Es ist noch nicht so lange her, da begegneten sich Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen auf Augenhöhe und duellierten sich um einen Platz in der Champions League. Doch in den letzten Jahren haben sich die Wege getrennt und aus der einstigen Augenhöhe ist mittlerweile fast ein Klassenunterschied geworden. Das wurde am Samstagabend im Borussia-Park mehr als deutlich.
Bayer deutete schon unter dem heutigen Borussentrainer Gerardo Seoane an, wohin es gehen könnte, während in Gladbach die Leitplanken des Borussia-Weges abmontiert wurden. Seit Xabi Alonso bei der Werkself zum vorhandenen Tempo auch noch den ‘klugen Fußball’ implementiert hat, startet Leverkusen richtig durch. Die schlauen Transfers sind ein weiterer entscheidender Baustein.
Imposante Selbstverständlichkeit bei Leverkusen
Während sich Leverkusen anschickt, in dieser Saison wirklich ein Kandidat für ganz oben zu sein, vollzieht die Borussia einen Umbruch. Entsprechend ungleich waren die Kräfteverhältnisse im Topspiel des zweiten Spieltags, bei dem den Borussen von Beginn an die Grenzen aufgezeigt wurden. Leverkusen trat mit einer imposanten Selbstverständlichkeit auf, während die Gladbacher auf verlorenem Posten waren.
Doch es war nicht nur der Klasse des Gegners geschuldet, dass es so eine klare und einseitige Angelegenheit wurde. Gerardo Seoane hatte auf eine kompakte Grundordnung gesetzt, wollte mit einer Fünferkette die Räume verdichten und vor allem nicht in Leverkusener Konter laufen. Letzteres gelang, alles andere jedoch nicht. Die Kompaktheit konnte kaum hergestellt werden, obwohl sich fast immer genügend Gladbacher hinter dem Ball befanden.
Viel gelaufen - aber meist nur hinterher
»Wenn du nicht kompakt und griffig genug bist, läufst du dem Ball nach«, bemerkte Seoane. Das machten die Borussen, die fast 120 Kilometer zurücklegten, aber sie liefen halt meist nur hinterher. Leverkusen nutzte die Räume mit viel Klasse und technischer Präzision. »Leverkusen hat ein gutes Positionsspiel und es ist schwierig, an den Ball zu kommen«, sagte Seoane. »Sie bekommen viele Spieler zwischen die Linien, die sich sehr gut bewegen.«
Zwischen den Linien sollten eigentlich die beiden Sechser Neuhaus und Weigl für Ordnung sorgen, doch ersterer untermauerte eindrucksvoll seine eigene Aussage, dass er kein defensiver Sechser ist und Weigl konnte trotz erhöhter Bissigkeit nicht überall gleichzeitig sein. So bekamen die Borussen die Schaltzentrale der Werkself mit Xhaka und dem überragenden Wirtz nie in den Griff.
»Wir haben es nicht geschafft, uns unter Druck zu behaupten«
In der letzten Reihe wurden die Gladbacher mehrfach schwindelig gespielt und sieben Gegentore nach zwei Spielen deuten auf ein immenses Abwehrproblem hin. »Es liegt nicht nur an der Abwehr, sondern am ganzen Team«, erklärte Seoane. »Es muss uns gelingen, in der Defensive aktiver und im Zweikampfverhalten präsenter zu sein«. Ein Thema, das die Borussen schon mehrere Jahre verfolgt.
Doch es war nicht nur die Arbeit gegen den Ball, die zu wünschen übrig ließ. Das eigene Ballbesitzspiel war eine Stunde lang nicht existent und erst als Leverkusen zwei Gänge zurückschaltete, gab es auch mal einige Ballstafetten auf Gladbacher Seite. »Vor allem in der ersten Halbzeit hatten wir zu viele Ballverluste und haben es nicht geschafft, uns unter Druck zu behaupten«, sagte Seoane. Es gab keine wirkliche Entlastung und keine klaren Torchancen.
Ganz weit weg von Augenhöhe mit Leverkusen
So war die Niederlage »absolut verdient, auch in dieser Höhe«, wie Seoane zugeben musste. Zumindest stimmte der finale Eindruck, denn es war schon bemerkenswert, dass in den letzten Minuten die meisten Zuschauer klatschten und die Mannschaft anschließend vor der Nordkurve mit vielen Aufmunterungen verabschiedet wurde. »Wir wissen, dass es ein schwieriger Weg wird, den wir zusammen gehen wollen«, sagte Seoane. Und dieser Weg ist ganz weit weg von Augenhöhe mit Bayer Leverkusen.