze taumeln. In einem Umfeld, in dem es schon länger an allen Ecken und Enden knackte und wo jetzt durch die Demission von Max Eberl der Mann weg ist, der den ganzen Laden zusammengehalten hat.
Es kommen extrem harte Monate auf die Borussengemeinde zu, in denen es nur darum gehen kann, den Super-Gau zu vermeiden und es nicht dem HSV, Schalke oder Werder nachzumachen. Die letzte Möglichkeit, sich für diese Aufgabe externer Hilfe zu bedienen, wurde vertan. Im Winter aufgrund der finanziellen Zwänge nur einen neuen Spieler zu holen und gleichzeitig einen der wenigen unersetzlichen Spieler abzugeben, ist ein riskantes Spiel mit dem Feuer.
von Marc Basten