Natürlich verfolgt man in Mönchengladbach mit Interesse die Entwicklungen in Gelsenkirchen. Hatte sich der FC Schalke doch in den letzten 15 Jahren daran gemacht, vom Malocher-Klub zu einem internationalen Topverein zu mutieren - und ist bei diesem Vorhaben krachend gescheitert. Die Millionen von Sponsoren aus Osteuropa wurden genauso verpulvert wie die Zuwendungen aus der Schatulle des Aufsichtsratsvorsitzenden. Das Modell, mit künftig zu erwartenden Geldern einen überteuerten Kader zu finanzieren, ging ebenfalls in die Hose. Der einkalkulierte sportliche Erfolg trat nicht ein, die Gelder zur Refinanzierung wurden nicht generiert und mittlerweile ist das Kartenhaus weitestgehend in sich zusammengefallen.
Eine Bürgschaft des Landes NRW und das Glück, dass bei der DFL niemand scharf darauf ist, einen solchen Traditionsverein zu atomisieren, hat Schalke vorerst vor dem wirtschaftlichen Aus gerettet. Doch nun droht den Blau-Weißen auf der sportlichen Seite der Super-Gau: Der aktuelle Tabellenletzte der Bundesliga ist seit Januar sieglos und befindet sich im Sturzflug in Richtung zweite Liga. Und ein Abstieg, so sagen es Kenner der Gelsenkirchener Verhältnisse, würde Schalke wirtschaftlich endgültig in die Knie zwingen.
»Man kann auch davon ausgehen, dass Schalke irgendwann wieder ein Bundesligaspiel gewinnen wird.«
Und so klammern sie sich auf Schalke an den Strohhalm, irgendwie die Wende hinzubekommen. Spieler wurden suspendiert und auch in der Führungsetage wurde ausgemistet. Und da ist natürlich noch die Erinnerung an den letzten Sieg - auch wenn dieser wahrlich aus einer anderen Zeit stammt. Damals im Januar siegte Schalke zum Rückrundenauftakt gegen Borussia Mönchengladbach und nun hofft man in Gelsenkirchen, dass sich am Samstag der Kreis schließen könnte.
Diese Vorstellung erscheint nicht ganz so abwegig - schließlich ist Borussia in der Vergangenheit in schöner Regelmäßigkeit als Aufbaugegner für angeschlagene Mannschaften in Erscheinung getreten. »Natürlich ist so ein Gegner gefährlich«, weiß Borussias Trainer Marco Rose um die Ausgangslage für das Spiel am Samstagabend. »Sie haben unter der Woche ein paar personelle Entscheidungen getroffen, die dazu führen, dass in der Mannschaft etwas passiert. Das ist ja auch das Ziel, dass man noch enger zusammenrückt, Signale aussendet und versucht, Reaktionen zu erzeugen. Man kann auch davon ausgehen, dass Schalke irgendwann wieder ein Bundesligaspiel gewinnen wird. Das müssen wir versuchen zu vermeiden am Samstag. Mit einer maximal professionellen Vorbereitung, mit allem was dazu gehört.«
»Wir haben ein paar Punkte verschenkt, das muss man klar sagen«
Die Gefahr, dass die Borussen den Tabellenletzten möglicherweise unterschätzen, sieht Rose nicht. Ein Problem mit der Einstellung gab es bei Borussia bislang nicht, selbst wenn die Ergebnisse in der Liga zu wünschen übrig lassen. »Wir haben ein paar Punkte verschenkt, das muss man klar sagen«, bestätigt Rose. Deshalb gilt es nun, gegen Schalke mit genau der Aggressivität und Konsequenz aufzutreten, wie am Mittwoch gegen Donezk. »Das ist die Aufgabe, das in jedem Spiel auf den Platz zu bringen«, fordert Rose.
»Wir haben das thematisiert und wollen konstanter werden - auch im Bereich Aggressivität. Weil das die Basis für erfolgreichen Fußball ist - neben dem, was taktisch und spielerisch angeboten wird. Das wollen wir versuchen grundsätzlich aufs Feld zu bringen und das gelingt uns bis hierin mal besser und mal weniger gut«. Gegen Schalke sollen diesbezüglich keine Zweifel aufkommen und für dieses Vorhaben steht Rose mit Ausnahme von Ramy Bensebaini (Corona) und Jonas Hofmann (Muskelverletzung) der komplette Kader zur Verfügung.
Alassane Plea »schnell wieder auf Betriebstemperatur«
Hannes Wolf, der gegen Donezk wegen mit einem »kleinen Infekt« ausgefallen war, hat wieder voll trainiert. Und auch Alassane Plea ist nach überstandener Corona-Infektion wieder dabei. »Plea hat es ordentlich verkraftet und war relativ schnell wieder auf Betriebstemperatur. Er hätte auch gerne mehr gespielt gegen Donezk und macht einen guten Eindruck im Training. Aber er hat natürlich Trainingszeit verpasst und da muss man gucken, wie der Körper insgesamt reagiert«. Zumal es ja in den nächsten Wochen im Dreitagesrhythmus weitergeht. »Natürlich denken wir viel über Rotation nach«, so Rose. »Es ist alternativlos, dass wir Spielern Pausen geben müssen.« Genauso alternativlos sind die drei Punkte gegen Schlusslicht Schalke, wenn man nicht gänzlich den Anschluss an die Top-4 verlieren will.
von Marc Basten