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Julian Korb: »Favre war wirklich unfassbar!«

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28.09.2016: Julian Korb macht das Spiel seines Lebens gegen Neymar und den FC Barcelona (Foto: DeFodi - Imago Images)

Seit 2006 war Julian Korb Borusse und wuchs im Fohlenstall, unter anderem mit Nils Schmadtke, auf. Von 2012 bis 2017 absolvierte er über 100 Pflichtspiele für Borussia, bis ihn sein Weg über Hannover, Vereinslosigkeit und Kiel wieder zurück nach Mönchengladbach trieb. Nun ist der 31-Jährige in der U23. Im TF-Interview spricht er über seine Vergangenheit mit und ohne Borussia, die Zeit mit Lucien Favre und seine Zukunftspläne.

2006 kamst du in die Jugend von Borussia. Dein Debüt in der Bundesliga hast du am 5. Mai 2012 beim Spiel gegen den Mainz 05 gegeben, als du im Laufe der zweiten Halbzeit für Tolga Cigerci eingewechselt wurdest. Wie blickst du heute auf dein Debüt zurück?

„Die Woche zuvor sagte mir der Trainer schon, dass ich eventuell eingewechselt werde. Es war auch schön, dass wir bereits 3:0 geführt haben. Dann war noch mein bester Freund auf der Gegenseite, Yunus Malli, mit dem ich fast die gesamte Borussia-Jugend Seite an Seite verbracht habe. Yunus hatte sein Debüt schon vorab gegeben, aber es war für mich natürlich schön, dass wir bei meinem aufeinandertrafen.“

Seinerzeit sind viele Jungs aus der Jugend gekommen, die später im Profifußball Fuß gefasst haben. Wie war das damals?

„Es war eine unglaublich schöne Zeit. Patrick Herrmann, Tony Jantschke, Elias Kachunga und Marko Marin, aber auch Nils Schmadtke - alle waren dabei. Da setzte sich der Uli Sude manchmal an unseren Tisch und erzählte Geschichten von Europapokalspielen mit der Borussia. Das war faszinierend.“

Was glaubst du, sagen die Fans heute, wenn sie den Namen Julian Korb hören? 

„Ich habe jetzt schon die Erfahrung gemacht, dass das Erste immer das Champions-League-Spiel gegen Barcelona ist. An dem Tag war Neymar der große Star und eben mein Gegenspieler, darauf haben natürlich alle geachtet. Ich habe da einen sehr guten Tag erwischt und für mich lief da alles super.“

Was sagst du über den Julian Korb von damals? 

„Ich war ein Teamspieler, der immer versuchte, seine Aufgaben zu erfüllen. Ich hatte meine Fähigkeiten, gerade was Technik und Taktik betrifft. Schlussendlich hat es für über 100 Pflichtspiele und alle Spiele mit Borussia in der Champions League gereicht. Letztens habe ich mir die Noten beim Kicker und eure Einzelkritiken zu den letztgenannten Spielen noch mal durchgelesen. Ich war fast immer unter den drei Besten. Von euch bekam ich sogar die Note 1,0." (Anm. der Redaktion: Zwei Zitate aus den Heimspielen gegen City bzw. Barça - Herausragend sein phänomenaler Pass in den Lauf von Raffael. Den hätte Andrés Iniesta nicht besser gespielt / Brachte Neymar mit fairen Mitteln fast zur Verzweiflung. Sehr schnell, spritzig, bissig, griffig und trotzdem in fast allen Situationen mit kühlem Kopf agierend.) 

Von 2011 bis 2015 war Lucien Favre Cheftrainer bei Borussia. Er hat dir damals auch die Chance in der Bundesliga gegeben und relativ schnell auch einen Stammplatz im Kader. Was hast du von ihm gelernt?

„Favre war für mich der mit deutlichem Abstand beste Trainer. Der war wirklich unfassbar. Er hat eine ganz eigene Art, Fußball zu verstehen. Da ging es vor allem um Technik, Taktik, Spielintelligenz und Handlungsschnelligkeit. Das waren auch die vier Attribute, die mir am meisten Spaß gemacht haben. Das hat er, glaube ich, gemerkt, weshalb ich dann wohl die Chance von ihm bekommen habe. Lucien Favre ist einer, der den Fußball richtig lebt und fühlt. Er hat jeden Spieler besser gemacht und achtete auf viele Details. Ich habe von ihm unglaublich viel gelernt.“

Unter Favre wurde Borussia rasch stabil und erfolgreich. Was war das Geheimnis damals? 

„Als Favre kam, hat er die Mannschaft vor dem Abstieg gerettet und davon zehrt der Verein heute immer noch. Dann ist er mit fast der gleichen Mannschaft Vierter geworden. Also ich glaube, das sucht seinesgleichen. Wir spielten immer mit unserem 4-4-2-System. Und alle wussten, was zu tun war. Die Ketten haben so gut verschoben, das war eine Ziehharmonika, es gab kaum Platz für die Gegner zu spielen. Ich weiß noch, dass Freunde bei gegnerischen Mannschaften mir sagten: „Das macht echt keinen Spaß, gegen euch zu spielen. Man muss so viel laufen, von rechts nach links, von hinten nach vorn.“

Als Favre ging, wurden deine Einsätze immer weniger. Am Ende unter Hecking hast du kaum noch gespielt. Woran lag das?

„Unter Schubert war es so fifty-fifty, wobei ich gefühlt bei jedem Champions- League-Spiel drin war. Hecking hat mehr auf kopfballstarke Spieler gesetzt, wegen der Standards. Er sagte mir eines Tages: Wenn sich was ergibt, werde man mir keine Steine in den Weg legen. Zeitgleich meldete sich Hannover, die wollten mich unbedingt haben.“

Wie war die Zeit dort?

„Es war okay, auch wenn nicht alles rund gelaufen ist. Im letzten der drei Jahre, bevor mein Vertrag auslief, habe ich mich gerade in der Endphase der Saison gut präsentiert, ein Tor gemacht und mehrere Assists beigesteuert. Ich war nicht verletzt, verfügte über Erfahrung und rechnete mir aus, eine interessante neue Aufgabe zu finden.“

Die Option, in Hannover zu bleiben, stand nicht im Raum?

„Nein, ich wollte das Kapitel abschließen. Es war dort im Verein insgesamt sehr unruhig, wir hatten in zehn Monaten vier verschiedene Trainer und drei Sportdirektoren. Ich habe mich einfach nicht mehr wohlgefühlt und wollte etwas anders machen.“

Das klappte aber nicht und du warst vereinslos. Wie kam es dazu?

„Zunächst hatte sich der Karlsruher SC gemeldet, über einen Kontakt mit Lars Stindl. Doch der KSC stand damals in der 2. Liga unten drin und ich hoffte, dass da bei meiner Vita als ablösefreier Spieler noch etwas Besseres kommen würde.“

Offensichtlich ein Trugschluss. Warst du schlecht beraten?

„Das muss ich im Nachhinein so sagen. Ich hatte meinen Berater, seitdem ich 16 war. Mein Fehler war, dass ich ihm zu sehr vertraut habe. Natürlich habe ich mich hinterfragt, doch ich hatte keine utopischen Gehaltsforderungen oder unrealistische Ansprüche. Er sagte mir, ich solle Geduld haben, es würde sich noch was ergeben. Doch er war zu passiv und plötzlich war das Transferfenster zu.“

Und du warst vereinslos. Wie bist du damit umgegangen?

„Es war schwierig. Im Januar legte mir mein Berater Angebote aus Südafrika und Indien vor, aber das wollte ich dann auch nicht machen. In der Zeit bis Mai konnte ich mich bei Borussias U23 unter Heiko Vogel fit halten. Das war wichtig für mich, aber natürlich dachten viele, ich wäre ein schwieriger Charakter oder gar ein Verrückter, weil mich kein Verein unter Vertrag genommen hat. Ich habe dann den Berater gewechselt und bin danach zu Holstein Kiel gegangen. Aber die Zeit konnte ich nicht mehr zurückdrehen und war extrem enttäuscht.“  

Diese Saison bist du endgültig zur Borussia in die U23 zurückgekehrt. Das ist auf den ersten Blick ein ungewöhnlicher Schritt. Was steckt dahinter? Eine Zukunft im Trainerbereich?

„Ich habe bereits im letzten Jahr meine B-Plus Lizenz gemacht. Das jetzt ist solch ein Zwischending und war auch mit ein Grund, warum ich zurückgekommen bin. Es hat schon Gespräche mit den Verantwortlichen gegeben, um in einer Trainerfunktion tätig zu sein und im Jugendbereich anzufangen. Die heutigen Mitspieler sind teilweise zehn bis zwölf Jahre jünger, und ich kann mit ihnen interagieren, Tipps geben, helfen und trotzdem noch aktiv spielen. Deswegen wollte ich jetzt schon wieder zurück und als das Angebot kam, dachte ich, das wäre eine gute Idee und eher eine zukunftsorientierte Entscheidung, bevor ich jetzt in der zweiten Liga irgendwo in den Süden ziehe und bei einem Verein spiele, zu dem ich keinen Bezug habe.“

Bislang habt ihr nicht gerade optimal gepunktet. Wie bewertetest du als Kapitän eure bisherige Saison?

„Die Leistungen waren jetzt nicht so, dass wir nicht mehr Punkte hätten holen können. Man spielt bei der U23 nie mit der gleichen Aufstellung, es sind immer zwischen zwei und sechs Wechsel, es gibt eine hohe Fluktuation. Deswegen muss man sich dem auch einfach bewusst sein, dass die U23 eine Art Ausbildungsmannschaft für die Profis ist. Wir hätten gerne bessere Ergebnisse, aber das muss man sich vor Augen führen, dass das eben normal ist und wir ein paar Hürden und Hindernisse haben. Das sind Gründe, die wir und das Trainerteam kennen. Damit gilt es, sich auseinanderzusetzen und daran zu wachsen.“

Welchem aktuellen Spieler aus der U23 traut der künftige Coach Korb den Sprung in die Profi-Elf am ehesten zu?

„Lukas Ullrich! Der ist wirklich klasse, der Junge. Spielstark, griffig, ich glaube, der wird seinen Weg auf jeden Fall machen. Er ist nicht nur fußballerisch gut, sondern auch vom Kopf her klar. Lukas ist sehr bodenständig und tönt nicht herum, dass er schon ein paar Spiele in der Bundesliga gemacht hat. Seine Spielweise wird bei den Fans sicherlich auch gut ankommen.“

Sehen wir dich in fünf, sechs Jahren als Chefcoach bei den Profis auf der Trainerbank?

„(…lacht…) So schnell geht das nun auch wieder nicht!“

 

 


 

Das Interview führten Leonie Hauptmanns und Jan van Leeuwen

 
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