Nachdreher zum Spiel gegen Bayern München

Borussia schlägt Bayern: »Wir stehen zu Recht da oben«

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Jubel nach dem Sieg über die Bayern (Foto: TORfabrik.de)

Borussia Mönchengladbach bleibt auch nach dem 14. Spieltag Tabellenführer der Bundesliga. Eine gehörige Leistungssteigerung und eine Portion Glück waren nötig, um Bayern München zu besiegen. Es war ein Triumph, den den Protagonisten richtig einzuordnen wussten.

Das kollektive ›JAAAAA‹ aus den Kehlen der Gladbach-Fans brachte den Borussia-Park in der Nachspielzeit mal wieder zum Beben. Ramy Bensebaini schoss den Elfmeter zum Siegtreffer auf eine Art und Weise, die in der Vergangenheit bei Borussia keinesfalls üblich war, wenn es um Strafstöße geht. Der Algerier zeigte keinerlei Nerven und verwandelte perfekt gegen Manuel Neuer, der die Ecke ahnte. Wäre der Schuss nur Nuancen schlechter gewesen, hätte Neuer ihn gehabt. So aber eskalierte der Borussia-Park einmal mehr.

Dass Bensebaini überhaupt angetreten war, hatte Ersatzkeeper Tobi Sippel gemanagt. Als der Pfiff ertönte, taumelte der nahe an der Erschöpfungsgrenze spielende Bensebaini in Richtung Gladbacher Bank, um etwas zu trinken. Doch Sippel befehligte ihn gestenreich in Richtung gegnerischen Strafraum. Dass Bensebaini als Elfmeterschütze vorgesehen war, hatte er »in diesem Moment völlig vergessen«, wie er anschließend zugab. Doch er kam Sippels Aufforderung nach, eilte an den Elfmeterpunkt und blieb eiskalt.

Sommer macht einen auf E.T.

Das war der Schlusspunkt einer Partie, bei der es eine Stunde lang ganz und gar nicht nach so einem Happy End für die Fohlenelf ausgesehen hatte. Vor allem in der ersten Halbzeit waren die Gäste aus München drückend überlegen. »Die Bayern hatten drei Riesenchancen vor der Pause, da hatten wir schon Glück«, musste Marco Rose später einräumen. Vor allem ›Langfinger Sommer‹ (siehe Extra-Story) bewahrte sein Team vor einem Rückstand. »Es sah skurril und witzig aus«, sagte Rose gegenüber der ARD-Sportschau. »Wie bei E.T., als der lange Finger da rausgeschnipst ist und der Ball tatsächlich mehr oder weniger am Finger hängen bleibt. Das war herausragend, wie Yann in der Situation reagiert hat.«

Rose hatte seine Mannen nach längerer Zeit mal wieder im ›Vier-Raute-Zwei-System‹ aufs Feld geschickt. »Wir wollten mit zwei Stürmern die Innenverteidiger anlaufen und unsere Achter auf ihre Außenverteidiger haben«, erläuterte der Trainer. Hintergrund war das Vorhaben, die im 4-3-3 agierenden Bayern auf den Flügeln nicht in Zwei-gegen-Eins-Situationen kommen zu lassen. Das funktionierte allerdings nicht wirklich durchgängig. »In der Raute müssen die Abläufe sitzen«, so Rose. »Sonst wirst du immer wieder verlagert und kriegst keinen Zugriff.«

Systemumstellung macht sich zunächst nicht bemerkbar

Nach einer halben Stunde stellte Rose auf 4-3-3 bzw. 4-2-3-1 um. »Viel geändert hat sich nicht«, musste der 43-Jährige eingestehen. Die Bayern waren klar besser und beherrschten die Partie. »Trotzdem haben wir das in der Halbzeit relativ sachlich aufgearbeitet. Wir haben nochmal daran appelliert, dass es gegen so einen Gegner schon wichtig ist, die Überzeugung nicht zu verlieren und dran zu bleiben.« Doch kurz nach Wiederanpfiff gelang den Bayern der Führungstreffer. Game over also für die unterlegene Mannschaft? Nicht so ganz. Denn auch wenn es absurd klingt - dieses Gegentor war der Wendepunkt im Spiel.

Das Gegentor war das Signal für die Wende

»Es war ein Signal«, sagte Rose. »Einfach das Gefühl zu haben, okay, jetzt schieben wir mal alles beiseite. Wenn wir noch was holen wollen, dann müssen wir allen Mut zusammennehmen und Vollgas geben.« Die Borussen waren plötzlich im Spiel, erzielten den zu diesem Zeitpunkt schmeichelhaften Ausgleich und verdienten sich den einen Punkt im weiteren Verlauf der zweiten Halbzeit. »Wir haben sie unter Druck gesetzt, hatten Ballgewinne und mutig nach vorne umgeschaltet«, lobte Rose. Dass sich die Bayern sichtlich beeindrucken ließen, spricht einerseits für die Wucht, die Gladbach auf den Platz brachte. Andererseits wirft es natürlich auch die Frage auf, wo die Selbstverständlichkeit der Münchener so plötzlich geblieben war.

Das 1:1 wäre sicherlich ein leistungsgerechtes Resultat gewesen. Doch weil die Gladbacher in der Schlussphase von der ganzen Körpersprache her den Dreier deutlich mehr wollten als die Bayern, geht der Sieg schon irgendwie in Ordnung. Der Sprint von Patrick Herrmann vor der Elfmetersituation und das kraftvolle Nachsetzen von Marcus Thuram waren Ausdruck dieses Willens. So durften die Borussen am Ende - wie so oft in den letzten Jahren - einen Sieg über die Bayern feiern.

Spannungsabfall nach Sieg über die Bayern? »Das wollen wir nicht zulassen«

Dass die Fohlenelf nun sieben Punkte Vorsprung auf die Bayern hat und weiter Spitzenreiter ist, wertet den Erfolg zusätzlich auf. Wobei die Fragen nach der möglichen Meisterschaft für Borussia nun noch penetranter aufploppen. Marco Rose ordnete alles erfreulich sachlich ein. »Wir stehen zu Recht da oben, weil wir den FC Bayern geschlagen haben«, sagte er. »Mit einer zweiten Halbzeit, in der wir das umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben. Es gab aber auch - und das werden wir nicht vergessen und auch aufarbeiten - diese erste Halbzeit. Wir müssen es uns erarbeiten, dass wir unsere Leistung auch gegen so einen Gegner von der ersten Minute an über 90 Minuten bringen. Wenn wir soweit sind, dann können wir auch über runde Teller und andere Sachen reden.«

Zunächst geht der Fokus aber auf den Donnerstag und das letzte Gruppenspiel in der Europa League gegen Istanbul. »Es wartet ein Endspiel auf uns«, sagt Rose. »Nach so einem Bayern-Sieg ist es vielen Mannschaften schon passiert, dass eine gewisse Spannung abfällt. Das wollen wir nicht zulassen. Wir wollen drauf bleiben und unser großes Ziel erreichen, europäisch zu überwintern.«

 


von Marc Basten und Nadine Basten

 

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