Frankfurt gegen Gladbach passt zumindest vom Klang her für eine Ansetzung als Topspiel am frühen Samstagabend. Die Realität sieht allerdings etwas anders aus: Der Tabellensiebte empfängt den Zehnten - das ist ein gutes Stück entfernt von Spitzenspiel. Für die Eintracht geht es noch konkret darum, sich irgendwie für Europa zu qualifizieren, während man bei Borussia die theoretische Chance auf eine internationale Teilnahme mehr oder weniger abgehakt hat.
Dazu wäre eine Siegesserie vonnöten, die angesichts der Tatsache, dass bislang in dieser Saison keine zwei Siege in Folge errungen werden konnten, wenig plausibel erscheint. Immerhin können die Borussen nun befreit auftreten, nachdem man sich durch den Erfolg gegen Wolfsburg nach unten soweit abgesichert hat, dass diesbezüglich nichts mehr anbrennen wird. Der große Druck am Samstagabend lastet somit auf der Eintracht, die sich zuletzt in der Liga sehr schwertat, dafür aber im Pokalhalbfinale steht.
»Der Auftrag an die beiden ist, bis zum letzten Tag alles zu geben«
Bei der Borussia wurden in den letzten Tagen einige Fakten geschaffen. Tony Jantschke und Tobias Sippel verlängerten ihre auslaufenden Verträge um ein Jahr, während Lars Stindl den Verein nach acht Jahren verlassen wird. Ebenso steht fest, dass Marcus Thuram und Ramy Bensebaini erwartungsgemäß gehen werden. Damit werden der Borussia künftig drei wichtige Stützen wegbrechen. »Klar hättest du Spieler mit dieser Qualität gerne behalten«, sagte Daniel Farke. Aber er muss sich den Gegebenheiten beugen. »Wichtig war, das jetzt auszusprechen und Klarheit zu haben«, sagte der Coach zur Entscheidungsverkündung im Falle Bensebaini und Thuram.
Beide Spieler wurden zuletzt ausgepfiffen, doch ihre sportliche Wertigkeit steht nicht nur für Daniel Farke außer Frage. »Der Auftrag an die beiden ist, bis zum letzten Tag alles zu geben. Dann werden die Fans ihnen auch einen würdigen Abschied bereiten.« Bensebaini und Thuram dürften am Samstag in der Startelf stehen und dort sollten sich auch Manu Koné und Jonas Hofmann wieder einfinden. Weil sich auch Julian Weigl wieder zurückmeldet (Farke: »Jule sieht sehr gut aus auf dem Platz«) sind einige Variationsmöglichkeiten denkbar.
Fragezeichen hinter Elvedi
Die Viererkette wird dagegen in gewohnter Form auflaufen, nachdem sich die Verletzung von Joe Scally als nicht schwerwiegend herausgestellt hat. Der US-Amerikaner trainierte die ganze Woche beschwerdefrei mit. Eine Veränderung in der letzten Reihe wird es nur dann geben, wenn Nico Elvedi ausfallen sollte. Der Schweizer setzte am Donnerstag mit dem Training wegen einer »Innenbandproblematik« aus. Insoweit muss das Abschlusstraining abgewartet werden.
Sollte Elvedi nicht fit werden, steht Marvin Friedrich parat. Der Ex-Schalker hatte sich unter Woche in einem Interview Luft gemacht und seine unbefriedigende Situation bei Borussia angeprangert. In der Folge gab es ein Gespräch mit Roland Virkus und angeblich auch Sanktionen - von einer Geldstrafe ist die Rede. Offiziell wurde dazu allerdings nichts gesagt. »Der Verein behandelt das Thema intern«, so heißt es.
Friedrich »ist in der Verantwortung, im Training und im Spiel abzuliefern«
Daniel Farke versuchte derweil die Wogen zu glätten. »Für mich ist das kein Problem. Ich halte Marvin nach wie vor für einen guten Fußballspieler und einen Topcharakter. Daran ändert auch ein Interview nichts.« Inhaltlich zeigte Farke Verständnis für die Unzufriedenheit des Abwehrspielers, machte aber auch klar, dass Friedrich seine Chancen bislang nicht wirklich genutzt habe. Mit Friedrich in der Startelf, so rechnete der Trainer vor, habe man mehr Gegentore kassiert als ohne ihn. »Marvin hat jetzt seinen Punkt gesetzt und sich aus dem Fenster gelehnt. Jetzt ist er auch in der Verantwortung, im Training und im Spiel abzuliefern.« Das Potenzial, sich als unverzichtbarer Stammspieler zu etablieren, soll Friedrich nach Aussagen Farkes haben.
Beim Hinspiel gegen Frankfurt stand Friedrich übrigens 90 Minuten auf dem Platz und enttäuschte auf ganzer Linie (Note 5,0). Damals lag es zwar nicht an ihm, dass die Frankfurter die Borussen nach Lust und Laune auskontern durften, aber als Innenverteidiger mit Tempodefiziten war er dem Highspeed der Gegenspieler hoffnungslos ausgeliefert. »Frankfurt ist eine überragende Umschaltmannschaft«, so Farke. »Wir müssen Konter gut kontrollieren und Ballverluste absichern. Im Hinspiel ist uns das nicht gelungen.« Diesmal wollen die Borussen der Eintracht nicht so naiv in die Karten spielen. »Wir müssen sehr ballsicher sein und eine gute Konterabsicherung gewährleisten«, fordert Farke. Ansonsten werden die Innenverteidiger wieder alt aussehen - egal ob sie Elvedi, Itakura oder Friedrich heißen.
von Marc Basten