Max Eberl feiert heute seinen 42. Geburtstag, doch die Partystimmung hat es ihm bereits am Sonntag richtig verhagelt. Beim Morgenspaziergang mit seinem Hund erreichte ihn der Anruf des Beraters von Lucien Favre, der ihm mitteilte, dass der Cheftrainer die Brocken hinschmeißen wolle.
»Danach haben wir uns getroffen und sehr intensiv über die Situation gesprochen«, schilderte ein sichtlich um Fassung ringender Max Eberl am Montag die Geschehnisse des Vortags. »Es war ein gutes Gespräch, wo wir ihm gesagt haben, dass wir die Kündigung nicht annehmen, weil wir nach wie vor der Überzeugung sind, dass er der richtige Trainer für uns sei«, so Eberl. Bei einem weiteren Treffen am Nachmittag verfestigten die Verantwortlichen der Borussia ihren Standpunkt, aber »die ganze Argumentation hat Lucien nicht an sich rangelassen«.
»Wir haben ihm gesagt, dass er seine Arbeit veredeln könne, wenn wir uns gemeinsam aus dieser Lage zu befreien«, doch Favre hatte große Zweifel und Sorgen, dass er keine Lösungen finden würde. »Und diese Sorgen konnten wir ihm offensichtlich nicht nehmen«, so Eberl. »Obwohl wir nach wie vor davon überzeugt sind, dass wir gemeinsam mit ihm den Turnaround geschafft hätten«.
Ohne ein konkretes Ergebnis ging man auseinander. »Und dann kam diese Presseerklärung«. Kurz vor der Veröffentlichung habe man den Text bekommen und »auch wenn wir da nochmal gekämpft haben, hat es nichts genutzt. Ich bin sehr traurig, dass so eine unfassbar tolle Zeit so zu Ende gegangen ist «.
»Das haben wir bis zum gestrigen Tag immer wieder lösen können«
»Es gab keine verhärteten Fronten«, stellte Eberl klar. »Der Trainer hat uns gesagt, er möchte diesen Weg nicht weitergehen, er möchte kündigen. Wir haben um ihn gekämpft, weil wir von ihm überzeugt sind, deswegen haben wir die Kündigung nicht angenommen«. In der Vergangenheit habe es schon »ab und an« ähnliche Momente gegeben, in denen Favre die Brocken hinschmeißen wollte. »Das haben wir bis zum gestrigen Tag immer wieder lösen können. Wir hätten gestern auseinandergehen und heute nochmal reden können. Das hat sich dann aber mit der Pressemitteilung erledigt. Aber es gab keine Fronten, es gab Gespräche«.
»Wenn ein fantastischer Trainer wie Lucien ins Zweifeln kommt, wenn man fünf Spiele verloren hat, ist das total menschlich. Dass ein Perfektionist wie Lucien sich da auch in die Verantwortung nimmt, ist klar. Vielleicht hat ihn das ein Stück weit ratlos gemacht und ich könnte mir vorstellen, dass das ein Grund sein kann. Gesprochen hat er nur davon, dass er nicht weitermachen möchte«.
»Ich bin sautraurig. Ich sitze jetzt hier und habe einen unglaublich guten Trainer kennenlernen dürfen. Alles andere möchte ich nicht bewerten«
»Die Spieler waren natürlich gestern überrascht, weil keiner damit großartig gerechnet hat. Natürlich ist ein Stück weit Enttäuschung und Traurigkeit dabei, aber es muss jetzt weitergehen. Wir müssen nach vorne gucken, wir können uns nicht einigeln und uns zu sehr in die Schockstarre begeben, wir müssen in zwei Tagen gegen Augsburg ein erfolgreiches Spiel machen. Es ist jetzt nicht gerade leichter geworden, seit gestern. Wir müssen weitergehen, wir werden weitergehen und die Spieler werden auch weitergehen. Bei aller Verbundenheit zu Lucien, wird es am Mittwoch für uns um Punkte gehen«
Bei der Nachfolgeregelung verzichten die Gladbacher auf einen Schnellschuss und übertragen U23-Coach André Schubert bis auf weiteres den Cheftrainerposten. Schubert, im Profifußball zuvor beim SC Paderborn und St. Pauli tätig, betreut seit dieser Saison die U23 der Borussia als Nachfolger von Sven Demandt. »André hat sich sofort bereiterklärt, uns zu helfen. Er hat Bock auf diese Herausforderung«, sagte Max Eberl. »Wir sind voll von ihm überzeugt«.
»Der Verein steht über jedem, der hier am Werkeln ist«
Gleichzeitig stellte der Sportdirektor heraus, dass Schubert »eine Interimslösung« sei. »Das ist klar so abgesprochen«. Wie lange diese Übergangsphase dauern wird, darauf wollen sich die Borussen nicht festlegen. »Wir verfallen nicht in Hektik, sondern wollen die bestmögliche Lösung finden. Ein Zeitfenster gibt es nicht«. Klar sei, so Eberl, dass »im September die besten Trainer nicht von den Bäumen fallen«. Einen ‚Plan-B‘ habe es nicht gegeben. »Wir müssen uns 20 Stunden nach so einem Tag auch erstmal koordinieren, haben aber Dinge im Kopf, die ich aber noch nicht kundtun möchte. Wir müssen André Schubert unterstützen und parallel einen neuen Trainer finden«. Auch wenn die Fußstapfen, die Lucien Favre hinterlassen hat, »sehr groß sind«.
Das Anforderungsprofil ist abgesteckt. »Der Verein steht über jedem, der hier am Werkeln ist. Wir haben mit unserer Strategie eine fantastische Entwicklung genommen, die wird sich auch nicht ändern. Wir werden weiter mit jungen Spielern agieren. Das wird auch der Weg von Gladbach in der Zukunft sein. Wir wollen einen Trainer finden, der mit seiner Qualität, aber immer noch unter dem Deckmantel unserer Philosophie hier arbeitet.«
Der neue Mann wird auf jeden Fall nicht Jürgen Klopp heißen, der vorsorglich über seinen Berater eine Absage verkünden ließ. Ein Angebot, so Eberl, habe man dem Ex-Dortmunder auch nicht gemacht.