Neun Punkte hat Borussia Mönchengladbach in dieser Saison auf fremden Plätzen geholt. Das ist drei Spieltage vor Schluss die Bilanz eines Abstiegskandidaten, wie die Auswärtstabelle bestätigt: Borussia liegt in diesem Ranking auf Platz 15 - punktgleich mit dem VfB Stuttgart. Nur Bochum und Hertha haben in der Fremde noch schlechter performt als die Fohlen - selbst Schalke hat zwei Punkte mehr auf dem Konto.
Mit Dortmund und Leverkusen hat die Borussia nun einen ‘Auswärtsdoppelpack’ vor der Brust, der es in sich hat. Dortmund hat realistische Chancen auf den Titel, Bayer steht im Halbfinale der Europa League und peilt nach einer komplizierten Saison noch die internationalen Ränge in der Liga an. Dass die Fohlen, die seit letztem Wochenende die letzten theoretischen Zweifel am Klassenerhalt beseitigt haben, ausgerechnet dort ihre klägliche Auswärtsbilanz aufhübschen werden, klingt sehr abenteuerlich.
Dortmund Meister? Das will in Gladbach kaum jemand
Andererseits ist die Gelegenheit günstig für (endlich) mutige Auswärtsauftritte, denn verlieren können die Borussen allenfalls an Ehre und Akzeptanz. Zu gewinnen gibt es dagegen eine ganze Menge - vorrangig gegen den BVB. Wenn die Gladbacher tatsächlich das Zünglein an der Waage im Meisterrennen spielen könnten, wäre das für den Großteil der Anhänger der wahren Borussia ein echtes Highlight. Denn dass ganz Fußballdeutschland dem BVB die Daumen drückt, damit die langweilige Serie der Bayern endlich gestoppt wird, stimmt so nicht.
Rein pragmatisch gönnen die meisten Gladbacher den Bayern schon deshalb die Meisterschaft, weil dann aus München noch eine ordentliche Summe fließen wird - entsprechende Klauseln in der Ablösevereinbarung zum Transfer von Yann Sommer geben das her. Zum anderen hat der BVB in den vergangenen Jahrzehnten in Mönchengladbach auch die letzten Sympathien verspielt - wohl nur der FC und RB liegen im Beliebtheitsranking hinter den Dortmundern. Gladbach leer kaufen (und nichts gewinnen) ist ein gelebtes Konzept der Schwarz-Gelben.
Entwarnung bei Koné
Der nächste Gladbacher, der diesen Weg geht, ist Ramy Bensebaini, auch wenn der ablösefreie Wechsel des Algeriers noch nicht offiziell bestätigt worden ist. Bensebaini wird am Samstag im Westfalenstadion vorspielen können und es gilt als sicher, dass Trainer Daniel Farke den Linksverteidiger aufbieten wird. In der Viererkette wird der Coach zudem wieder auf Ko Itakura setzen können, der zuletzt gesperrt fehlte. Marvin Friedrich, der den Japaner gegen Bochum sehr ordentlich vertreten hat, wird wohl wieder seinen Stammplatz auf der Bank einnehmen müssen. Auch weil sich Nico Elvedi, der diese Woche zweimal individuell trainierte, einsatzfähig meldet.
Auf rechts scheint Stefan Lainer im Schlussspurt der Saison einen kleinen Vorsprung vor Joe Scally zu haben und dürfte die Viererkette komplettieren. Im defensiven Mittelfeld sind der Ex-Dortmunder Julian Weigl und Manu Koné gesetzt. Koné trainierte zwar am Donnerstag nicht mit, nachdem er am Tag zuvor einen Schlag aufs Knie erhalten hatte. Die Pause war aber nur eine Vorsichtsmaßnahme, wie Daniel Farke bestätigte: »Ich denke, er kann am Freitag das Abschlusstraining bestreiten.«
Kleine Hoffnung auf Kaderplatz für Thuram
Bleibt die Frage, wie Farke die Offensivabteilung in Dortmund besetzen wird. Alassane Plea ist aufgrund der 5. Gelben Karte gesperrt und Marcus Thuram absolviert nach seinem Muskelfaserriss im Adduktorenbereich nur Individualtraining. »Er hat jetzt drei Wochen nicht mit der Mannschaft trainiert«, so Farke. »Es hat sich bei ihm in den letzten 48 Stunden wesentlich verbessert und es besteht die große Chance, dass er in Leverkusen wieder zur Verfügung steht.« Eine kleine Hintertür für einen Kaderplatz in Dortmund ist bei Borussias-Toptorjäger (13 Treffer) laut Farke noch offen: »Ob er für Samstag ein Thema sein kann - das wird sehr eng. Für einen Platz in der Startelf kommt er auf gar keinen Fall infrage.«
Heißt also, dass Farke im Sturm improvisieren muss. Wenn es bei der statischen Grundordnung im 4-2-3-1 bleibt, könnte sich Lars Stindl als zentraler Stürmer versuchen. Oder aber Farke setzt auf Nathan Ngoumou, um in vorderster Front Tempo zu generieren. Eine weitere Variante wäre, das System anzupassen. »Wir müssen kreativ sein«, sagte Farke. »Es ist etwa möglich, in der Grundformation zu wechseln und ohne zentralen Stürmer zu spielen.« Am Samstagabend wird sich zeigen, welche Ideen Farke umsetzen lassen will. »Wir freuen uns auf dieses Spiel«, sagte der 46-Jährige. Und die Gladbachfans würden sich freuen, wenn die Fohlen dem BVB - der Auswärtsmisere und der Horrorbilanz im Westfalenstadion zum Trotz - in die Meistersuppe spucken.
von Marc Basten