Im Stadion in Müngersdorf galt an diesem denkwürdigen Samstagnachmittag im November Maskenpflicht. Diese Maßnahme war kurzfristig angeordnet worden, nachdem der öffentliche Druck vor dem Spiel nochmal richtig Fahrt aufgenommen hatte. Eine Vollauslastung der Arena mit 50.000 Menschen erschien vielen angesichts der Pandemie-Lage ziemlich verantwortungslos. Während die Aufforderungen, auch auf dem Sitz- oder Stehplatz die Maske anzulegen, von den meisten Zuschauern - auch auf Gladbacher Seite - geflissentlich ignoriert wurden, verhielten sich die Borussenprofis diesbezüglich vorbildlich. Alle trugen bei der Ankunft und beim Verlassen des Stadions ihren Mund- und Nasenschutz. Nach dem Spiel werden die meisten das Tragen der Maske sogar begrüßt haben, weil sie sich mehr oder weniger getarnt und schweigend in den Mannschaftsbus verdrücken konnten.
Bis auf Trainer Adi Hütter und Yann Sommer gab es nach dem Spiel keine O-Töne. Aber was hätten die Gladbacher auch groß erzählen sollen? Das Ergebnis von 4:1 leuchtete klar und deutlich auf der Anzeigetafel, die Kölner feierten, feixten und spotteten angesichts der höchsten Derby-Pleite der Gladbacher seit 1996. Die nackten Zahlen ließen wenig Spielraum für Beschönigungen. Und großartig erklären musste man auch niemandem, dass das Derby zumindest bis zur Schlussviertelstunde ein derart klares Resultat nicht hergegeben hatte. »Lange Zeit war es ein ausgeglichenes Spiel«, bemerkte Yann Sommer richtig. In einer Auseinandersetzung auf Augenhöhe erzielten die Borussen in der 74. Minute den Ausgleich. »Da habe ich das Gefühl gehabt, dass wir wieder richtig drin sind und noch einen draufsetzen können«, sagte Sommer.
»Reaktion zeigen, Mund abputzen und so schnell wie möglich wieder aufstehen«
So ging es wohl allen Beobachtern - auch Trainer Adi Hütter. »Ich hatte nach unserem Ausgleich das Gefühl, dass wir das Spiel noch gewinnen können.« Es sprach vieles für die Borussen, doch es kam bekanntlich ganz anders. »Nach dem 1:1 hätten wir besser spielen müssen, als Köln ein bisschen down war«, sagte Sommer. Auslöser der Pleite war der krasse Aussetzer von Florian Neuhaus, der die wackelnden und zweifelnden Kölner wiederbelebte. »Solche Fehler passieren leider, sie gehören zum Sport dazu«, nahm Sommer den Kollegen in Schutz. »Aber das hat uns aus dem Konzept gebracht«. »Es war sicherlich eine absolute Schlüsselszene«, bekräftigte Hütter. Die Borussen verfielen in eine Art Schockstarre und ließen den Doppelschlag nahezu ohne Gegenwehr über sich ergehen. »Dass wir postwendend das dritte Tor bekommen, war dann ein Knackpunkt für die Niederlage.«
Auch Hütter stellte sich schützend vor Neuhaus. »Wir gewinnen und verlieren gemeinsam. Und ich trage die Verantwortung«. Dass es nach hinten raus sogar noch eine richtige Klatsche wurde, spiegelte die Kräfteverhältnisse nicht wirklich wider, war aber für den Gemütszustand doppelt bitter. »Das vierte Gegentor war dann sicherlich eines zu viel«, sagte Hütter. »Im Derby sind viele Emotionen drin, viel Prestige«, erklärte Sommer. »So eine Niederlage ist immer ein Rückschlag. Dieses Spiel sollte man nicht verlieren.« Hütter sprach von einer »Riesenenttäuschung«, gab sich aber auch kämpferisch: »Reaktion zeigen, Mund abputzen und so schnell wie möglich wieder aufstehen«. Auch wenn klar ist, dass diese schmerzhafte Abreibung die Borussengemeinde noch einige Zeit beschäftigen wird.
von Redaktion TORfabrik.de