Es war kein einfaches erstes Jahr für Hannes Wolf bei Borussia Mönchengladbach. Mit dem ambitionierten Leihspieler aus Leipzig verknüpften die Fans der Fohlenelf im vergangenen Sommer eine Menge Hoffnungen. Zum einen, weil Wolf in der ersten Corona-Transferperiode einer von lediglich zwei Neuzugängen war, zum anderen, weil er als absoluter Wunschspieler des damals noch kolossal verehrten Marco Rose an den Niederrhein kam.
Erfüllen konnte der 22-Jährige die Erwartungen nicht. Er erhielt unter seinem ‚Ziehvater‘ Rose zwar Einsatzzeiten, kam aber über Ansätze nicht hinaus. Das fußballerische Talent war durchaus erkennbar, aber Wolf wirkte zu schmächtig, um sich gegen gestandene Bundesligaprofis zu behaupten. Wie ein Grashüpfer sprang er hin und her - ohne dabei die notwendige Standfestigkeit zu entwickeln.
Wolf konnte die Vorurteile nicht gänzlich widerlegen
Hinzu kam, dass Wolf neben dem Platz der zweifelhafte Ruf eines schnöseligen Jungstars anhaftete. Ein Vorurteil, das er in Gladbach zwar nicht nachdrücklich unterstrich, aber auch nicht gänzlich zu widerlegen vermochte. Und während der sportliche Durchbruch stockte, geriet Wolf ohne eigenes Zutun auch noch in den Negativstrudel um seinen Förderer Marco Rose.
In der Zeit, als Rose seinen Abgang nach Dortmund verkündete und über Nacht zur ‚Persona non grata‘ wurde, erreichte Wolf eine gewisse Anzahl an Pflichtspielen, aufgrund dessen eine vertraglich fixierte Kaufverpflichtung wirksam wurde. Wolf wurde zum ‚richtigen‘ Borussen, was die Gladbacher neben der Leihgebühr von geschätzten 1,5 Millionen eine Ablöse von kolportieren 9,5 Millionen kostete – mithin ein Gesamtpaket von 11 Millionen - Gehaltskosten und sonstige Nebengeräusche noch außen vor gelassen.
Hat Rose dem VfL mit Wolf ein teures Ei ins Nest gelegt?
Das ist eine Menge Geld für den Wunschspieler eines Trainers, der den Verein verlässt. Vielen Borussenfans stieß es sauer auf, dass Rose dem VfL nun auch noch so ein teures Ei ins Nest gelegt hatte. Die hohe Ablöse an Leipzig schränkt den finanziellen Spielraum in der aktuellen Transferperiode deutlich ein. Das kann zwar schwerlich dem Spieler angelastet werden, aber es brachte Hannes Wolf natürlich auch keine Pluspunkte in der Gesamtbeurteilung.
Doch fast auf den letzten Drücker seines ersten Jahres am Niederrhein schaffte es der Österreicher, noch einige Ausrufezeichen zu setzen. In den letzten Spielen der Saison machte es den Eindruck, als ob Wolf einen erkennbaren Schritt nach vorne gemacht hätte. Nicht nur beim Kantersieg gegen Bielefeld (Note 1,5) zeigte er, was möglich sein kann.
»Das ist der Maßstab, den ich mir setzen muss«
»Ich würde gerne zur neuen Saison da anknüpfen, wo ich zum Schluss aufgehört habe gegen Bielefeld und Bremen«, sagte Wolf am Samstag nach dem ersten Testspiel der Borussia gegen Viktoria Köln. »Das ist der Maßstab, den ich mir setzen muss, und da probiere ich wieder hinzukommen«. Wolf stand nach der Pause auf dem Platz und war durchaus ein belebendes Element und der auffälligste Borusse. »Für das erste Spiel war es heute okay«, sagte er.
Auf dem Weg zum ‚erwachsenen Profi‘ dürfte es für Wolf kein Nachteil sein, dass er nun nicht mehr als ‚der‘ Wunschspieler des Trainers gesehen wird. Auch wenn Adi Hütter angetan war von der Vorstellung seines Landsmanns gegen Köln: »Er war sehr aggressiv, hat gezeigt, dass er Zeichen setzen wollte, dass er sich in die Mannschaft spielt. Das hat mir gut gefallen.«
»Ich sehe ihn nicht wirklich ganz vorne in der Spitze«
Auch das künftige Aufgabengebiet für Wolf hat Hütter schon im Auge: »Ich sehe ihn nicht wirklich ganz vorne in der Spitze, sondern in den Positionen dahinter. Da ist er sehr flexibel«. Nach einer Woche Training mit einem eher provisorisch zusammengesetzten Kader verbieten sich zwar jegliche Prognosen, aber zumindest gibt es Anzeichen, dass sich die Sache mit Wolf und Borussia doch noch in die richtige Richtung entwickeln könnte.
von Marc Basten