Dass Borussia Dortmund im Moment nicht in der Verfassung ist, wie es ein selbsternannter Titelkandidat eigentlich sein sollte, ließ die Gladbacher Borussen vor dem Spiel im Westfalenstadion hoffen. Wenn nicht jetzt, wann dann sollte die miese Serie gegen den BVB ein Ende finden? Tatsächlich waren die Fohlen nah dran, doch nach 96 rassigen Minuten lagen die meisten von ihnen niedergeschlagen auf dem Rasen.
Mutig wollten die Gladbacher sein und zeigen, dass sie nicht umsonst der aktuelle Tabellenführer sind (und es auch nach dem Spieltag bleiben sollten). Und tatsächlich war die Elf von Marco Rose von Beginn an gut im Spiel. Es wurde hoch attackiert, es gab bissige Balleroberungen und wenn man sich phasenweise zurückfallen ließ, verteidigte das Team gemeinsam. Das Gesamtpaket sah tatsächlich sehr vielversprechend aus. »Zum zweiten Mal hintereinander haben wir eine Leistung gezeigt, die in die richtige Richtung geht«, sagte Marco Rose. »Wir bekommen eine gewisse Konstanz hinein in dem, was wir spielen wollen«.
»Wir wollten mutig und aktiv spielen, das haben wir umgesetzt«, befand auch Christoph Kramer. Gladbach agierte in Dortmund auf Augenhöhe und deckte mehrfach auf, dass man den BVB packen kann. »Wir haben uns sieben oder acht Tormöglichkeiten herausgespielt«, so Kramer. »Mehr bekommst du in Dortmund wohl auch nicht.« Doch die Gladbacher ließen beste Gelegenheiten ungenutzt. Ein Kopfball von Jantschke wurde von Reus kurz vor der Linie geblockt, ein Abschluss von Lainer am langen Pfosten so gerade noch von Bürki und dann scheiterte Embolo zweimal alleine vor seinem Landsmann im Kasten der Dortmunder.
Der Ex-Schalker zeigte sich anschließend einsichtig. »Da muss ich schießen, das geht auf meine Kappe«, sagte Embolo zur Szene nach einer knappen halben Stunde, als er den Ball noch an Bürki vorbeilegen wollte und vom langen Bein des Keepers gestoppt wurde. Nach dem fatalen Rückpass von Akanji tauchte Embolo etwas später nochmal vor Bürki auf und kam wieder nicht vorbei. »Einen der beiden muss ich machen«, grämte sich Embolo.
Stattdessen neigte sich das Geschehen nach einer starken halben Stunde der Gladbacher etwas zugunsten der Gastgeber, bei denen vor allem Hazard sehr motiviert daherkam. Dass der Ex-Gladbacher nach seinem vermeintlichen Tor zum 1:0 provokativ vor dem Gästefanblock feierte, war ganz sicher nicht die feine Art. Andererseits muss man dem Belgier zugutehalten, dass er bereits zuvor mit lautstarken Judas-Rufen bedacht wurde. Zeit für Sentimentalitäten war an diesem Abend nicht.
Das dachte sich zum wiederholten Male auch Marco Reus, der in der 58. Minute den Dortmunder Führungstreffer besorgte. Der war zu diesem Zeitpunkt nicht ganz unverdient, dennoch aus Gladbacher Sicht unnötig und unglücklich. Dass er der Kombination zwischen Hazard und Reus entsprang, war schon ein Schlag ins Kontor der Fohlen. Dennoch war es positiv, dass die Mannschaft - anders als in der jüngeren Vergangenheit im Westfalenstadion oftmals erlebt - nicht zusammenbrach. Stattdessen dominierte der VfL die letzten zwanzig Minuten deutlich, während sich Dortmund nur noch darauf beschränkte, zu verteidigen und den entscheidenden Konter zum 2:0 zu setzen.
Es wurde eine heiße Schlussphase, in der Dortmund durch Brandt zwei Großchancen hatte - zudem wurde ein Tor des Nationalspielers wegen Abseits von Reus nicht anerkannt -, auf der anderen Seite der Gladbacher Ausgleich aber mehr als verdient gewesen wäre. Doch weil Mats Hummels Patrick Herrmann beim Schuss aus wenigen Metern regelwidrig in die Beine trat - der Kölner Keller angesichts der glasklaren Fernsehbilder unverständlicherweise nicht intervenierte - und kurz vor Schluss auch Florian Neuhaus den Ball aus zwei Metern nicht über die Linie bugsieren konnte, verließen die Gladbacher geschlagen den Platz.
»Es war ein ordentliches Spiel gegen einen Top-Gegner«, sagte Marco Rose. »Dennoch sind wir weit weg von Zufriedenheit. Wir müssen dorthin kommen, dass wir solche Spiele gewinnen. Ich denke, man hat uns angesehen, dass wir es wollten. Wir ärgern uns, dass wir es nicht geschafft haben, aber wir können einige positive Dinge mitnehmen.«
Das waren neben dem Gesamteindruck auch die Tatsachen, dass Stephan Lainer trotz seines Außenbandrisses im Sprunggelenk durchspielen konnte und Kapitän Lars Stindl erstmals wieder zum Einsatz kam. Dagegen zog sich Alassane Plea in Dortmund eine offiziell nicht näher bezeichnete ›muskuläre Verletzung am Oberschenkel‹ zu. Ob damit eine Ausfallzeit für den Franzosen verbunden ist, bleibt abzuwarten.
von Marc Basten