Die Jahresrückblicke in den letzten Tagen und Wochen hatten es in Bezug auf Borussia Mönchengladbach wirklich in sich. Was da in 2015 passiert ist, bot genügend Stoff für ein ganzes Buch. Gleichwohl gibt es keine Zeit zu verharren, denn mit dem Jahreswechsel muss man sich in Mönchengladbach großen Herausforderungen stellen.
Die Kommerzialisierung im Profifußball hat eine derartige Geschwindigkeit aufgenommen, dass sie allenfalls marginal gebremst, aber nicht mehr aufgehalten werden kann. Für das Jahr 2016 gilt: Welcher Klub jetzt nicht auf den Schnellzug aufspringen kann, der wird auf Jahre aussichtslos ins Hintertreffen geraten.
Nicht nur für Fußballpuristen kommt diese Entwicklung der Zerstörung ihres so geliebten Sports gleich. Gleichwohl ist es für einen Verein wie Borussia Mönchengladbach alternativlos, sich diesem irrsinnigen und ausufernden Prozess zu stellen.
Es wird künftig noch viel mehr Geld in den Fußball gepumpt, gleichzeitig geht die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander. Der Fernsehvertrag in der Liga wird neu verhandelt und von diesem Kuchen beanspruchen die großen Klubs zur Wahrung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit große Stücke. Gleichzeitig steigen die Einnahmen in der Champions League gewaltig. Inklusive Vermarktung werden pro Jahr künftig 2,38 Milliarden in der Königsklasse ausgeschüttet - eine Anhebung von 40 Prozent.
Wer da nicht dazugehört, hat keine Chance. Und es wird künftig für jeden Klub nahezu unmöglich, die Lücke zu schließen. Allenfalls extern finanzierte Projekte wie Wolfsburg, Hoffenheim oder Leipzig könnten sich den Anschluss erkaufen. In diesem Wissen wird der Ruf nach Investoren immer lauter und die 50+1-Regelung aufgeweicht oder gekippt werden.
Borussia Mönchengladbach dürfte einer der letzten Vereine in Deutschland sein, der mit gewachsenen Strukturen und ohne Fremdfinanzierung in der Champions League debütieren konnte. Doch nur über weitere Teilnahmen an diesem Wettbewerb mit der Lizenz zum Gelddrucken wird Borussia sich ›oben‹ halten können. Daher wird 2016 so immens wichtig für die Fohlenelf. Die Ausgangslage in einer engen Liga ist zwar wackelig, aber sie beinhaltet dennoch die realistische Chance, sich im zweiten Jahr nacheinander für die Königsklasse zu qualifizieren.
Dieses Ziel muss - zumindest intern - über allem stehen. Deshalb ist es unerlässlich, in der Winterpause auf die Verletzungsmisere zu reagieren und dafür, wie bei Jonas Hofmann, vergleichsweise viel Geld in die Hand zu nehmen. Borussia muss in der Rückrunde in 17 Spielen, wie es André Schubert ausdrücken würde, »alles raushauen, was drin ist«.
Die sportliche Teilnahmeberechtigung für die Champions League wäre auch deshalb besonders wertvoll, weil ab Sommer auf dem Transfermarkt durch die TV-Milliarden aus England ein Chaos droht. Die Einnahmesituation wird für einige Klubs besser, weil sie ein paar ihrer Spieler teuer verkaufen können. Doch gleichzeitig wird es immer schwieriger werden, durch die hochgetriebenen Gehälter das ›Tafelsilber‹ zu halten. Bayern München kann Thomas Müller & Co zwar langfristig binden, weil sie noch so eben auf ›englischem Niveau‹ zahlen können. Andere deutsche Klubs werden ihre Spitzenkräfte nicht mehr ›marktgerecht‹ bezahlen können.
Es wird viel Unruhe geben, ein langfristiger Aufbau einer Mannschaft kaum mehr möglich sein. Ausuferungen wie in Wolfsburg, die den kurzfristigen De-Bruyne-Geldregen aus Manchester zum panikartigen, weit überteuerten Last-Minute-Einkauf von Julian Draxler verpulverten, werden in ähnlicher Form an der Tagesordnung sein. Die Spieler und ihre Berater werden ob der Verdienstmöglichkeiten komplett am Rad drehen und selbst die coolsten Strategen bei der Kaderplanung eines Klubs immer größerer Willkür ausgesetzt sein.
Angesichts dieser ganzen Herausforderungen und Unwägbarkeiten ist es für André Schubert und seine Truppe elementar, in der Rückrunde von Beginn an da zu sein und sich oben festzubeißen. 2016 wird für Borussia Mönchengladbach ein richtungsweisendes Jahr.