Als Matthias Ginter nach der Partie in den Katakomben des Olympiastadions nach seinem Eindruck zum Spiel befragt wurde, rutschte ihm ein erfreulich ehrliches »zum Einschlafen« raus. »Es war schwierig, weil die Berliner tief standen, gut verschoben und zugelaufen haben gegen Ball. Gerade in der ersten Halbzeit haben wir es nicht geschafft, wirklich durchzukommen.« Im zweiten Durchgang ließ es sich dann etwas besser an. »Anfang der zweiten Halbzeit, als wir eine hoch stehende Hertha-Abwehr mit tiefen Bällen überspielt haben, da hatten wir sicher unsere beste Phase«, erklärte Christoph Kramer. »Danach haben sie sich darauf eingestellt und sich noch tiefer positioniert. Wir haben immer noch versucht, die Tiefe zu finden, obwohl es so richtig keine mehr gab.«
Weil die Borussen nach hinten heraus nicht komplett ins Risiko gingen, blieb es letztlich beim torlosen Remis. »Generell lernen wir aus Fehlern«, sagte Kramer mit Blick auf das letzte Auswärtsspiel in Wolfsburg, das man in der Schlussminute verloren hatte. »Sicherlich hat man uns in den letzten zehn Minuten angemerkt, dass wir nicht ganz auf Teufel komm raus den Sieg erzwingen wollten. Das lag auch daran, dass wir aufgrund der ersten Halbzeit Respekt vor ihrem Umschaltspiel hatten.« »Nach Wolfsburg haben wir gesagt, warum nehmen wir da jetzt den Punkt nicht mit«, sinnierte Matthias Ginter. »Jetzt haben wir den einen Punkt, aber das fühlt sich jetzt auch nicht wirklich berauschend an.«
»Wir wissen, dass nicht alles Gold ist«
Tatsächlich blieben die Borussen - der konsequent destruktiven Spielweise der Berliner zum Trotz - einiges schuldig. »Wir hätten es gerade nach vorne besser ausspielen können«, sagte Ginter, der klare Worte fand. »Wir müssen in solchen Spielen auswärts sauberer sein, besser mit dem Ball umgehen, den Gegner schneller bewegen und einfach mehr Chancen herausspielen. Wir können nicht darauf hoffen, dass drei Chancen reichen zum Sieg.« Der Nationalspieler weiter: »In den Heimspielen geht es von Anfang an rund, auswärts fehlt manchmal der letzte Punch, ein Tor erzwingen zu wollen.«
»Ich will auch nicht alles schlecht reden«, schränkte Ginter ein. »35 Punkte nach der Hinrunde - hätte uns das jemand vor der Saison angeboten, hätten wir das alle unterschrieben. Insgesamt können wir in der Bundesliga zufrieden sein. Aber wir wissen, dass nicht alles Gold ist. Wir sind im Pokal raus, in Europa raus und hatten auch in der Liga das eine oder andere Spiel, wo wir nicht berauschend gespielt haben. Wir müssen schon in der Vorbereitung ordentlich arbeiten.«
»Wir müssen uns auch neue Lösungen und Wege überlegen«
»Wir stehen zu Recht dort oben aufgrund der gezeigten Leistungen, aber wir sind alle ambitioniert und ehrgeizig und wissen, dass uns auch in der Rückrunde nichts geschenkt wird. Deshalb müssen wir uns auch neue Lösungen und Wege überlegen, gerade gegen tiefstehende Gegner wie heute. Da gilt es sich weiter zu verbessern.« Vor einem Jahr folgte nach einer ähnlich erfolgreichen Hinrunde (nur zwei Punkte weniger) zunächst der Stillstand und dann der krasse Absturz. Das soll es diesmal nicht geben.
»Wir haben ein gutes Fundament geschaffen«, sagte Christoph Kramer. »Vor der Saison hatte man so viele Unbekannte, doch wie Mannschaft und Trainer zusammengefunden haben, so wie wir es angenommen haben, so wie der Trainer mit uns das entwickelt hat, was er vorhat - das war schon eine sehr gute Hinrunde. Als Mannschaft sind wir den entscheidenden Schritt gewachsen, dass man auch dreckig gewinnen und eine andere Spielweise an den Tag legen kann. Wenn du, wie letztes Jahr, zwei, drei Spiele verlierst und nur die spielerische Antwort hast, wird es schwer.«
Bevor es an die Vorbereitung der zweiten Halbserie geht, verabschiedeten sich die Gladbacher von Berlin aus direkt in den Weihnachtsurlaub. Am 4. Januar ist Trainingsauftakt, tags darauf geht es für eine Woche ins Trainingslager nach Jerez, ehe am 17. Januar die Eröffnung der Rückrunde bei Schalke ansteht.
von Marc Basten und Jan van Leeuwen